Skurrile Figuren, trügerische Idyllen

In »Der Koloss aus dem Orbit« von Jacqueline Montemurri und »Born« von Kris Brynn machen die einen Protagonisten eine Zeitreise, die anderen fahren mit dem Taxi.

Jacqueline Montemurri: Der Koloss aus dem Orbit. Verlag Plan 9, Hamburg. Taschenbuch, 300 Seiten, 14 Euro. ISBN 978-3-948700-36-2. | Kris Brynn: Born. Verlagsgruppe Droemer Knaur, München. Taschenbuch, 352 Seiten, 12,90 Euro. ISBN 978-3-426-52648-4. | Beide Romane gibt es auch als E-Book.

Romane von Frauen werden werden von Rezensenten und Rezensentinnen sehr viel seltener besprochen als Romane von Männern. Das ist keine steile These, sondern lässt sich anhand von Zahlen belegen, wie Theresa Hannig auf meiner Veranstaltung »Hinterm Mond« am 9. Oktober 2021 deutlich machte. In der Phantastik ist das Verhältnis etwa 1:4. Um daran ein klein wenig zu ändern, werde ich hier auf zwei im September erschienene Romane von Frauen eingehen, die beide zum Erfolg von »Hinterm Mond 2021« beigetrugen: »Der Koloss aus dem Orbit« von Jacqueline Montemurri und »Born« von Regine Bott alias Kris Brynn. Ich habe die Bücher unmittelbar hintereinander gelesen.

Idylle bekommt Risse

Der »Koloss« ist ein Roman, der aus einer gleichnamigen Kurzgeschichte hervorging, mit der Jacqueline Montemurri 2020 den Kurd-Laßwitz-Preis gewonnen hat (der KLP ist eine der beiden wichtigsten deutschen SF-Preise). Darin wird eine Gruppe von gescheiterten Existenzen, darunter als Ich-Erzählerin die ehemalige Journalistin Dysti Adams und der Cyborg Xell, zu einem riesigen Artefakt geschickt, das seit einigen Jahren im Orbit um die Erde kreist. Wie sich herausstellt, ist der Koloss eine Zeitmaschine, mit der Dysti und Xell auf der Flucht vor ihren Auftraggebern 250 Jahre in die Zukunft entkommen können. Sie machen auf der vom Klimawandel größtenteils entvölkerten, deindustrialisierten Erde eine Bruchlandung.

Jacqueline Montemurri bei »Hinterm Mond 2021«.

Für Dysti und Xell, die sich erst nicht ausstehen können und dann ein Paar werden, beginnt eine abenteuerliche Reise durch eine ebenso idyllische wie alptraumhafte Welt. Sie treffen auf verschiedene, weitgehend isoliert von einander lebenden Gruppen, die ganz unterschiedliche soziale Strukturen entwickelt haben, um zu überleben. Die Anwesenheit der beiden Fremden aus der Vergangenheit sorgt allerdings dafür, dass die perfekt erscheinenden Fassaden schnell Risse bekommen und die brutalen und zynischen Kehrseiten sichtbar werden. Immer wider gerät das Paar in Lebensgefahr und muss fliehen.

Ein zentrales Thema des Romans ist die Frage nach Identität und Menschsein. Xell ist angesichts seiner zum Teil künstlichen Körperteile und der in seinem Körper aktiven Nanobots (die ihm zum Beispiel erlauben, Schmerzen abzuschalten), verunsichert darüber, ob er noch ein Mensch oder schon ein Roboter ist. Die eigenen Zweifel werden dadurch verstärkt, dass er von seiner Umwelt vor allem als letzteres wahrgenommen und zum Teil bekämpft wird. Andererseits beweist Xell Empathie und zeugt mit Dysti ein Kind. Hier werden von der Autorin elementare Fragen aufgeworfen, auf die es selbstverständlich keine allgemeingültige Antwort gibt.

Jacqueline Montemurri ist eine erfahrene Autorin, der es gut gelingt, ihre Figuren Tiefe zu verleihen und so lebendig zu gestalten, dass sie glaubhaft agieren. Das sind keine glattgebügelten Helden, sondern Menschen mit guten und schlechten Seiten. Das gefällt mir.

