Das Denkmal – frisch getüncht im »Bankenviertel«

So sah der Denkmalplatz – mit Deutscher Bank (links) und Oldenburgischer Landesbank – im Januar 2018 aus.

Mitten auf dem Denkmalplatz in Leer/Ostfriesland steht, wie man sich bei dem Namen denken kann, ein Denkmal. Es wurde 1874 zur Erinnerung an die Gefallenen des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 aufgestellt. Vor Kurzem wurde es saniert und, schrieb dazu meine Kollegin von der Ostfriesen-Zeitung, »sieht aus wie neu«.

Ob es wirklich »wie neu« aussieht, lassen wir dahingestellt. Schließlich hat niemand 1874 ein Farbfoto machen können. Jetzt sieht es jedenfalls frisch getüncht und sauber aus, nicht mehr so grau und abgenutzt wie noch vor ein paar Wochen.

Seine ursprüngliche Bedeutung hat das Denkmal längst verloren. Niemand bleibt stehen und gedenkt der Toten von 1870/71 oder bejubelt gar den Sieg über die Franzosen. Das wäre ja auch noch schöner. Es ist nur noch Dekoration und trägt zum Charakter des Platzes, der Teil der Fußgängerzone ist, bei. Es sorgt dafür, dass der Platz nicht leer aussieht.

Ganz früher, als noch niemand an Fußgängerzonen dachte, war an der Stelle, wo das Denkmal steht, eine Straßengabelung. Dort traf der Vaderkeborg auf die Mühlenstraße. Der Denkmalplatz war nur ein Dreieck, das von den beiden Straßen gebildet wurde.

Der Findling, der auf dem Bild rechts neben dem Denkmal zu sehen ist, ist ein Gedenkstein für die Opfer des Faschismus und des Nationalsozialismus, der nach dem Zweiten Weltkrieg aufgestellt wurde. Dass er so bescheiden ausfällt, liegt daran, dass damals das Geld für ein richtiges Denkmal fehlte. Findlinge, die als Gedenksteine für alles Mögliche dienen, finden sich überall in Ostfriesland.

Platz mit politischem Charakter

Der Platz selbst hat, so formulierte es einmal der Historiker Dr. Paul Weßels in einem Vortrag über das Denkmal, immer einen politischen Charakter gehabt. Anfangs wurde am Sedanstag (2. September), dem Nationalfeiertag des deutschen Kaiserreichs, ein Kranz niedergelegt. Heute stehen dort bei Wahlkämpfen die politischen Parteien mit ihren Infoständen, und wenn mal eine Kundgebung in Leer ist, wird sie auf dem Denkmalplatz abgehalten.

Ein Foto aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Im Hintergrund ist die Mühlenstraße zu sehen, im Vordergrund der Vaderkeborg. Beachtenswert ist die reich verzierte Straßenlaterne.

Man liegt aber dennoch nicht falsch, wenn man den Denkmalplatz in Leer als »Bankenviertel« bezeichnet. Auf dem Foto oben ist links die Deutsche Bank zu sehen, rechts die Oldenburgische Landesbank, und im Rücken des Fotografen steht die Sparkasse. Die hat erst vor einiger Zeit ihren Neubau in Betrieb genommen, und die OLB gegenüber wird es ihr in Kürze nachtun. Die OLB hat auch den Großteil der Restauierungskosten für das Denkmal bezahlt.

Die Leeraner »Amüsiermeile«

Der Denkmalplatz ist aber nicht nur »Bankenviertel«, sondern auch »Amüsiermeile«. Im Sparkassen-Gebäude ist ein Café-Restaurant untergebracht. Neben der Deutschen-Bank-Filiale steht das ebenfalls kürzlich renovierte und ausgebaut Kino, anschließend ein weiteres Café-Restaurant sowie ein Pub. Geht man zwischen OLB und Deutscher Bank hindurch, stößt man direkt am Hafen auf ein weiteres Café-Restaurant.

Das Denkmal ist übrigens kein Denkmal, jedenfalls nicht im Sinne des Denkmalschutzes. Weil es sich um eine Serienproduktion des Erfurter Kunstgewerbeateliers von Adalbert Deutschmann handele, habe es keinen kunsthistorischen Wert, schreibt die OZ-Kollegin. Mir ist bei meiner Internetrecherche allerdings kein anderes Denkmal ähnlicher Machart von Deutschmann untergekommen.

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