Die Seele ist ein Schmetterling

Der älteste Grabstein auf dem alten Friedhof in Weener ist auffällig gestaltet. Ein Relief zeigt die Stationen der Schmetterlings-Metamorphose.

Die Metamorphose eines Schmetterlings als Motiv für die Auferstehung auf einem Grabstein.
Der Grabstein von Jan und Catharina Luiken auf dem alten Friedhof in Weener ist aufwändig gestaltet.

Der Schmetterling ist ein Motiv, dass man häufig auf unseren Friedhöfen auf Grabsteinen findet. Das Insekt symbolisiert dabei die Auferstehung. Bereits in der Antike war der Schmetterling das Sinnbild für Wiedergeburt und Unsterblichkeit. Das altgriechische Wort für Schmetterling ist dasselbe wie für Seele: Psyche.

Meistens ist der Schmetterling allein zu sehen. Auf dem alten Friedhof in Weener (Ostfriesland) habe ich einen Grabstein gefunden, in dem auf der Rückseite der gesamte Lebenszyklus des Schmetterlings in einem Relief dargestellt ist mit einer Raupe, einer Puppe im Boden und dem davonfliegenden Schmetterling sowie einer Pflanze. Darunter wird ein Satz aus der Bibel zitiert: »Darum ist noch eine Ruhe vorhanden im Volk Gottes Hebr. 4 v. 9«.

Eine solche aufwändige Arbeit konnte sich nicht jeder leisten. Dort »ruhen in Gott die Gebeine des Schiffscapitains Jan Luiken« (1772-1840) und dessen Ehefrau Catharina M. Olimann (1769-1855). Über der Inschrift mit den Namen und Lebensdaten sind ein Stundenglas, eine Uhr ohne Zeiger und eine Sense zu sehen.

Laut der Internetseite Grabsteine Ostfriesland ist es der älteste Grabstein auf dem alten Weeneraner Friedhof. Auf der nach Osten weisenden Vorderseite sind deutliche Verwitterungsspuren zu erkennen, während die Rückseite mit dem Schmetterling sehr gut erhalten ist. Vor dem Grabstein liegen zwei helle Grabplatten aus dem 20. Jahrhundert.

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Ufo-Hearing: Wieder nichts als Hörensagen

Ein Unterausschuss des amerikanischen Kongresses hat sich mit »Nicht identifizierten Lufterscheinungen« befasst. Konkrete Beweise blieben die Zeugen schuldig.

abstürzende fliegende Untertasse
Bild von Stefan Keller auf Pixabay
Wenn in den USA ein Ufo abstürzt. . . Bild von Stefan Keller auf Pixabay

In der vergangenen Woche (26.7.2023) hat es im US-amerikanischen Kongress eine Anhörung über Ufos bzw. UAP (unidentified aerial phenomenon) gegeben. Drei Zeugen wurden vom Unterausschuss für nationale Sicherheit des Repräsentantenhauses gehört – zwei ehemalige Marine-Piloten und ein ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter, der sich selbst als »whistleblower« bezeichnet. Das besondere an dieser Anhörung: Sie war öffentlich und wurde live im Internet übertragen, und die Zeugen standen unter Eid. Das heißt, bei Lügen und Falschaussagen müssen sie mit Bestrafung rechnen. Die Erwartungen waren hoch.

Um eines gleich klarzustellen: Ich bin zwar seit Jahrzehnten begeisterter Science-Fiction-Leser und fände es faszinierend, wenn es noch zu meinen Lebzeiten gelingen würde, die Existenz von außerirdischen Leben irgendwo im Kosmos nachzuweisen. Aber ich bin überzeugt, dass es keine Ufos gibt, dass nie ein Alien zur Erde gekommen ist und dass alle bisher nicht geklärten Beobachtungen nicht den Hauch eines Hinweises auf außerirdische Technologie liefern. Daran hat auch das Hearing nichts geändert.

Zwei der Zeugen – die beiden Ex-Piloten Ryan Graves und David Favor – sind alte Bekannte aus der Ufo-Szene. Sie hatten bei ihren Flügen selbst Begegnungen mit UAPs, das heißt, sie haben auf ihren Instrumenten etwas beobachtet, was sie und andere nicht erklären konnten. Von Favors Einsatz stammt beispielsweise das sogenannte Tic-Tac-Video von 2004, das ein sich merkwürdig verhaltenes dunkles Gebilde zeigt.

