Ufo-Hearing: Wieder nichts als Hörensagen

Ein Unterausschuss des amerikanischen Kongresses hat sich mit »Nicht identifizierten Lufterscheinungen« befasst. Konkrete Beweise blieben die Zeugen schuldig.

abstürzende fliegende Untertasse
Bild von Stefan Keller auf Pixabay
Wenn in den USA ein Ufo abstürzt. . . Bild von Stefan Keller auf Pixabay

In der vergangenen Woche (26.7.2023) hat es im US-amerikanischen Kongress eine Anhörung über Ufos bzw. UAP (unidentified aerial phenomenon) gegeben. Drei Zeugen wurden vom Unterausschuss für nationale Sicherheit des Repräsentantenhauses gehört – zwei ehemalige Marine-Piloten und ein ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter, der sich selbst als »whistleblower« bezeichnet. Das besondere an dieser Anhörung: Sie war öffentlich und wurde live im Internet übertragen, und die Zeugen standen unter Eid. Das heißt, bei Lügen und Falschaussagen müssen sie mit Bestrafung rechnen. Die Erwartungen waren hoch.

Um eines gleich klarzustellen: Ich bin zwar seit Jahrzehnten begeisterter Science-Fiction-Leser und fände es faszinierend, wenn es noch zu meinen Lebzeiten gelingen würde, die Existenz von außerirdischen Leben irgendwo im Kosmos nachzuweisen. Aber ich bin überzeugt, dass es keine Ufos gibt, dass nie ein Alien zur Erde gekommen ist und dass alle bisher nicht geklärten Beobachtungen nicht den Hauch eines Hinweises auf außerirdische Technologie liefern. Daran hat auch das Hearing nichts geändert.

Zwei der Zeugen – die beiden Ex-Piloten Ryan Graves und David Favor – sind alte Bekannte aus der Ufo-Szene. Sie hatten bei ihren Flügen selbst Begegnungen mit UAPs, das heißt, sie haben auf ihren Instrumenten etwas beobachtet, was sie und andere nicht erklären konnten. Von Favors Einsatz stammt beispielsweise das sogenannte Tic-Tac-Video von 2004, das ein sich merkwürdig verhaltenes dunkles Gebilde zeigt.

Der schwarze Fleck in der Mitte dieses Radarbildes ist das »Ufo« im sogenannten Tic-Tac-Video. Bild: Dept. of Defense

Etwas anderes sind die Aussagen des Whistleblowers David Grusch, eines ehemaligen Luftwaffenoffiziers, die er erstmals im Juni in einem Interview der Online-Plattform The Debrief machte. Er hat in einer Einsatzgruppe zur Überprüfung von UAPs mitgearbeitet und behauptet, im Rahmen dieser Tätigkeit habe er (aus zweiter Hand) Kenntnisse darüber erhalten, dass die Regierung am Kongress vorbei ein illegales Programm zur Bergung von abgestürzten Ufos unterhalte und dadurch in den Besitz von Wrackteilen und intakten Geräten sowie »biological material of nonhuman origin« gekommen sei. Ihm selbst sei der Zugang aber verweigert worden. Da diese Informationen der Geheimhaltung unterlägen, dürfe er dazu in der Öffentlichkeit keine konkreten Angaben machen. Also nichts Handfestes, nur Hörensagen.

Weil andere Medien bereits ausführlich über das Hearing berichtet haben, will ich auf den Inhalt nicht weiter eingehen, sondern nur ein paar Links zur Verfügung stellen. Jeder kann sich selbst ein Bild machen.

Center for Inquiry
https://centerforinquiry.org/blog/uap-unproved-airborne-parable/

Scientific American
https://www.scientificamerican.com/article/whistleblower-calls-for-transparency-as-congress-digs-for-the-truth-about-ufos/

Münchner Merkur
https://www.merkur.de/wissen/sind-nicht-allein-uap-ufo-usa-whistleblower-objekte-nicht-menschlicher-ursprung-92335101.html

New Republic
https://newrepublic.com/article/174729/why-washington-loves-ufos-hearing

CNN (Cable News Network)
https://edition.cnn.com/2023/07/28/opinions/ufo-testimony-aliens-congress-credulous-colavito

Hoaxilla Podcast
https://hoaxilla.com/special-aliens-existenz/

MSNBC (Microsoft/National Broadcasting Company)
https://www.msnbc.com/opinion/msnbc-opinion/david-grusch-whistleblower-ufo-hearings-evidence-rcna96712