Der Schluss, genauer gesagt: die finale Konfrontation mit einem plötzlich auftauchenden Antagonisten und deren Folgen, hat mir nicht gefallen. Er ergibt sich nicht zwingend aus der Handlung, sondern wirkt aufgesetzt und beliebig. In einem klassischen Roadmovie (den Ausdruck hat die Autorin bei der Lesung in Leer zur Charakterisierung der Story benutzt) steuert die Handlung auf ein unvermeidliches Ende zu. Hier ist es nicht so. Dysti und Xell haben jederzeit die Möglichkeit, sich anders zu entscheiden.


Rasante Fahrt durch die Megacity

An »Born« von Kris Brynn haben mir die schrägen Charaktere sowie Stil und Sprache besonders gut gefallen. In der deutschen SF sind sprachliche Glanzlichter selten, die meisten Autorinnen und Autoren schreiben eher etwas betulich und haben für stilistische und sprachliche Feinheiten kaum Gespür. Bei Kris Brynn ist das anders. Das fängt schon bei den manchmal rätselhaften Kapitelüberschriften wie »Rauchende Colts« oder »Delflopion gekreuzt mit Gloster« an. Dafür gibt’s einen Extra-Stern.

Regine Bott alias Kris Brynn bei »Hinterm Mond 2021«.

Die Handlung von »Born« ist komplex und kann nicht in wenigen Sätzen zusammengefasst werden. Nach einem nicht näher beschriebenen Großen Sandkrieg leben die Menschen in Megacitys wie Born. Die Landwirtschaft wird nicht mehr in der Fläche betrieben, sondern in vertikalen Plantagen und Farmen, den VertiPlants und VertiFarms. Sie werden von Bruder- und Schwesternschaften geführt, die sich auf das Alte Testament berufen und das Monopol auf die Lebensmittelversorgung haben. Da liegt Konfliktpotenzial. Es geht um illegale Machenschaften auf dem Agrarsektor, um Schwarzhandel, um Machtspiele, um Politik.

In Born ist die taffe Nalani Taxifahrerin und kutschiert jede Menge merkwürdige Fahrgäste wie Horse, einen Nachtclubbesitzer, durch die Gegend. Sie und ihr Bruder Tomas geraten unabhängig voneinander in ziemliche Schwierigkeiten, ohne zu wissen, wieso und worum es überhaupt geht und wie die Fronten verlaufen. Während Tomas nach einer Versetzung auf eine VertiFarm völlig überfordert seine Schwester um Hilfe bittet, nimmt Nalani mit Unterstützung ihrer Freunde vom Rand der Gesellschaft den Kampf auf, um sie beide rauszuhauen.

Klar ist (für die Leser), dass das alles zusammenhängt und Teamleiterin Lorna, die zufällig in Nalanis Taxi landet, auf der anderen Seite steht. Lorna erledigt die Dreckarbeit für das wichtige Ernährungsministerium, liebt Luxus und hasst Geräusche aller Art, egal ob beim Essen, beim Laufen oder beim Sex, und hat auch sonst einige merkwürdige Angewohnheiten. Aber auch für sie läuft es nicht glatt. Damit ist die Parade der skurrilen Figuren aber noch nicht erschöpft. Normale Menschen kommen, abgesehen von Tomas, in dem Buch gar nicht vor. Gibt’s die in Born nicht?

Der heimliche Star des Buches ist Fergus, der allerdings ein großes Handicap hat: Er ist eine Künstliche Intelligenz, ein Kfz-Notfall-Hologramm, das Autofahrern bei einer Panne helfen soll. Fergus nimmt den Beifahrersitz von Nalanis Taxi in Beschlag, weil man ihn nicht mehr abschalten kann, ist lernfähig, wissbegierig, redet gerne und viel und ist ein Fan von James Cagney und anderen alten Filmstars (Dass da eine Vorliebe der Autorin ins Spiel kommt, ist offensichtlich). Fergus ist genial. Da stört es mich nicht, dass die KI für ihre Aufgabe völlig überqualifiziert ist (Im wirklichen Leben würde kein Autobauer so einen Aufwand für eine simple Pannenhilfe betreiben, weil das viel zu teuer wäre).

Fazit: »Born« sollte man unbedingt lesen. Das Buch macht Spaß, es hat Tempo und Witz.

Hat dir der Beitrag gefallen? Es würde mich freuen, wenn du mir ein Feedback gibst und dafür die Kommentarfunktion am Ende des Beitrags nutzt.

Wo ist die SF auf der Buchmesse?

Auf der Frankfurter Buchmesse 2021 war ich Science-Fiction-Titeln auf der Spur. Die Entdeckungsreise führte mich nach Tschechien und Polen.

