Künstliche Intelligenz und Hexerei

»Africanfuturism« ist eine neue Anthologie mit Science-Fiction aus Afrika. Und sie ist kostenlos.

Africanfuturism: An Anthology edited by Wole Talabi. 2020.

Wer gerne etwas Neues entdeckt oder schon immer mal afrikanische SF lesen wollte, dem kann ich diese englischsprachige Anthologie wärmstens empfehlen: »Africanfuturism«, für das Online-Literaturmagazin Brittle Paper herausgegeben von Wole Talabi. Sie enthält acht phantastische Kurzgeschichten, verfasst von einigen der derzeit wichtigsten SF-Autoren des Kontinents. Und das Beste: Sie wird kostenlos zum Download angeboten.

Der Ausdruck »Africanfuturism« wurde von der nigerianischen Autorin Nnedi Okorafor geprägt. Sie versteht darunter – im Unterschied zum afro-amerikanischen Afrofuturismus – Science-Fiction, die ihre Wurzeln in Afrika hat und von Afrikanerinnen und Afrikanern geschrieben wurde.

Die Sammlung deckt verschiedene Aspekte des afrikanischen Lebens ab, es geht um Künstliche Intelligenz, Raumfahrt, Gentechnik, Politik und Umweltzerstörung. Ein prägendes Element ist der starke magische Einschlag. Zauberei oder zumindest der Glaube daran ist ein selbstverständlicher Teil des Alltags. In Okorafors Story »Sunrise«, mit der die Anthologie beginnt, wird die Protagonistin wegen einer vorlauten KI auf ihrem Smartphone von ihrer Verwandtschaft der Hexerei verdächtigt. In »Fruit Of The Calabash« von Rafeeat Aliyu werden übernatürliche Kräfte eingesetzt, um die Folgen eines technischen Versagens in der Reproduktionsmedizin zu korrigieren.

Am besten gefallen haben mir Okorafors Story und »Yat madit« von Dilman Dila. »Yat madit« bedeutet »ein großer Baum« und ist der Titel einer ugandischen Fernsehserie von 2016, in der es laut Wikipedia um eine Gemeinschaft geht, die interkulturellen Austausch propagiert und neue, gewaltfreie Wege der Konfliktlösung sucht.

Die Autorinnen und Autoren – Nnedi Okorafor, Tendai Huchu, Dilman Dila, Rafeeat Aliyu, Tlotlo Tsamaase, Mame Bougouma Diene, Mazi Nwonwu und Derek Lubangakene – kommen aus Botswana, Nigeria, Senegal, Simbabwe und Uganda, le//ben aber zum Teil in Großbritannien oder den USA. Dort profitieren sie von der gemeinsamen Sprache, denn sie schreiben auf Englisch, was den Zugang zum Literaturmarkt erleichtert. Übersetzungen ins Deutsche sind Mangelware: Nur von Nnedi Okorafor und Tendai Huchu sind aus dieser Riege bei uns Romane erscheinen, die von Huchu gehören allerdings nicht zum phantastischen Genre.

Mehr Rezensionen zu afrikanischer Literatur in meinem Blog

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