Uwe Hermanns »Nanopark« ist für die Leser viel unterhaltsamer als für die Besucher in Deutschlands modernsten Freizeitpark.
Uwe Hermann: Nanopark
Polarise-Verlag 2021. 350 S. ISBN 978-3-947619-69-6.
Gibt’s auch als E-Book.
In seinem dritten Roman bringt uns Uwe Hermann nach Brandenburg in Deutschlands modernsten Freizeitpark. Der »Nanopark« ist ein wahres Wunderwerk der Unterhaltungstechnik, dank derer die Besucherinnen und Besucher normalerweise einen tollen Tag in einer virtuellen Welt verbringen. Über die Atemluft nehmen die Besucher Nanoroboter auf, die ihre gesamten Sinneswahrnehmungen steuern, während sie sich durch den Park bewegen und die Fahrgeschäfte nutzen. Die Illusion ist perfekt und kann von der Wirklichkeit nicht unterschieden werden.
Das ist wirklich ein tolles Setting. Uwe Hermann hat dabei offenbar an alles gedacht, und setzt die technischen Möglichkeiten geschickt ein, um die Handlung voranzubringen. Wenn man so einen Nanopark tatsächlich bauen könnte, würde er wohl so ähnlich funktionieren.
Am Pfingstmontag 2052 wird der Besuch aber zu einem Alptraum. Leute in Tiermasken überfallen die Steuerzentrale des Parks, töten en passant einen Mitarbeiter und nehmen die anderen gefangen. Die vermeintlichen Terroristen schließen die Tore des Parks und kappen sämtliche Verbindungen zur Außenwelt wie Telefon und Internet. Die rund 3000 Besucher merken nichts, denn der Betrieb läuft zunächst ungestört weiter.
Die Handlung ist spannend und gut durchdacht. Der Leser wird immer wieder von Wendungen überrascht und lange über das im Dunklen gelassen, worum es genau geht. Schon früh wird aber ein politischer Hintergrund angedeutet. Ein wenig erinnert die Story an den Film »Inside Man«. In dem Leinwand-Thriller wird eine Bank überfallen und von den Räubern von innen hermetisch abgeriegelt. In beiden Fällen ist das eigentliche Ziel des Überfalls nicht das, was es zu sein scheint. Allerdings sind der als Gorilla maskierte Anführer und seine Leute alles andere als Gentleman-Gangster wie die im Film, sondern gewissen- und skrupellose Mörder. Am Ende gehen ein Dutzend Morde und eine nicht genannte Zahl von Unfalltoten unter den Parkbesuchern auf ihr Konto.
Leider hat der Roman erzählerische Schwächen. Mich störte, dass gelegentlich die Erzählweise unvermittelt zwischen personaler, neutraler und auktorialer Perspektive wechselt, ein-, zweimal sogar innerhalb eines Absatzes. Es gibt auch zu viele Nebenfiguren, aus deren Sicht erzählt wird. Da ist zum Beispiel der »Ballonmann«, ein Besucher, der im Park herumläuft und über seine uninteressantes Leben, seine soziale Stellung und seine gescheiterte Ehe nachdenkt, ohne dass das irgendeinen Bezug zur Handlung hat oder man als Leser etwas über den Nanopark erfährt.
Dass er das viel besser kann, zeigt Uwe Hermann, der für seine humorigen, oft schrägen Kurzgeschichten bekannt ist, in der Nebenhandlung um Lutz Brendinger. Der 18-Jährige möchte ein spezielles Angebot des Nanoparks nutzen und einen Tag mit einer virtuellen Kopie seiner Traumfrau, einer sexy Influenzerin, verbringen. Das klappt nicht so, wie er sich das vorgestellt hat, sorgt aber dennoch dafür, dass er wohl als einziger diesen Tag im Park genießen kann. Herrlich!
Das Fazit: Mit ein paar Abstrichen kann ich das Buch empfehlen. Es ist ein spannender Roman, den man mit Vergnügen an ein, zwei Tagen wegschmökern kann.
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Danke für die Rezension meines Romans! Bevor ich mit dem Schreiben von NANOPARK anfing, habe ich fast zwei Monate über VR und Freizeitparks recherchiert. Schön, dass man das merkt. Die Kapitel um Lutz entstanden übrigens als Letztes, da war der Rest schon fast fertig.
Es kommen auch wieder neue Kurzgeschichten von mir. Fünf liegen noch bei verschiedenen Verlagen und warten darauf, dass sie erscheinen dürfen. 😁
Da stimme ich im Wesentlichen überein! Die genannten Kritikpunkte stören mich aber nicht.
Dafür bin ich aber eigentlich kein Freund von Thrillern, Gewalt und zu hektischer Action. Diese Elemente sind hier klar enthalten. Da es aber vergleichsweise im Rahmen bleibt und der Autor auch auf detaillierte Schilderungen in Blut watender Menschen und ähnliches verzichtet, kann ich das aushalten und im Kontext akzeptieren.
Mich hatte natürlich die VR-Komponente des Buches interessiert, die dann auch in der Tat mit einem interessantem Ansatz und entsprechender Umsetzung daher kommt!