Der Standard
https://www.derstandard.at/story/3000000180639/ufo-hearing-vor-dem-kongress-im-rueckblick-brisante-aussagen-unter-eid

Politico
https://www.politico.com/news/2023/07/28/pentagon-ufo-boss-congress-hearing-00108822

Smithsonian Magazine
https://www.smithsonianmag.com/smart-news/whistleblower-alleges-us-government-is-covering-up-alien-life-at-UFO-hearing-180982614/

Ufoinfo.de
https://ufoinfo.de/index.php/aktuelles/weblog/717-usa-anhoerung-uap-aliens-grusch

Misstrauische Abgeordnete

Mein Eindruck von dem Hearing: Das Misstrauen der amerikanischen Kongressabgeordneten gegenüber der Regierung und deren Institutionen wie Verteidigungsministerium und Geheimdiensten ist parteiübergreifend so groß, dass sie ihnen, womöglich zu recht, alles zutrauen und deshalb eher Leuten wie Graves, Favor und Grusch glauben, obwohl diese keinerlei Beweise für ihre Behauptungen vorgelegt haben. Ihre Kompetenz oder Glaubwürdigkeit wurde gar nicht erst infrage gestellt. Es gab während der zweieinhalbstündigen Anhörung nur eine kritische Anmerkung, als ein Abgeordneter sagte, er könne sich nur schwer vorstellen, dass Außerirdische die riesigen Entfernungen im All problemlos überwinden würden, ihre hochentwickelte Technik hier auf der Erde aber ständig versagt (Der Blogger und Ufo-Debunker Mick West hat mal auf Twitter vorgerechnet, wie viele Ufos täglich über den USA unterwegs sein müssten, wenn deren Absturzrate so hoch bzw. niedrig wäre wie bei amerikanischen Flugzeugen: Es wären Tausende.)

Überwiegend wollten die Abgeordneten den Zeugen wohl einfach glauben. Dazu muss man wissen, dass es innerhalb und außerhalb des Kongresses einflussreiche und gut vernetzte Kräfte gibt, die das Ufo-Thema forcieren – entweder, weil sie tatsächlich daran glauben oder weil sie davon finanziell profitieren. Ein großes öffentliches Interesse sorgt zum Beispiel dafür, dass Bücher besser verkauft werden oder man hohe Expertenhonorare in Fernsehformaten wie »Ancient Aliens« kassieren kann.

Außerdem wird in den USA bereits viel Steuergeld in die Erforschung der UAPs gesteckt. Das Verteidigungsministerium hat zum Beispiel kürzlich eine eigene Stelle dafür eingerichtet – das All-domain Anomaly Resolution Office, zu Deutsch etwa: Büro zur Klärung von Anomalien auf allen Gebieten. Dessen Leiter Stuart Kirckpatrick hat die Behauptungen Gruschs übrigens postwendend zurückgewiesen.

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Hört auf die Stimme aus Afrika

Zwei Bücher, ein Appell von Vanessa Nakate und Kim Stanley Robinson: Es muss sich etwas grundlegend ändern, so kann es nicht weitergehen.

Vanessa Nakate: A Bigger Picture: My Fight to Bring a New African Voice to the Climate Crisis. London 2021. Gibt es als gebundenes Buch, als Taschenbuch und als Hörbuch (und auch auf Deutsch). | Kim Stanley Robinson: Das Ministerium für die Zukunft. Heyne-Taschenbuch. 720 Seiten. 17 Euro. ISBN 978-3-453-32170-0.

Anlässlich des Weltklimagipfels COP26 Anfang November 2021 in Glasgow habe ich mir zwei ganz unterschiedliche Bücher zugelegt und gelesen: »A Bigger Picture« von Vanessa Nakate und »Das Ministerium für die Zukunft« von Kim Stanley Robinson. Das eine ist ein Sachbuch, das andere wird als »Roman« vertrieben. Beide Bücher sind ein dringender Appell an die Weltöffentlichkeit: Es muss sich etwas grundlegend ändern, so kann es nicht weitergehen. Nakate und Robinson waren auf Einladungen von Nichtregierungsorganisationen in Glasgow.

