Die Maschine hält an

Der Engländer Edward Morgan Forster (1879-1970) gilt wegen seiner Erzählung »The Machine Stops« von 1909 als einer Vordenker des Internets und Erfinder des Chattens. Darin skizziert er ein globales Kommunikations- und Informationsnetz. Noch Mitte der 1960er Jahre wurde »The Machine Stops« – zu recht – zu den wichtigsten SF-Erzählungen gezählt.

Auf Grund einer Empfehlung habe ich mir die leicht im Internet auffindbare Erzählung besorgt. Sie ist allerdings auf Englisch. Eine deutsche Übersetzung hat es 2005 in der Reihe der Schriften und Materialien der Phantastischen Bibliothek Wetzlar gegeben.

Zum Inhalt: »The Machine Stops« spielt in einer fernen Zukunft. Die Menschen leben unter der Erde, jeder für sich in einer Zelle, weil die Erdoberfläche angeblich nicht mehr bewohnbar ist. Für das leibliche und geistige Wohl sorgt die Maschine. Die Menschen müssen und können sich um nichts mehr selbst kümmern. Ihre Wohnräume, die sich alle bis ins Detail gleichen, müssen sie nur noch verlassen, wenn sie mit  schnellen Luftschiffen zu weit entfernten Orten reisen, was sie möglichst vermeiden. Soziale Kontakte beschränken sich auf die technische Kommunikation per Videochat mit Tausenden von Menschen weltweit, körperliche Kontakte sind tabu.

Eines Tages erhält die Wissenschaftlerin Vashti einen Anruf von ihrem Sohn Kuno, den sie seit seiner Geburt nicht mehr persönlich gesehen hat. Er fordert sie auf, zu ihm zu kommen, weil er ihr etwas von Angesicht zu Angesicht mitteilen will. Zunächst empfindet sie es als Zumutung, deswegen ihre Wohnzelle zu verlassen, und weigert sie sich. Schließlich besteigt sie voller Unbehagen aber doch ein Luftschiff.

Ihr Sohn offenbart ihr, dass er heimlich an die Oberfläche der Erde gestiegen ist und dort Menschen gesehen hat. Nun droht ihm die »Heimatlosigkeit«, die Verbannung aus der unterirdischen Welt an die lebensfeindliche Oberfläche. Für Vashti ist Kunos Verhalten ein Sakrileg. Sie kehrt in ihre Zelle zurück und bricht den Kontakt ab.

Jahre später meldet sich Kuno erneut mit der rätselhaften Behauptung »Die Maschine hält an« bei seiner Mutter. Schon die Vorstellung, dass die Maschine anhalten könnte, ist für Vashti unverständlich, und selbst als die ersten Ausfallerscheinungen auftreten, wollen die Menschen es nicht wahrhaben. Aber nach und nach versinkt die Welt in Chaos, weil nichts mehr richtig funktioniert. Schließlich bricht die Luftversorgung zusammen und die Menschen ersticken in ihren unterirdischen  Städten.

Kritik

Für die Zeit ihres Erscheinens im Jahr 1909 ist »The Machine Stops« eine moderne, gut geschriebene, sehr weitsichtige Erzählung. Forster schildert präzise die Folgen der zunehmenden Abhängigkeit von Technik und warnt vor der quasireligiösen Verehrung, die sie zwangsläufig erfährt. Seine Botschaft, die er Kuno in den Mund legt: Der Mensch verliert den Bezug zu sich selbst, wenn er alles Heil in der Technik sieht.

Dieser technikkritische Ansatz ist für die Bewertung der  Erzählung meines Erachtens wesentlich wichtiger als der oben angeführte Bezug zum Internet. Das spielt in der Erzählung nur am Rande eine Rolle. Forster erfindet ja nicht das World Wide Web, sondern denkt einfach nur vorhandene Technik weiter. Er selbst nennt es Telefonie, und mehr ist es auch nicht. Schon eher könnte man Forster als Erfinder von Facebook sehen: Die Menschen haben Tausende Freunde und  tauschen sich »elektrisch« mit ihnen über alles Mögliche aus, und das meiste davon ist völlig belanglos.

Das Ausgangsszenario von  »The Machine Stops« – eine isolierte, technische Zivilisation, in der der Mensch seine Individualität verloren hat und das Betreten der nicht überwachten Erdoberfläche verboten ist – hat in der SF viele Nachahmer gefunden. Spontan fallen mir »Logan’s Run« von William F. Nolan und der Film »Die Insel« mit Scarlett Johansson und Ewan McGregor ein. Aber im Unterschied zu den Epigonen gibt es bei Forster kein Happy End, nicht einmal einen Hoffnungsschimmer.  Die Welt von Vashti und Kuno vergeht in einer Katastrophe, die keiner überlebt.

