Das Jahr ist noch lange nicht zu Ende, aber das Science Fiction Jahr 2021 ist schon da. Schwerpunktmäßig befasst sich der Jahresband mit dem Klima. Aber es kommen auch andere Themen zur Sprache.
Die Herausgeber Melanie Wylutzki und Hardy Kettlitz haben sich echt ins Zeug gelegt. Das Science Fiction Jahr 2021 ist superfrüh erschienen und wieder hochinteressant. Einmal aufgeschlagen, konnte ich das voluminöse Jahrbuch kaum weglegen und habe an einem Wochenende fast jede freie Minute damit verbracht.
Der Schwerpunkt »Klima in der SF« war aufschlussreich, informativ und inspirierend. Er hat mir mehr gebracht als die Schwerpunkte vergangener Jahre; ich muss doch den einen oder anderen Aldiss- oder Ballard-Roman, den ich vor Jahrzehnten gelesen habe, wieder in die Hand nehmen. Passenderweise ist dieses Mal die Erde auf dem Cover zu sehen. Das Klima und der Klimawandel betreffen uns alle unmittelbar.
Manches fand ich allerdings zu verkopft, zu elitär. Wenn in dem Beitrag »Solarpunkt oder Wie SF die Welt retten will« von Wenzel Mehnert die Frage aufgeworfen wird, »ob Solarpunk nicht selbst als präemptive Kommodifizierung kapitalistischer Eskapismus-Phantasien zu lesen ist«, komme ich mir vor wie in einem literaturwissenschaftlichen Seminar.
Aus der Seele gesprochen hat mir Simon Spiegel mit seiner Kritik an Dietmar Daths monumentaler »Niegeschichte«. Es hat mich sehr amüsiert, wie er einige Sätze daraus auseinandergenommen hat, um den Grad ihrer Verschwurbelung offenzulegen. Wenn Dath von SF erzählt, das habe ich bei einigen Gelegenheiten erlebt, redet er ganz verständlich. Warum schreibt er bloß immer so anstrengend?
Als langjähriger Lem-Leser haben mir die Würdigungen zu dessen100. Geburtstag natürlich gut gefallen, allen voran Karlheinz Steinmüllers Schilderung, wie er 1976 in Krakau eine polnische Ausgabe der »Summa Technologiae« erstand. Solche Erlebnisse sind das Salz in der Suppe jedes SF-Liebhabers. Ganz im Sinne des Polen setzt sich ein zweiter Beitrag mit dem »IV. Inter-Intelligenz-Symposium zur Lemologie im Jahr 2171« auseinander. Sehr amüsant.
Mehr Iwoleit, bitte
Beeindruckt hat mich mal wieder Udo Klotz’ umfassende Rückschau auf die deutschen SF-Romane des vergangenen Jahres. Von ihm werde ich regelmäßig daran erinnert, was ich alles noch lesen sollte, aber nie schaffen werde. Seine Kritik könnte aber ruhig etwas pointierter ausfallen. Etwas mehr Iwoleit, sozusagen. Ehrlich gesagt, ein wenig vermisse ich Michael K. Iwoleits Kurzgeschichten-Reviews schon (aber nicht, weil er mich darin mal als talentierten Hobbyautor und meine Sprache als »sauber, schörkellos und präzise« gelobt hat). Seine gnadenlosen apodiktischen Rundum- und Tiefschläge waren immer höchst lesenswert und forderten Widerspruch heraus (und oft hatte er recht, oder?). Ein wenig Orientierung im Anthologie-Wust wäre schon hilfreich.
Wie immer ist das SF-Jahr randvoll mit Buch-, Film-, Comic- und Game-Besprechungen, und auch die Liste der wichtigsten SF-Preise einschließlich der russischen fehlt nicht. Der traurigen Pflicht, in Nachrufen an die Gestorbenen zu erinnern, kommen die Herausgeber ebenfalls nach. Umfangreich wie immer (70 klein bedruckte Seiten) ist die Aufzählung der Neuerscheinungen. Hier wünsche ich mir allerdings, dass auf den ersten Blick zu erkennen ist, ob es sich um eine deutsche Originalausgabe oder um eine Übersetzung handelt.
Das Jahrbuch sollte bei jedem engagierten SF-Fan im Regal stehen, keine Frage. Mich stört nur eins: dass ich jetzt so lange auf die Ausgabe 37warten muss. Zum Glück werden genügend gute Bücher vorgestellt, die das Warten erträglich machen.
Übrigens: Wer das SF-Jahr abonniert, hilft nicht nur mit, dieses Projekt am Leben zu erhalten, sondern spart auch noch (Infos auf der Verlagsseite).
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