Zweimal für einen Preis nominiert

Zwei Artikel von mir über Walter Ernsting und über Atlantis stehen auf der Nominierungsliste für einen neuen Literaturpreis. Er ist nach Rein A. Zondergeld benannt.

Ab diesem Jahr wird erstmal der Rein A. Zondergeld–Preis für sekundär- und tertiärliterarische Beiträge zur Phantastik (RZA-Preis) vergeben. Benannt ist er nach dem niederländisch-deutschen Literaturwissenschaftler Rein A. Zondergeld, der unter anderem das Lexikon der phantastischen Literatur veröffentlicht hat. Derzeit wir die Nominierungsliste für 2022 kontinuierlich mit infrage kommenden Texten des laufenden Jahres aufgefüllt.

In der Kategorie Kurztexte (Artikel, Essays, ect.) sind mehrere Texte von mir zu finden, bisher ein Beitrag über den SF-Autor Walter Ernsting alias Clark Darlton in der Zeitschrift phantastisch! und einer über Atlantis in der SOL, dem Mitgliedermagazin der Perry Rhodan-Fanzentrale. Weitere könnten folgen, sobald sie erschienen sind.

Der RZA-Preis ist eine Sparte des Vincent-Preises für Horrorliteratur, umfasst aber alle Genres des Phantastischen. Vermutlich wird er nach denselben Regeln vergeben wie der Vincent-Preis, allerdings gibt es dazu online bisher keine Information. Aber bis Anfang des kommenden Jahres, wenn die Nominierungsphase abgeschlossen sein wird, ist noch Zeit. Warten wir also ab.

Die Nominierungsliste lädt zum Stöbern ein. Da findet man sicher das eine oder andere Interessante, was einem bisher durch die Lappen gegangen ist.

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Ein Heimatroman aus der Zukunft

In »Die letzte Kosmonautin« von Brandon Q. Morris geht es in die DDR des Jahres 2029. Zwei Frauen sind in Gefahr, und ein ABV will sie retten.

Brandon Q. Morris: Die letzte Kosmonautin. Verlag Fischer Tor. Taschenbuch. 416 Seiten. ISBN 978-3-596-70675-4. Gibt es auch als E-Book.

Es ist das Jahr 2029. Mandy Neumann ist »Die letzte Kosmonautin«. Die zweifache Mutter kreist als einziges Besatzungsmitglied zusammen mit dem spinnenförmigen Roboter Bummi in der DDR-Raumstation »Völkerfreundschaft« um die Erde. Kurz nach der Feier zum 80. Jahrestag des einzigen sozialistischen Staats auf deutschem Boden bricht der Kontakt zur Erde ab, offenbar durch Sabotage.

Zur gleichen Zeit erhält der Dresdner ABV (Abschnittsbevollmächtigter der Volkspolizei) Tobias Wagner einen Anruf von Miriam Prassnitz. Er war als Jugendlicher in sie verknallt. Sie bittet ihn um Hilfe, denn ihr Mann Ralf, ein bedeutender Wissenschaftler, ist verschwunden. Da kann Tobias nicht nein sagen, denn wie schon die alten Römer wussten: »Militat omnis amans.« Auf der Suche nach Prassnitz landen er und Miriam mit ihrem Westwagen in der Lausitz, wo es im ehemaligen Braunkohlegebiet ein merkwürdiges Sperrgebiet gibt, das die Anwohner die »Zone« nennen, in dem die Frau verschwindet.

Schnell wird deutlich, dass es zwischen den beiden Fällen einen Zusammenhang geben muss: Ralf Prassnitz hat die Spezialkamera MKF-8 mitentwickelt, die an Bord der »Völkerfreundschaft« durchs All fliegt und superhochauflösende Fotos von der Erdoberfläche macht; sie kann sogar durch Wolken sehen. Tobias Wagner, der zufällig von Mandys Notlage erfährt, will beide Frauen retten.

Viel Ironie und ein wenig Nostalgie

Brandon Q. Morris (das ist das Synonym von Matthias Matting) ist ein unterhaltsamer, sehr flott zu lesender Heimatroman der besonderen Art mit Hard-SF-Elementen gelungen. Darin steckt viel Ironie und ein wenig Nostalgie (Matting wuchs in der DDR auf). Sicherlich nicht ohne Grund heißt die letzte Kosmonautin Mandy; der Name ist ja geradezu ein Synonym für die naive Ostdeutsche. Etwas naiv ist die junge Frau ohne Zweifel. Sie glaubt an das Gute im Menschen und an den Sozialismus, weshalb sie sich von Bummi bequatschen lässt und – im Unterschied zum Leser – die deutlichen Anzeichen der sich anbahnenden Katastrophe übersieht.

