Gutgläubig, arglos, dreist

Der Preis ist heiß – auf Schnäppchenjagd nach »Unternehmen Stardust«, Heft 1 von PERRY RHODAN

Ein Schnäppchen? Nein, denn es handelt sich bei dem angebotenen Heft um einen Nachdruck.

Weil mir in meiner »Unternehmen Stardust«-Sammlung das Heft 1 der PERRY RHODAN-Serie in der Erstauflage fehlt, beobachte ich den einschlägigen Antiquariatsmarkt, vor allem die Angebote bei Ebay. Es ist erstaunlich, auf wie viel Gutgläubig-, Arglosig- und Dreistigkeit bei Anbietern und Käufern man dabei trifft.

Wer es nicht weiß: PERRY RHODAN ist eine deutsche Science-Fiction-Serie, die seit 1961 ununterbrochen wöchentlich als Heftroman erscheint. Band 1 trägt den Titel »Unternehmen Stardust« und ist im Laufe der Jahrzehnte in mehreren Auflagen und Sonderausgaben auf den Markt gekommen. Das originale Heft 1 (Erscheinungstag 8. September 1961) ist eine Rarität und steht auf der Wunschliste vieler Sammler ganz oben. Entsprechend tief muss man dafür in die Tasche greifen. Im Moment muss man für ein gut erhaltenes Heft mindestens 200 Euro hinlegen, für mindere Qualität entsprechend weniger. Es werden aber auch deutlich höhere Preise verlangt.

Das Originalheft 1 ist von den Nach- und Sonderauflagen auf den ersten Blick leicht zu unterscheiden, selbst wenn es sich nur um ein Vorschaubild auf Ebay handelt. Die Nachauflagen sind als solche auf dem Umschlag gekennzeichnet, Nach- und Sonderauflagen haben zum Teil ein anderes Layout und angepasste Titelbilder (das Motiv ist aber immer gleich und zeigt drei Astronauten in einer Mondlandschaft). Das wird niemand verwechseln.

Der Nachdruck von 1988

Allerdings gibt es einen fast originalgetreuen Nachdruck aus dem Jahr 1988. Diese Faksimileausgabe wird immer wieder mal zu horrenden Preisen feilgeboten – wobei die Frage ist, ob die Anbieter dreist oder ahnungslos und die Käufer ahnungslos und gutgläubig sind. Jüngste Beispiele: In diesem November wurde der Nachdruck als »Perry Rhodan Heft 1 super erhalten!« für 155 Euro bei Ebay angeboten, allerdings nicht verkauft. Für ein ausdrücklich als »!Nachdruck! (1988)« eingestelltes Heft wurden 99,99 Euro von einem Händler mit mehr als 40.000 Bewertungen verlangt. Bekommen hat er den Preis nicht. Denn der Nachdruck ist bei Ebay problemlos für zwei, drei Euro zu bekommen. Das sollte einem erfahrenen Anbieter bekannt sein. Schließlich müssen Händler sich bei ihrer Preisgestaltung an irgendetwas orientieren.

Nun muss nicht jeder unbedingt wissen, dass es diesen Nachdruck gibt, auch wenn man sich bei der Suche schon fragen könnte, warum es so große Preisunterschiede gibt. Aber ich staune immer wie, wie unbedarft viele Leute durchs digitale Leben kommen und wie viele offenbar nicht wissen, wozu Suchmaschinen wie Google da sind. Sonst würden sie zum Beispiel bestimmte Fragen in Facebook-Gruppen oder Foren nicht stellen.

Die überpinselte Erde

Der Nachdruck von 1988 ist ebenfalls recht leicht vom Original zu unterscheiden – was den damaligen Produktionsbedingungen zu verdanken ist. Auf dem Titelbild ist rechts oben die Erde abgebildet. Für den Nachdruck ist in der Vorlage ihr rechter Rand mit weißer Farbe überpinselt worden. Das ist so deutlich, dass es selbst bei einem kleinen Ebay-Vorschaubild auffällt.

So erkennst du den Nachdruck von Heft 1: Die Erde hat einen dicken weißen Rand (links), und auf der Rückseite ist nach »große« ein Riss zu sehen.

Ein weiteres untrügliches Merkmal des Nachdrucks: Auf der Rückseite ist in dem Kasten mit dem Text »Die große Weltraumserie aus dem MOEWIG-VERLAG« nach »große« so etwas wie ein Riss zu erkennen. Wenn die Rückseite bei Ebay abgebildet ist, lässt sich das mithilfe der Vergrößerungsfunktion leicht überprüfen. Der Grund für diesen gedruckten »Riss«: Offenbar hat für den Nachdruck ein beschädigtes Heft als Vorlage gedient. Diese Kenntnisse sind nicht neu und auch nicht von mir entdeckt. Hier hat zum Beispiel Reinhard Peter exzellente Vorarbeit geleistet, dessen Website ohnehin eine Fundgrube für jeden Fan ist.

Reinhard Peter berichtet auch von Betrugsfällen: Der Betrüger bietet das Original mit den passenden Abbildungen an, die er sich im Netz besorgt hat, verschickt dann aber den Nachdruck. Es ist also Vorsicht geboten.

Ein „Highlight. Rarität“ für 2950 Euro

Auch für das Originalheft werden gelegentlich astronomische Preise verlangt. Dieser Tage wollte ein Anbieter bei Ebay für ein »Highlight. Rarität« 2950 Euro haben, also mehr als das Zehnfache dessen, was man sonst hinblättern müsste. Was das Besondere an diesem Exemplar ist? Der Erstbesitzer hatte das Heft nicht nur mit seinem Adressstempel , sondern auch mit einem Datumsstempel vom 6. September 1961 versehen. Der Anbieter preist es als »seltenes Belegexemplar« dafür an, »dass die Romane schon vor dem Verkaufsstart am 8.Sept.1961 vom Verlag an vorgemerkte Kunden verschickt wurden«. Mag sein. Aber erstens ist das nicht erstaunlich, weil die Hefte ja nicht am Ersterscheinungstag direkt aus der Druckerei zu den Händlern gebracht wurden, und zweitens könnte der Stempel auch bloß falsch eingestellt gewesen sein.

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