Vanessa Nakate ist eine junge Klimaaktivistin aus Uganda in Ostafrika. International wurde man zum ersten Mal auf sie aufmerksam durch ein Foto, auf dem sie nicht zu sehen war. Nach einem Treffen von jungen Aktivistinnen und Aktivisten am Rand des Weltwirtschaftsforums im Januar 2020 in Davos hatte die Nachrichtenagentur AP ein Foto der Gruppe, darunter Greta Thunberg (Schweden) und Luisa Neubauer (Deutschland), verbreitet, von dem Nakate abgeschnitten worden war. Man sieht nur vier weiße junge Leute und am Bildrand ein Stück von ihrer Jacke. Die Fotos – original und beschnitten – und Nakates Reaktion auf Twitter sehen so aus:

Dieses Foto ist der Aufhänger für ihr Buch »A Bigger Picture«. Sie will damit Afrika eine Stimme geben, denn der Kontinent ist mit am meisten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen, wird aber weitgehend ignoriert. Dabei tragen alle afrikanischen Länder zusammen dazu kaum mehr bei als etwa Deutschland allein (D ist der sechstgrößte CO₂-Emittent).

Nakate schildert schnörkellos und eindringlich, wie sie innerhalb kurzer Zeit zur Klimaaktivistin wurde, nachdem Uganda 2018 von schweren Überschwemmungen und Dürre heimgesucht worden war. Sie erzählt von ihrem ersten naiven »Klimastreik« in ihrer Heimatstadt Kampala, der Hauptstadt Ugandas, von ihren ersten Auslandsreisen zu Klimakonferenzen, ihren Einsatz für den Regenwald im Kongo, ihre Aufklärungsarbeit in Schulen und vielem mehr.

Zwischendurch klärt sie in leicht verständlicher Art über die Ursachen und Folgen des Klimawandels auf, nennt Zahlen und Fakten, die jeder dank zugehöriger Quellenangaben leicht überprüfen kann. Das Buch richtet sich vor allem an junge Leute, an solche, die Antworten suchen, die wissen wollen, was sie selbst machen können, um ihre Zukunft zu sichern. Denn die, die bis jetzt dafür verantwortlich sind, scheitern, weil sie offenbar die Tragweite ihres Handels bzw. Nichthandelns nicht begreifen wollen. Nakate klagt nicht an, wird auch nicht moralisierend oder gar ausfallend (was sie wohltuend von vielen anderen Menschen unterscheidet, die sich bedingungslos für eine Sache engagieren). Sie verlangt Klimagerechtigkeit und dass der globale Süden gehört wird.

Wer halbwegs gut Englisch kann, sollte mit dem Buch keine Schwierigkeiten haben. Das gibt es aber auch auf Deutsch als Rowohlt-Taschenbuch (»Unser Haus steht längst in Flammen: Warum Afrikas Stimme in der Klimakrise gehört werden muss«. ). Lest es!

Wer ist die dritte Person? Der Kerzenständer?

Den Fauxpas mit einem beschnittenen Foto – wenn man nicht sogar Absicht unterstellen will – leisteten sich übrigens zum Beginn der Weltklimakonferenz auch britische Medien. Vanessa Nakate und Greta Thunberg trafen sich mit der schottischen Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon. Und wie lautete die Schlagzeile?

Gute Frage: Wer ist die Person rechts neben Nicola Sturgeon?

Mehr als ein SF-Roman

Der Amerikaner Kim Stanley Robinson ist durch seine Mars-Trilogie bekanntgeworden, in der es um das Terraforming unseres Nachbarplaneten geht. Das Klima ist schon lange ein zentrales Thema in seinem Werk. »Das Ministerium für die Zukunft« ist kein Roman im üblichen Sinne. Es erzählt keine durchgehende Handlung, sondern bietet eine Collage aus erzählerischen, reflektierenden, anekdotischen oder informativen Abschnitten. Wer einfach nur eine spannende, unterhaltsame Story lesen möchte, kommt nicht auf seine/ihre Kosten. Es gibt zahlreiche Kapitel, die einiges an Ausdauer erfordern, aber einen schlauer machen.

Die beiden zentralen Figuren sind der junge Arzt Frank, der in Indien eine katastrophale Hitzewelle mit Millionen Toten nur zufällig überlebt hat, und Mary. Frank geistert schwer traumatisiert durch Zürich. Dort trifft er auf Mary. Sie ist Chefin einer internationalen Behörde, die geschaffen wurde, um die Interessen zukünftiger Generationen zu vertreten, aber weder mit den erforderlichen Mitteln noch der notwendigen Macht ausgestattet wurde. Weil das »Zukunftsministerium« kein normaler Roman und erst recht kein Hollywood-Schinken ist, bedient diese Begegnung selbstverständlich keine trivialen Erwartungshaltungen.

