Die Nummer 43 des SF-Magazins ist in gewohnt schöner Aufmachung erschienen. Dieses Mal sind auffallend viele neue Autorinnen und Autoren dabei.
Das Ungewöhnliche an Exodus 43 fällt nicht ohne Weiteres ins Auge. Das Magazin für »Science Fiction Stories & phantastische Grafik« kommt in gewohnter Aufmachung mit elf illustrierten Kurzgeschichten und ein paar Gedichten. Erst ein Blick auf die Biografien und Bibliografien macht es sichtbar: Dieses Mal sind viele junge und neue Autoren und Autorinnen dabei (u. a. Aiki Mira, Emil Kaschka, Elena L. Knödler), von denen einige hier mit ihrer ersten einschlägigen Veröffentlichung vertreten sind. Da sind »alte Hasen« wie Norbert Stöbe, Christian Enders und Rolf Krohn in der Minderheit. Das war auch schon anders (SF-Magazin Exodus 37: Wo ist der Nachwuchs?).
Wie immer bei Anthologien fällt es schwer, ein Gesamturteil zu fällen, das allen gerecht wird. Elf Geschichten von elf Autorinnen und Autoren sind schon thematisch nicht unter einen Hut zu bringen und bieten für (fast) jeden Geschmack etwas. Es kommen sogar Raumschiffe und Aliens vor. Ich muss gestehen, dass keine Story dabei ist, die mich auf Anhieb gepackt hat. Bei mehreren Kurzgeschichten fand ich den Schluss unbefriedigend; ein offenes oder ein überraschendes Ende ist ja nicht automatisch ein gelungenes Ende.
Vier Kurzgeschichten möchte ich hervorheben:
Sprachlich hat mir »Das Labyrinth« von Emil Kaschka (der jüngste im Team, Jahrgang 1996) am besten gefallen. Das ist klar und nah am Protagonisten erzählt und wartet mit überraschenden Sprachbildern auf wie: »Die ganze Burg, die eigentlich nur eine Maus ist, von zwei Bergflanken wie von Katzenpranken gequetscht«. Da hat es mich auch nicht gestört, dass es keine SF-Geschichte ist, sondern eher als Märchen anzusehen ist. Denn Egon, Sohn eines Burgherren, wagt es, in das Waldlabyrinth zu gehen, das zu betreten strengstens verboten ist.
»Copycabana« von Andreas Debray, eine Cyberpunk-Geschichte, sticht durch seine experimentelle Erzähltechnik mit verschachtelter Perspektive heraus. Sie beginnt mit dem Anruf einer Frau bei einem Anbieter von virtuellem Leben. Die Story ist komplex, folgt keinem vertrauten Muster, und man muss aufpassen, dass man den Faden nicht verliert, weil nichts erklärt wird. Sehr surrealistisch.
in »Meine künstlichen Kinder« von Thomas Grüter wird die Handlung in einer klassischen Verhörsituation mit Rückblenden geschildert. Es geht darum, die Umstände eines Unfalls auf einer Raumstation zur Helium-3-Gewinnung, die den Uranus umkreist, aufzuklären. Hier macht ein für mich neuartiger Ansatz der KI-Entwicklung, der die berühmten Asimow’schen Robotergesetze überwindet, den Reiz der Geschichte aus.
Elena L. Knödler ist neben Aiki Mira eine Autorin, die bereits im Magazin Queer*Welten veröffentlicht hat. Da ist es nicht erstaunlich, dass sich »Der lange Weg der Schöpfung« (auch) um Geschlechteridentität dreht. Das drückt sich unter anderem in der Verwendung nonbinärer Personalpronomen (xier/xies) aus. Die Geschichte spielt auf einem Raumschiff, das auf dem Weg zu einem Schwarzen Loch ist.
Außer den genannten sind Willem Kucharzik, Roman Schleifer und Moni Schubert in #43 mit Storys vertreten.
Galerie mit Grafiken von Hubert Schweizer
Wie immer besticht Exodus durch seine zahlreichen, auf die jeweilige Story abgestimmte Innenillustrationen unterschiedlicher Künstler: Frauke Berger, Oliver Engelhard, Nicole Erxleben, Mario Franke, Kostas Koufogiorgos, Jaana Redflower, Stas Rosin, Hubert Schweizer, David Staege und Michael Vogt. Die große, farbige »Galerie« in der Heftmitte ist dem Werk Hubert Schweizers gewidmet, der zu den Stammkünstlern des Magazins gehört. »Refugium« von 1986 und »Auf der Suche nach Shangri-La« von 1987 zieren Vorder- und Rückseite des Hefts.
- Infos und Bezugsmöglichkeiten: www.exodusmagazin.de
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