Am Stand von Fischer gab’s ein paar SF-Titel.

Auf der Frankfurter Buchmesse 2021 war ich auf der Suche nach Science-Fiction. Da gab es einige Aussteller, die man unbedingt besuchen musste. Befreundete Autorinnen und Autoren, die selbst nicht zur Messe fuhren, hatten mich gebeten, darauf zu achten, ob ihre kürzlich erschienenen Bücher zu sehen waren. Aber viel spannender ist ja das Unerwartete.

Die Buchmesse stand im Zeichen der Corona-Pandemie. Am Eingang wurde man nach der 3G-Regel kontrolliert, und überall musste Maske getragen werden. Stundenlang mit der Maske rumzulaufen war nicht der Hit, aber andererseits war es dank eines limitierten Kartenkontingents im Vergleich zu früher erfreulich leer. Es gab genug Platz, um sich auszuweichen. In den Vorjahren war das Gedränge an einigen Ecken gelegentlich an der Grenze des Erträglichen. Leider fiel den Einschränkungen ein großer Teil des üblichen Programms zum Opfer. Es gab nur wenige Lesungen oder Signierstunden. Literatur-Prominenz ließ sich überhaupt nicht blicken.

SF geht in der Masse unter

In Frankfurt ist die Phantastik, um die sich in Deutschland viele kleine Verlage kümmern, im Unterschied zu Leipzig nicht breit vertreten. Bei den großen Verlagen verschwinden die wenigen Titel, wenn sie überhaupt ausgestellt werden, in der Masse. Immerhin habe ich am Stand von Fischer Tor einige Neuerscheinungen, unter anderem »Anarchie Deco« von J. C. Vogt und »Universum« von Phillip P. Peterson, gesehen. Ich habe bei der Edition Roter Drache und beim Golkonda-Verlag vorbeigeschaut. Da ich die Verlagsprogramme weitgehend kenne, waren Überraschungen und damit Spontankäufe ausgeschlossen.

Am tschechischen Stand fiel mir der Comic »Neočekávaný robotí exodus« ins Auge.

Das Unerwartete begegnete mir deshalb bei den ausländischen Verlagen. An den tschechischen Stand hatte mich ein Eintrag im Ausstellerverzeichnis getrieben. Was versteckte sich hinter »Labyrint & Raketa«? Nun, »Labyrint« ist ein Verlag, »Raketa« eine von ihm herausgegebene reich bebilderte Kinder- und Jugendzeitschrift. Am Stand fiel mein Blick auf einen Titel, der mich als SF-Fan sofort elektrisierte: »Neočekávaný robotí exodus« mit einem Titelbild, auf dem unzweideutig ein Roboter zu erkennen ist. Es handelt sich bei »Unerwarteter Roboter-Exodus« um den zweiten Teil eines Comics von Taťána Rubášová (Text) und Jindřich Janíček (Illustration). Obwohl ich kein Tschechisch kann, hätte ich den Comic gekauft; er hätte in meine Robotersammlung gepasst. Leider verkauften die ausländischen Aussteller auf der Messe nicht.

Polen tut etwas für seine Phantastik-Autorinnen und Autoren

Das und die fehlenden Sprachkenntnisse bewahrten mich wohl auch davor, eine originalsprachige Ausgabe von Stanisław Lems Roman »Solaris« zu erstehen. Am Stand des Polnischen Buch-Instituts gab es ein Regalfach nur mit einheimischen SF- und Fantasytiteln. Dieses Genre hat in Polen offenbar einen hohen Stellenwert, auch wenn wir hier nur Lem und den Fantasy-Autor Andrzej Sapkowski (Hexer-Geralt-Zyklus aka The Whitcher) kennen. Um die anderen Autoren bekanntzumachen und in Frankfurt für deren Übersetzung zu werben, hat das Institut eine 32-seitige Broschüre mit dem Titel »Polish Sci-Fi & Fantasy« zusammengestellt, in der außer Lem und Sapkowski vier SF- und sieben Fantasy-Autorinnen und -Autoren vorgestellt werden, deren Namen hier wohl kaum jemandem etwas sagen dürften: Jacek Dukaj, Rafał Kosik, Cezary Zbierzchowski, Paweł Majka, Robert M. Wegener, Jarosław Grzędowicz, Radek Rak, Krzysztof Piskorski, Anna Brzezińska, Tomasz Kołodziejczajk und Marta Kisiel. Was ich dort gelesen habe, klingt sehr spannend. Von einer solchen Unterstützung können deutsche Phantastik-Autorinnen und Autoren nur träumen.