Tobias Wagner ist der wenig ehrgeizige, pflichtbewusste, aber nette Kerl von nebenan, der sich in dem trotz allen Fortschritts – die DDR hat sogar einen eigenen Weltraumbahnhof – immer noch repressiven Überwachungsstaat bequem eingerichtet hat. Beim Anblick seines selbstbewusst auftretenden und (nicht nur) auf ihn erotisch wirkenden Jugendschwarms übernehmen jedoch die Hormone die Kontrolle, weshalb er jede Vernunft fahren lässt und sich in Uniform und mit häufig hochrotem Kopf in ein Abenteuer stürzt, das eigentlich für ihn nicht gut ausgehen kann.

Außer Miriam kommt eine Handvoll anderer Nebenfiguren vor – darunter ein Stasi-Offizier, ein (Ex-)Liebhaber von Miriam, ein indischer Raumfahrer und ein kauziger schwuler Funkamateur –, die Tobias entweder im Weg stehen oder ihm helfen. Wer das Werk von Brandon Q. Morris kennt, kann sich denken, dass Physik in diesem Roman eine große Rolle spielt. Wer realistisch geschilderte Raumfahrt- und Alternativweltgeschichten mag, ist mit »Die letzte Kosmonautin« sehr gut bedient.

Seine Romane ergänzt der Autor mit einem ausführlichen Nachwort über die physikalischen Grundlagen der im Roman vorkommenden Phänomene. Die kann man auch als gestaltete PDF-Dokumente bekommen. Ein schöner Service. Wer mehr über Brandon Q. Morris und seine Bücher-Welt erfahren will, wird auf seiner Website hardsf.de fündig.

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Die Vielstimmigkeit der norddeutschen Phantastik

Das erste »Multivers«-Festival in Bremen konnte ich mir nicht entgehen lassen. Ich verbrachte ein paar kurzweilige Stunden mit Steampunk, Zombie-Horror und Cyberpunk.

Steampunk unter freiem Himmel: Yvonne Tunnat eröffnete die Lesung im Park mit ihrer Kurzgeschichte aus einer demnächst erscheinenden Anthologie.

Das Wetter an diesem Juli-Abend war nicht gerade das beste für eine Freiluftveranstaltung. »Das es in Bremen so windig ist, steht in keinem Reiseführer«, beklagte sich die Frau, die mich auf den letzten 250 Metern zu dem Event begleitete, für das ich mich am Sonnabendnachmittag (9. Juli 2022) in Leer den Zug gesetzt hatte. Das Event war das »Multivers«, eine Open-Air-Lesung mit sechs Autorinnen und Autoren der Phantastik-Szene. Die Location war das »Kukoon im Park« in den Neustadtswallanlagen in der Bremer Neustadt.

Das »Multivers«, organisiert von Aiki Mira und Janika Rehak, versprach »Neues aus der Independent-Literaturszene« und »die Vielstimmigkeit der Phantastik« mit Autorinnen und Autoren aus Norddeutschland. Als Science-Fiction-Fan, Gelegenheitsautor und -veranstalter (»Hinterm Mond«) war das wegen der geografischen Nähe ein Pflichtbesuch. Außerdem war es eine gute Gelegenheit, einige Bekannte wiederzusehen und neue Kontakte zu knüpfen. Die deutsche Phantastik-Szene ist vielfältig, aber gut überschaubar. Man läuft sich doch irgendwie ständig über den Weg. Als »Überraschungsgast« wurde ich nett empfangen und verbrachte ein paar kurzweilige Stunden im Park (es war nur etwas kalt). Tempus fugit.

Aiki Mira hat ihren ersten Roman veröffentlicht: »Titans Kinder«.

Außer Aiki und Janika, die den Abend unterm Zeltdach moderierten, waren Christian Günther, Yvonne Tunnat, Lena Richter und Laura Müller-Hennig beteiligt (biografische Angaben zu ihnen finden sich in der Veranstaltungsankündigung). Sie präsentierten ein breites thematisches und stilistisches Spektrum. Es reichte von einigen Miniaturen (Laura Müller-Hennig) über Kurzgeschichten (Yvonne Tunnat, Christian Günther) bis zu Romanauszügen (Aiki Mira, Lena Richter, Janika Rehak). Es gab eine Space-Utopie, Zombies, Steampunk, Cyberpunk. Manches war bereits veröffentlicht, anderes kommt noch auf den Buchmarkt. Dem Anspruch, »die Vielstimmigkeit der Phantastik« der Phantastik abzubilden, wurde der Abend auf jeden Fall gerecht. Es machte Appetit auf mehr.

Das Publikum, zwei, drei Dutzend Leute, sparte nicht mit Beifall. Schade war, dass sich keine Diskussion zwischen Autorinnen und Publikum entwickelte.

Das »Multivers«-Team (von links): Yvonne Tunnat, Christian Günther, Laura Müller-Hennig, Lena Richter, Aiki Mira und Janika Rehak.

Das »Multivers« in Bremen soll kein Einzelfall bleiben. »Wir wollen das zu einer regelmäßigen Einrichtung an verschiedenen Orten machen«, kündigten Aiki und Janika am Ende an. Next stop? Vielleicht Hamburg. Das wäre für mich eine Tagesreise mit Übernachtung.

Links zu den Büchern

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