Der schwarze Fleck in der Mitte dieses Radarbildes ist das »Ufo« im sogenannten Tic-Tac-Video. Bild: Dept. of Defense

Etwas anderes sind die Aussagen des Whistleblowers David Grusch, eines ehemaligen Luftwaffenoffiziers, die er erstmals im Juni in einem Interview der Online-Plattform The Debrief machte. Er hat in einer Einsatzgruppe zur Überprüfung von UAPs mitgearbeitet und behauptet, im Rahmen dieser Tätigkeit habe er (aus zweiter Hand) Kenntnisse darüber erhalten, dass die Regierung am Kongress vorbei ein illegales Programm zur Bergung von abgestürzten Ufos unterhalte und dadurch in den Besitz von Wrackteilen und intakten Geräten sowie »biological material of nonhuman origin« gekommen sei. Ihm selbst sei der Zugang aber verweigert worden. Da diese Informationen der Geheimhaltung unterlägen, dürfe er dazu in der Öffentlichkeit keine konkreten Angaben machen. Also nichts Handfestes, nur Hörensagen.

Weil andere Medien bereits ausführlich über das Hearing berichtet haben, will ich auf den Inhalt nicht weiter eingehen, sondern nur ein paar Links zur Verfügung stellen. Jeder kann sich selbst ein Bild machen.

Center for Inquiry
https://centerforinquiry.org/blog/uap-unproved-airborne-parable/

Scientific American
https://www.scientificamerican.com/article/whistleblower-calls-for-transparency-as-congress-digs-for-the-truth-about-ufos/

Münchner Merkur
https://www.merkur.de/wissen/sind-nicht-allein-uap-ufo-usa-whistleblower-objekte-nicht-menschlicher-ursprung-92335101.html

New Republic
https://newrepublic.com/article/174729/why-washington-loves-ufos-hearing

CNN (Cable News Network)
https://edition.cnn.com/2023/07/28/opinions/ufo-testimony-aliens-congress-credulous-colavito

Hoaxilla Podcast
https://hoaxilla.com/special-aliens-existenz/

MSNBC (Microsoft/National Broadcasting Company)
https://www.msnbc.com/opinion/msnbc-opinion/david-grusch-whistleblower-ufo-hearings-evidence-rcna96712

Der Standard
https://www.derstandard.at/story/3000000180639/ufo-hearing-vor-dem-kongress-im-rueckblick-brisante-aussagen-unter-eid

Politico
https://www.politico.com/news/2023/07/28/pentagon-ufo-boss-congress-hearing-00108822

Smithsonian Magazine
https://www.smithsonianmag.com/smart-news/whistleblower-alleges-us-government-is-covering-up-alien-life-at-UFO-hearing-180982614/

Ufoinfo.de
https://ufoinfo.de/index.php/aktuelles/weblog/717-usa-anhoerung-uap-aliens-grusch

Misstrauische Abgeordnete

Mein Eindruck von dem Hearing: Das Misstrauen der amerikanischen Kongressabgeordneten gegenüber der Regierung und deren Institutionen wie Verteidigungsministerium und Geheimdiensten ist parteiübergreifend so groß, dass sie ihnen, womöglich zu recht, alles zutrauen und deshalb eher Leuten wie Graves, Favor und Grusch glauben, obwohl diese keinerlei Beweise für ihre Behauptungen vorgelegt haben. Ihre Kompetenz oder Glaubwürdigkeit wurde gar nicht erst infrage gestellt. Es gab während der zweieinhalbstündigen Anhörung nur eine kritische Anmerkung, als ein Abgeordneter sagte, er könne sich nur schwer vorstellen, dass Außerirdische die riesigen Entfernungen im All problemlos überwinden würden, ihre hochentwickelte Technik hier auf der Erde aber ständig versagt (Der Blogger und Ufo-Debunker Mick West hat mal auf Twitter vorgerechnet, wie viele Ufos täglich über den USA unterwegs sein müssten, wenn deren Absturzrate so hoch bzw. niedrig wäre wie bei amerikanischen Flugzeugen: Es wären Tausende.)

Überwiegend wollten die Abgeordneten den Zeugen wohl einfach glauben. Dazu muss man wissen, dass es innerhalb und außerhalb des Kongresses einflussreiche und gut vernetzte Kräfte gibt, die das Ufo-Thema forcieren – entweder, weil sie tatsächlich daran glauben oder weil sie davon finanziell profitieren. Ein großes öffentliches Interesse sorgt zum Beispiel dafür, dass Bücher besser verkauft werden oder man hohe Expertenhonorare in Fernsehformaten wie »Ancient Aliens« kassieren kann.