In einer 32-seitigen Broschüre stellt das Polish Book Institut einige der wichtigsten polnischen SF- und Fantasy-Autoren vor. Hier ein Ausschnitt der Doppelseite für Rafał Kosik.

Bei meinen weiteren Streifzügen bin ich am spanischen Stand auf eine Übersetzung von Marc-Uwe Klings »Qualityland« gestoßen. Auf der Internetseite des Verlags Tusquets gibt es eine Hörprobe aus dem gleichzeitig erschienenen Hörbuch.

Leider waren die Stände der englischsprachigen Aussteller, die ich am Messesonnabend besuchte, weitgehend abgeräumt. Dort hätte sich vielleicht das eine oder andere interessante Werk gefunden – und dazu in einer Sprache, die ich beherrsche. Was mir noch aufgefallen ist: Eine koreanische Ausgabe von »1984« und zwei anderen Texten von George Orwell und an einem chinesischen Stand ein Buch über »Space Tourism«.

Messe-Abschluss mit Stanisław Lem

Mein Weg führte mich am Stand der Büchergilde vorbei. Dort konnte ich nicht nur in einer neuen »Solaris«-Ausgabe blättern (dazu gleich mehr), sondern es ging auch ein alter Wunsch in Erfüllung. Vor drei Jahren gab es auf der Leipziger Buchmesse anlässlich der Neuausgabe von Karel Čapeks Klassiker »Der Krieg mit den Molchen« (einer der wenigen tschechischen SF-Romane, die ins Deutsche übersetzt wurden, wenn nicht sogar der einzige) ein dazu passendes Plakat, das dort allerdings nur als Deko diente. Offenbar hatte nicht nur ich deswegen nachgefragt. In Frankfurt konnte man das Plakat jetzt kaufen. Die fünf Euro habe ich gerne ausgegeben.

Die Büchergilde stellte in einem Frankfurter Hotel eine neue, illustrierte Ausgabe von   Stanisław Lems Roman »Solaris« vor.

Zurück zu Lem. Mit ihm endete mein Messe-Aufenthalt. Am Sonnabendabend wurde in einem Hotel in der Frankfurter Oststadt eine neue illustrierte Ausgabe von »Solaris« anlässlich seines 100. Geburtstags vorgestellt. Die Illustratorin Anna Stähler, die für die Herstellung zuständige Büchergilde-Mitarbeiterin Cosima Schneider und der Filmkritiker und Podcaster Wolfgang M. Schmitt kamen zu Wort. Dazwischen las Helge Heynold mit beeindruckender Stimme Auszüge aus dem Roman. Interessant waren vor allem die Einblicke in den Herstellungsprozess und Infos über die verwendeten Materialien. Der Umschlag zum Beispiel besteht aus einem für Schutzkleidung entwickelten Kunststoff, der für eine besondere Haptik sorgt. Stählers minimalistischen Schwarz-weiß-Zeichnungen kontrastieren mit der farbigen Sprache des Autors. Es war ein gelungener Abschluss. Dass ich mir ein Exemplar sicherte und von der Illustratorin signieren ließ, versteht sich von selbst.

Das einzige andere Buch, das ich in Frankfurt erwarb, ist »Was Sie schon immer über Aliens wissen wollten und bisher nicht zu fragen wagten« von Arthur M. Lahn aus dem Golkonda-Verlag. Die Hoffnung, dort den zweiten Teil der »Rosewater«-Trilogie von Tade Thompson erwerben zu können, zerschlug sich. Das Buch erscheint erst im November.

Hat dir der Beitrag gefallen? Es würde mich freuen, wenn du mir ein Feedback gibst und dafür die Kommentarfunktion am Ende des Beitrags nutzt.

Mit SF die Welt retten

Das Jahr ist noch lange nicht zu Ende, aber das Science Fiction Jahr 2021 ist schon da. Schwerpunktmäßig befasst sich der Jahresband mit dem Klima. Aber es kommen auch andere Themen zur Sprache.

Melanie Wylutzki/Hardy Kettlitz (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 2021. Hirnkost-Verlag Berlin. 28 Euro. ISBN: 978-3-949452-12-3 (auch als E-Book erhältlich).

