Roboter, Zeitreise und mehr

nova22Nova. Science-Fiction-Fiction-Magazin. 22. Ausgabe. Nova-Verlag, Bad Zwesten. Paperback. ISSN 1864-2829, 168 Seiten. 9,80 Euro.

Nova heißt eines von zwei regelmäßigen erscheinenden Magazinen, die deutsche Science-Fiction-Kurzgeschichten veröffentlichen. Jetzt gibt es die 22. Ausgabe, eine bunte Mischung aus sieben unterschiedlichen Geschichten, daruner eine Übersetzung, sowie einer Rezension und einigen Nachrufen. Das Spektrum ist breit. Es geht um Zeitreise, um virtuelle Welten, um die ferne Zukunft der Erde. Außerirdische kommen nicht vor, Raumfahrt nur am Rande. So unterschiedlich die Themen, so unterschiedlich ist die Qualität der Beiträge.
Stilistisch und sprachlich ragt »Der mechanische Dybbuk« von Michael Marrak heraus, der dritte Teil eines Novellen-Zyklusses (Teil 1 und 2 erschienen in den vorhergehenden Nova-Ausgaben). Er spielt in einer fernen Zukunft der Erde, in einer Welt, in der Maschinen beseelt und Menschen rar geworden sind. Marrak beweist wieder einmal, warum er zur Crème de la Crème der Science-Fiction in Deutschland gehört.
Die ganze Routine eines alten Hasen merkt man der Geschichte »Credo« von Mike Resnik an. Der Amerikaner lässt den Haushaltsroboter eines Pfarrers die Bibel entdecken: Der Roboter findet seine Seele, der Pfarrer verliert seinen Glauben.
Drei Geschichten überzeugen nicht: »Die silberne Dose No. 2« von Guido Seifert, »Smithie & Archie« von Sami Salamé und »Die Fukushima-Kriege« von Marian Ehret.

(Ostfriesen-Zeitung, 31.01.2014)

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Eine faszinierende Welt im Dauerregen

vilmKarsten Kruschel: VILM1 – Der Regenplanet (220 Seiten, 12,95 Euro); VILM 2 – Die Eingeborenen (226 Seiten, 12,95 Euro); VILM 3 – Das Dickicht (310 Seiten, 12,95 Euro). Wurdack-Verlag.

Die rund 750 Seiten der VILM-Trilogie von Karsten Kruschel lassen sich einfach zusammenfassen: Es ist das Beste, was in den letzten Jahren an deutscher Science-Fiction erschienen ist.

Erstens: Kruschel geht spielerisch mit der Sprache um. Sie ist bildhaft und einfallsreich und immer erzählerisch. Sein Stil ist Lichtjahre entfernt von der klischeebeladenen Ausdrucksweise vieler Genre-Kollegen. Zweitens: Das Szenario ist originell und vielschichtig, der Einfallsreichtum verblüffend, das Personal skurril. Drittens: Kruschel bedient die Erwartungshaltung von SF-Lesern nicht. Seine Protagonisten sind anders als die »Helden«, die sonst auf fremden Planeten stranden. Die drei Romane spielen auf dem Planeten Vilm, auf dem es immer regnet. Benannt ist er nach einem Riesenraumschiff, das dort abstürzt. Die Gestrandeten haben kaum mehr zum Überleben als einen großen Haufen Schrott.

Im klassischen SF-Roman würde nun die fremde Welt erkundet und erobert, oder die Protagonisten müssten ums Überleben kämpfen, bis sie siegen, untergehen oder Hilfe kommt. Aber auf Vilm passen sich die Menschen der Natur an, die zwar deutlich merkwürdiger, aber nicht gefährlicher ist als der Regenwald am Amazonas. Die Kinder der Schiffbrüchigen gehen eine faszinierende geistige Symbiose mit den hundeähnlichen Eingesichtern ein, werden zu einer Person in zwei Körpern und mehr und mehr wahre Geschöpfe des Planeten.

Der hat viele Geheimnisse zu bieten, vor allem das Riesengestrolch. Das ist ein Dickicht, das den Äquator umspannt und Begehrlichkeiten bei den Außervilmischen weckt. Die eigenwilligen Vilmer sind aber gewitzt genug, sich alle vom Hals zu halten. Nur den Leser nicht.

(Ostfriesen-Zeitung, 31.05.2013)

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SF-Elemente dienen nur als Staffage

schiffsdiebePaolo Bacigalupi: Schiffsdiebe. Heyne-Verlag. ISBN 978-3-453-53445-2. 352 Seiten, 8,99 Euro.

Nach seinem Debütroman »Biokrieg« wurde Paolo Bacigalupi begeistert als neuer Stern am Science-Fiction-Himmel gefeiert. Aber in seinem Buch »Schiffsdiebe«, erster Band einer Trilogie und jetzt als Taschenbuch erschienen, sind die SF-Elemente nur Kulisse, Staffage, auch wenn die Handlung in einer nicht allzu weit entfernten, düsteren Zukunft in der vom Klimawandel zerstörten Gegend um New Orleans spielt und Halbmenschen – genmanipulierte Mischwesen aus Mensch, Hund und Tiger – durch die Gegend laufen.

Held des Romans ist Nailer. Der Junge schlachtet Tankerwracks aus, die an der Küste von Louisiana gestrandet sind. Eines Tages trifft er auf die reiche »Bonzentusse« Nita und flieht mit ihr und dem Halbmenschen Troll vor seinem gewalttätigen Vater, der das Mädchen an Organhändler verschachern will.

In »Schiffsdiebe« geht es darum, wie ein Mensch Anstand in einer Welt voller Gewalt und Verrat bewahrt, es geht um Loyalität und den Traum von einem besseren Leben. Das Thema ist bekannt, und der Amerikaner fügt dem keine neuen Aspekte hinzu. »Schiffsdiebe« könnte genauso gut bei Elektroschrott-Sammlern im heutigen Afrika spielen oder während der Frühphase der Industrialisierung in Europa. Bacigalupis düstere Zukunftsversion ist auch eine Mahnung, mit der Welt sorgsam umzugehen. Aber wo diese Themen direkt angesprochen werden, ist der Ton belehrend und die Dialoge wirken aufgesetzt.

»Schiffsdiebe« ist gut geschrieben und unterhaltsam. Aber wer einen wirklich guten SF-Roman lesen will, sollte sich nach etwas anderem umsehen.

(Ostfriesen-Zeitung, 28.06.2013)

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