Außerdem wird in den USA bereits viel Steuergeld in die Erforschung der UAPs gesteckt. Das Verteidigungsministerium hat zum Beispiel kürzlich eine eigene Stelle dafür eingerichtet – das All-domain Anomaly Resolution Office, zu Deutsch etwa: Büro zur Klärung von Anomalien auf allen Gebieten. Dessen Leiter Stuart Kirckpatrick hat die Behauptungen Gruschs übrigens postwendend zurückgewiesen.

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Sie bewundern einen Stern

Der Teppich von Bayeux ist ein fantastisches Werk spätmittelalterlichen Kunsthandwerks. Er erzählt in gestickten Bildern von einem historischen Ereignisse.

1066 war der Halleysche Komet zu sehen. Die Darstellung auf dem Teppich von Bayeux ist die älteste bekannte Abbildung des Kometen.

Der Teppich von Bayeux ist ein Meisterwerk des spätmittelalterlichen Kunsthandwerks. Auf einer Länge von fast 70 Metern erzählt er in einer grandiosen Bildergeschichte von der Eroberung Englands durch die Normannen im Jahr 1066. Diese spektakuläre Sehenswürdigkeit war ein Grund für die Auswahl unseres diesjährigen Urlaubs.

Der Teppich ist allerdings kein Teppich, denn er wurde nicht geknüpft oder gewebt, sondern es ist eine Stickerei auf einem Leinentuch. Was für eine Arbeit! Auch von Eroberung kann eigentlich nicht die Rede sein. Mit dem Sieg des Normannenherzogs Wilhelm über den Angelsachsen Harold Godwinson, den Earl of Wessex, am 14. Oktober 1066 in der Schlacht bei Hastings endete der Streit über die englische Thronfolge und begann die endgültige Normannisierung Englands, die bereits unter King Edward begonnen hatte. Wilhelm legte sich den Beinamen »der Eroberer« zu, die unterlegenen Angelsachsen nannten ihn »William the Bastard«.

Die Ereignisse in den Jahren 1064 bis 1066 rund um den Tod des englischen Königs Edward, seinen Schwager und Nachfolger Harold und den Normannenherzog, einem Verwandten Edwards zweiten oder dritten Grades, werden auf dem Teppich wie in einem Ur-Comic in 58 gestickten »Panels« lebendig und mit erstaunlicher Dynamik erzählt. Dank schriftlicher Quellen und der lateinischen Beschriftung ist ziemlich genau bekannt, was und wer dargestellt ist. Ober- und unterhalb dieses Hauptfrieses verlaufen zwei Randborten, die zum Teil dekorativen Charakter haben, zum Teil Bezug zum Hauptfries nehmen oder Alltagsszenen zeigen, bei denen unwahrscheinlich ist, dass ein Zusammenhang mit den dargestellten Ereignissen besteht. Die Abbildungen von Waffen, Trachten, Werkzeugen, Schiffen, Alltagsszenen etc. sind eine wichtige Quelle für Wissenschaftler.

Rakete und Komet

Als jemand, der an Science-Fiction interessiert ist, habe ich bei einem Besuch in Bayeux besonders auf phantastische Elemente geachtet – und in Szene 14 eine Rakete entdeckt! Raumfahrt im Mittelalter, so ein Unsinn, höre ich euch sagen, und natürlich ist das Abgebildete ein Gebäude, dem Text nach zu urteilen, ein Wachturm vor dem Palast von Wilhelm in der normannischen Hauptstadt Rouen. Aber die Ähnlichkeit mit einer Ariane-5-Rakete mit den beiden seitlichen Bustern ist doch nicht zu leugnen.

Das Design ähnelt sich: links ein Turm, rechts die Ariane 5.

Assoziationen ins fantastische Genre weckt auch das Panel 18. Es zeigt den Angriff der Normannen auf die bretonische Stadt Dol. Wir sehen einen Mann, der sich offenbar von einem Gebäude abseilt. Der Text erläutert das Geschehen: ET VENERUNT AD DOL ET CONAN FVGA VERTIT REDNES (und sie kamen nach Dol und Conan floh nach Rennes). Conan II. war von 1040 bis1066 Herzog der Bretagne, aber nicht Namensgeber von Conan dem Barbar, dem von Robert E. Howard 1931 erfundenen Urtyp des »Sword and Sorcery«-Helden. Conan ist ein alter gälischer Männername und bedeutet »kleiner Wolf«.