Die Herausgeber Melanie Wylutzki und Hardy Kettlitz haben sich echt ins Zeug gelegt. Das Science Fiction Jahr 2021 ist superfrüh erschienen und wieder hochinteressant. Einmal aufgeschlagen, konnte ich das voluminöse Jahrbuch kaum weglegen und habe an einem Wochenende fast jede freie Minute damit verbracht. 

Der Schwerpunkt »Klima in der SF« war aufschlussreich, informativ und inspirierend. Er hat mir mehr gebracht als die Schwerpunkte vergangener Jahre; ich muss doch den einen oder anderen Aldiss- oder Ballard-Roman, den ich vor Jahrzehnten gelesen habe, wieder in die Hand nehmen. Passenderweise ist dieses Mal die Erde auf dem Cover zu sehen. Das Klima und der Klimawandel betreffen uns alle unmittelbar.

Manches fand ich allerdings zu verkopft, zu elitär. Wenn in dem Beitrag »Solarpunkt oder Wie SF die Welt retten will« von Wenzel Mehnert die Frage aufgeworfen wird, »ob Solarpunk nicht selbst als präemptive Kommodifizierung kapitalistischer Eskapismus-Phantasien zu lesen ist«, komme ich mir vor wie in einem literaturwissenschaftlichen Seminar. 

Aus der Seele gesprochen hat mir Simon Spiegel mit seiner Kritik an Dietmar Daths monumentaler »Niegeschichte«. Es hat mich sehr amüsiert, wie er einige Sätze daraus auseinandergenommen hat, um den Grad ihrer Verschwurbelung offenzulegen. Wenn Dath von SF erzählt, das habe ich bei einigen Gelegenheiten erlebt, redet er ganz verständlich. Warum schreibt er bloß immer so anstrengend?

Als langjähriger Lem-Leser haben mir die Würdigungen zu dessen100. Geburtstag natürlich gut gefallen, allen voran Karlheinz Steinmüllers Schilderung, wie er 1976 in Krakau eine polnische Ausgabe der  »Summa Technologiae« erstand. Solche Erlebnisse sind das Salz in der Suppe jedes SF-Liebhabers.  Ganz im Sinne des Polen setzt sich ein zweiter Beitrag mit dem »IV. Inter-Intelligenz-Symposium zur Lemologie im Jahr 2171« auseinander. Sehr amüsant.

Mehr Iwoleit, bitte

Beeindruckt hat mich mal wieder Udo Klotz’ umfassende Rückschau auf die deutschen SF-Romane des vergangenen Jahres. Von ihm werde ich regelmäßig daran erinnert, was ich alles noch lesen sollte, aber nie schaffen werde. Seine Kritik könnte aber ruhig etwas pointierter ausfallen. Etwas mehr Iwoleit, sozusagen. Ehrlich gesagt, ein wenig vermisse ich Michael K. Iwoleits Kurzgeschichten-Reviews schon (aber nicht, weil er mich darin mal als talentierten Hobbyautor und meine Sprache als »sauber, schörkellos und präzise« gelobt hat). Seine gnadenlosen apodiktischen Rundum- und Tiefschläge waren immer höchst lesenswert und forderten Widerspruch heraus (und oft hatte er recht, oder?). Ein wenig Orientierung im Anthologie-Wust wäre schon hilfreich.

Wie immer ist das SF-Jahr randvoll mit Buch-, Film-, Comic- und Game-Besprechungen, und auch die Liste der wichtigsten SF-Preise einschließlich der russischen fehlt nicht. Der traurigen Pflicht, in Nachrufen an die Gestorbenen zu erinnern, kommen die Herausgeber ebenfalls nach. Umfangreich wie immer (70 klein bedruckte Seiten) ist die Aufzählung der Neuerscheinungen. Hier wünsche ich mir allerdings, dass auf den ersten Blick zu erkennen ist, ob es sich um eine deutsche Originalausgabe oder um eine Übersetzung handelt. 

Das Jahrbuch sollte bei jedem engagierten SF-Fan im Regal stehen, keine Frage. Mich stört nur eins: dass ich jetzt so lange auf die Ausgabe 37warten muss. Zum Glück werden genügend gute Bücher vorgestellt, die das Warten erträglich machen. 

Übrigens: Wer das SF-Jahr abonniert, hilft nicht nur mit, dieses Projekt am Leben zu erhalten, sondern spart auch noch (Infos auf der Verlagsseite).

Hat dir der Beitrag gefallen? Es würde mich freuen, wenn du mir ein Feedback gibst und dafür die Kommentarfunktion am Ende des Beitrags nutzt.