Musik von Hawkwind

Forsters Story hat auch Widerhall in der Musik gefunden. 2016 veröffentlichte die Spacerock-Band Hawkwind (»Silvermachine«) das Konzeptalbum »The Machine Stops« und verweist dabei auf ihrer Homepage ausdrücklich auf Forster als Vorbild.

Wie mit dem Lineal gezogen

Der Abschnitt der Landesstraße 8 (Auricher Straße) zwischen Esens und Brill im Landkreis Wittmund ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das längste schnurgerade Straßenstück in Ostfriesland. Von der Kreuzung mit der Marienkamper Straße/Zum Drosten Tor in der Ortsmitte von Esens und der Kurve unweit der Haus-Nummer 202 in Brill in der Nähe der Grenze zum Landkreis Aurich sind es laut Google Map 8,48 Kilometer wie mit dem Lineal gezogen.

Schnurgerade über fast neun Kilometer verläuft die Landesstraße 8 zwischen Esens und Brill.

Vermutlich ist das Lineal tatsächlich zum Einsatz gekommen, als die Preußen sich im 18 und 19. Jahrhundert daran machten, die Infrastruktur ihrer Provinz auf Vordermann zu bringen Der Straßen- bzw. Chausseeplaner hat einfach eine Karte genommen und eine Trasse quer durch das Gelände gezogen. Er musste auf niemanden Rücksicht nehmen.  Die betroffenen Gebiete waren fast menschenleer, Naturschutz war unbekannt. Öffentliche Verfahren wie heute mit Planfeststellungsbeschluss, Anhörung etc. gab es damals nicht, von Protest und Widerstand ganz zu schweigen.

Auch eine ganze Reihe anderer Straßenabschnitte in Ostfriesland sind so auffällig gerade. Die Bundessstraße 210 zwischen Aurich-Ogenbargen und Wittmund übertrifft die L 8 mit 10,5 Kilometern eigentlich sogar noch, aber in Höhe des Bundeswehrflugplatzes Wittmundhafen ist ein ganz leichter Knick.  Der längere, östliche Abschnitt bringt es auf sieben Kilometer. Etwa genauso lang ist die Dornumer Straße zwischen Tannenhausen und Westerholt.  Schnurgerade verlaufen auch die Bundesstraßen zwischen Bagband und Hesel (vier Kilometer) und zwischen Georgsheil und Marienhafe (5,5 Kilometer). Weitere Beispiele aus der Moorerschließung: der Linienweg in Holtriem (sieben Kilometer), die Kanalstraße Süd zwischen Ostgroßefehn und Wilhelmsfehn (7,4 Kilometer, und man darf nur 50 fahren).

An manchen Stellen hat der moderne Straßenbau allerdings dafür gesorgt, dass die Gerade im Gelände nicht so augenfällig ist. In Esens etwa unterbricht ein Kreisel die Sichtlinie der L 8. In voller Länge kann man die Strecke ohnehin nicht überblicken. Dazu ist meistens zu viel Dunst in der Luft.

So lange gerade Strecken finden sich auch in anderen ehemals preußischen Provinzen, etwa im heutigen Ostwestfalen. Die Bundestraße 61, die vom Bielefelder Stadtteil Brackwede nach Gütersloh führt, bringt es auf diesem Abschnitt – laut Karte – auf fast elf Kilometer, und in der direkten Verlängerung auf der anderen Seite von Gütersloh sind es noch einmal 6,4 Kilometer bis Wiedenbrück.

Die Strecke zwischen Brill und Esens, um noch mal auf den Ausgangspunkt dieser Betracht zurückzukommen, hat wenig zu bieten; man fährt dort lang, wenn man zur Küste will. Ab und zu ein Haus, viel Grünland, Brache,  hier und da ein Gebüsch oder ein Wäldchen, das ist alles.  Die kleine Ortschaft Dunum, die mindestens seit dem Hochmittelalter besteht, liegt ein ganzes Stück abseits. Ein Waldstück verdeckt die direkte Sicht darauf. Etwa auf halber Strecke wird das Benser Tief überquert, ein Gewässer, das bei Bensersiel ins Wattenmeer mündet und dort ins Benser Außentief übergeht. Belebter wird es an der Straße erst ab der Ortschaft Neufolsterhausen unmittelbar vor den Toren von Esens.

Ein Rückblick fast ohne Wehmut

station
Der Bahnhof von Santa Fe

Zeit für einen Rück- und Ausblick: Vor einem Jahr habe ich eine Reise nach Santa Fe in New Mexico unternommen und darüber in einem Reiseblog geschrieben. Den vorerst letzten Eintrag in diesem Blog – ein Rück- und Ausblick – findet ihr hier:
http://neumexiko.blogspot.com/2014/10/ein-jahr-danach.html