Nicht meiner Phantasie entsprungen ist dagegen die Darstellung eines Kometen in Bild 32. Mehrere Männer, die gerade noch dem neuen König Harold zugejubelt haben, stehen vor einem Gebäude und zeigen mit den Finger auf einen Stern mit einem gezackten Ende. ISTI MIRANT STELLA lautet die Textzeile, »Sie bewundern einen Stern.« Es handelt sich um den später zu Ehren des britischen Astronomen Edmond Halley (1656–1742) so genannten Halleyschen Kometen. Er ist etwa alle 75 Jahren in Erdnähe und war im Frühjahr 1066 in der Normandie und in England zu sehen. Bevor ihre wahre Natur bekannt wurde, galten Kometen als böses Omen. Die Darstellung auf dem Teppich von Bayeux ist die älteste bekannte Abbildung des Kometen.

Auf den beiden Randborten sind einige Fabelwesen zu finden. In Panel 2 stehen sich zwei geflügelte Zentauren, Mischwesen aus Mensch und Pferd, gegenüber (in der Regel treten Tiere auf den Randborten paarweise auf), in Szene 10 oben sogar eine Zentaurin, erkennbar an den langen Haaren. Auf vielen Panels sind Greife, mystische Mischwesen aus Löwe und Vogel, abgebildet, und im Übergang von Szene 12 und 13 und in Szene 39 feuerspeiende Drachen. Solche Fabelwesen gehören zur Bildwelt des Mittelalters. Man findet sie als sogenannte Konsolfiguren in Kirchen. Der Drache symbolisiert den Teufel. Der Kampf des Erzengels Michael mit dem Drachen (Offb 12,7 EU) ist ein beliebtes Motiv in der religiösen bildenden Kunst.

Jagdszenen und Erotik

Viele Elemente der beiden Randborten stellen Alltagsszenen dar. Man sieht Bauern beim Pflügen, Eggen und bei der Saat (Szene 9), Nutztiere wie Schafe sind abgebildet. In Szene 10 macht ein Landmann Jagd auf Vögel, und in Panel 11 greift ein Ritter mit Schwert und Schild einen an einen Baum gebundenen Bären an.

Dass das Mittelalter alles andere als prüde war – immerhin wurde der Teppich zu besonderen Anlässen in der Kathedrale von Bayeux aufgehängt – zeigen einige erotische Szenen. In Panel 13 ist ein nackter Mann mit erigiertem Penis zu sehen, der beide Arme einer nackten Frau entgegenstreckt. Zwei ähnliche Szene zeigt Panel 48. Welchen Zweck diese Abbildungen hatten, muss offen bleiben. Spekuliert wird unter anderem, dass sie ein Verhalten im Hauptfries abgebildeten Personen kommentieren

Zum Ende der Bildergeschichte, ab Szene 51, ändert sich die Bebilderung des unteren Nebenfries. Dort sind jetzt außer vorrückenden normannischen Bogenschützen durch Lanzen, Pfeile oder Schwerthiebe Gefallene der Schlacht von Hastings zu sehen, zum Teil mit abgeschlagenen Köpfen und Körperteilen. In einigen Fällen werden ihnen die Kettenhemden ausgezogen, und sie bleiben nackt liegen.

Sich selbst ein Bild machen

Datiert wird der Teppich von Bayeux in die späten 1070er Jahre. Auftraggeber war vermutlich Wilhelms Bruder Odo, damals Bischof von Bayeux. Wer mehr über den Teppich wissen will, kann sich bei Wikipedia schlau machen. Das Museum in Bayeux bietet online ein hochauflösendes Digitalisat des Teppichs an, so dass man sich selbst ein Bild machen und die Feinheiten studieren kann.

Begegnet ist uns Wilhelm der Eroberer noch einmal, in Caen. In der von ihm dort gestifteten Klosterkirche Saint-Étienne wurde er 1087 beigesetzt. Das Grab wurde allerdings Mitte des 16. Jahrhunderts durch Calvinisten und später während der Französischen Revolution gestört. Es enthält heute angeblich nur noch einen Beinknochen. Das Grab vor dem Hauptaltar ist durch eine Marmorplatte gekennzeichnet. Sie trägt die lateinischen Inschrift HIC SEPULTUS EST | INVICTISSIMUS | GUILLELMUS | CONQUESTOR | NORMANNIÆ DUX | ET ANGLIÆ REX | HUJUS CE DOMUS | CONDITOR | QUI OBBIT ANNO | MLXXXVII (Hier ist der unbesiegbare Wilhelm begraben, Eroberer, Herzog der Normandie und König von England, der Gründer dieses Hauses. Er starb im Jahr 1087“.

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