»Das Ministerium für die Zukunft« ist ein höchst politisches Buch. Robinson fabuliert nicht einfach als SF-Autor darüber, wie die Welt sich entwickeln könnte, und warnt damit vor den Folgen des Klimawandels. Er macht viele sehr konkrete Vorschläge, wie Wirtschaft und Politik umgebaut werden müssen, damit es nicht noch schlimmer kommt. In der Welt seines Romans besteht Anlass zum Optimismus. Leider hat der gerade zu Ende gegangene Klimagipfel mit seiner Wischi-waschi-Abschlusserklärung gezeigt, dass wir in der realen Welt noch nicht so weit sind.

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Kryptische Sätze am Laternenpfahl

Es ist Wahlkampfzeit in Leer. Ich habe einen Blick auf die Plakate zur Bürgermeisterwahl geworfen.

In Leer ist am 12. September Bürgermeisterwahl. Die Amtsinhaberin, Beatrix Kuhl, tritt zum zweiten Mal an. Sie hat drei Mitbewerber: den Stadtwerke-Vorstand Claus-Peter Horst, den Bausparberater Sven Dirksen und den Verwaltungsangestellten Jörg Penning. Egal, wie intensiv sich die Wahlberechtigten mit den Kandidaten und deren Programmen beschäftigen, am häufigsten begegnen sie ihnen auf den Plakaten, mit denen die Kandidaten für sich werben. Ein Grund, diese näher zu betrachten. 

Claus-Peter Horst ist einer der drei Herausforderer der amtierenden Bürgermeisterin Beatrix Kuhl.

Quantitativ übertrifft Kandidat Claus-Peter Horst seine Konkurrenz um Längen. Seine Plakate hängen selbst in Wohngebieten in Nebenstraßen, wohin sich keiner der anderen Wahlkämpfer verirrt hat. Er war auch zwei bis drei Wochen früher am Mast als die anderen. Sein Slogan, der im Vorbeifahren gut zu lesen ist, lautet »Leer kann mehr«. Wie die meisten Wahlslogans ist das kryptisch und soll wohl »Ich kann mehr als Frau Kuhl« heißen.

Bürgermeisterin Beatrix Kuhl, die vor sieben Jahren als Kandidatin ihrer Partei, der CDU, ins Rathaus einzog, tritt dieses Mal als Einzelbewerberin an, weil sie sich als Bürgermeisterin aller Leeraner präsentieren will. Ihre Botschaft lautet »Nah am Menschen. Geradlinig für Leer«. Um das lesen zu können, muss man aber erst einmal nah ran ans Plakat. Die Amtsinhaberin vertraut offenbar darauf, dass das formatfüllende Konterfei und ihr Name, der groß darüber steht, für eine Wahlentscheidung reichen.

Sven Dirksen plakatiert besonders groß, Jörg Penning setzte anfangs auf das kleine Format.

Besonders auffällig sind die doppelt so großen gelb-roten Plakate von Sven Dirksen. Er ist Kandidat der FDP, seine Werbung hat dasselbe Design wie die Bundestagswahlplakate seiner Partei. Dass er sich für das Bürgermeisteramt bewirbt, steht nirgends. Er könnte ebenso für den Bundestag oder als Landrat kandidieren. Sein Slogan »Unserer Stadt mehr Zuhause geben« lädt zum Rätseln ein. Eine Stadt kann ein Zuhause sein, aber haben?

Plakate des vierten Kandidaten habe ich nirgends gesehen. Jörg Penning »verziert« stattdessen die Masten von Straßenlaternen mit Aufklebern. Ist das überhaupt erlaubt, und werden sie nach der Wahl entfernt?  Er bietet sich als »Sozial – ehrlich – kompetent« an. Die Wahl der sozialdemokratisch-roten Farbe für seinen Namen und das Wort »ehrlich« sind sicher kein Zufall.

Plakate des vierten Kandidaten gab es anfangs nicht. Jörg Penning »verzierte« stattdessen die Masten von Straßenlaternen mit Aufklebern. Erst zwei Wochen vor der Wahl hing er an der Laterne. Das Motiv des Plakats und des Aufklebers unterscheiden sich nicht. Der Kandidat bietet sich als »Sozial – ehrlich – kompetent« an. Die Wahl der sozialdemokratisch-roten Farbe für seinen Namen und das Wort »ehrlich« sind sicher kein Zufall.