Auf der Buchmesse in Leipzig habe ich Andreas Brandhorst getroffen. Er hat dort seinen neuen Roman »Die Tiefe der Zeit« vorgestellt und anschließend signiert. Das war eine gute Gelegenheit, mit ihm ein paar Worte zu wechseln. Denn Andreas Brandhorst ist am 6. Oktober einer der Gäste meiner Veranstaltung »Hinterm Mond 2018 – 2. Tag der Science-Fiction-Literatur in Ostfriesland« im Kulturspeicher in Leer (Infos gibt es hier). Anfang Oktober soll sein nächster Roman erscheinen, und vielleicht wird seine Lesung in Leer die Weltpremiere.
Schlagwort: Lesung
Mit dem Geistreisenden in Kettwig und anderswo
Axel Kruse: Geschichten eines Geistreisenden
Begedia Verlag, Mülheim an der Ruhr 2016
180 Seiten, 15,90 Euro.
ISBN 978-3-95777-076-9
Gibt es auch als E-Book.
Es gibt etwas Neues aus Joaquins Bar, der geheimnisvollen Kneipe irgendwo in der Nähe der Kirche von Essen-Kettwig, dessen Wirt ein begeisterter Anhänger von Verschwörunstheorien ist. Axel Kruse unterhält uns in seinem jüngsten Werk mit »Geschichten eines Geistreisenden«. Dafür ist der SF-Autor seinem langjährigen Stammverleger Michael Haitel (p.machinery) untreu geworden. Das Buch ist im Begedia-Verlag von Harald Giersche erschienen.
Der Geistreisende ist Thomas, ein alter Schulfreund des namenlosen Ich-Erzählers, den dieser nach einem Klassentreffen mit in Joaquins Bar schleppt. Dort erzählt Thomas seine Geschichte. Er ist in seinem Leben mehrfach gestorben und stets am selben Tag in der Vergangenheit als etwa 13-jähriger Jugendlicher wieder aufgewacht. Jedesmal ist die Welt, in die er geraten ist, anders als die, in die er geboren wurde, und die, die er gerade – meist nach einem Herzinfarkt kurz vor seinem 50. Geburtstag– verlassen hat. Einmal sind die Veränderungen nur klein, ein anderes Mal entwickelt sich die Welt und damit das Leben von Thomas in eine völlig andere Richtung. Er erlebt die Folgen eines terroristischen Anschlags auf Atomkraftwerke, wacht im Nachkriegs-Nazideutschland auf, reist mit dem Raumschiff durchs All und verliebt sich mehrfach in ein Mädchen namens Lisa.
Das alles wird in typischer Axel-Kruse-Manier ideenreich, lebhaft und lebensnah geschildert. Er ist kein Stilist, kein Wortkünstler, kein Satzbaufrickler, sondern erzählt gerade heraus Geschichte, als habe er sie selbst erlebt. Seine Protagonisten sind robuste Persönlichkeiten, die ihren Mann stehen und sich nicht unterkriegen lassen. Psychologie ist nicht Axel Kruses Stärke; das macht die Figuren mitunter statisch. Thomas, der Geistreisende, erscheint innerlich von seinem Schicksal kaum berührt, er ist auch nach dem x-ten Wiedererwachen der, der er am Anfang war. Fragen nach den Auswirkungen der ständigen Wiederauferstehung auf die Psyche des Geistreisenden geht Axel Kruse konsequent aus dem Weg.
Viel Biografisches
Aber wir erwarten auch keinen Entwicklungsroman, sondern wollen Abenteuergeschichten lesen. Da werden wir von Axel Kruse gut bedient. Wer ihn kennt, weiß, dass immer viel Biografisches in seine Geschichten einfließt; vielleicht ist das das Geheimnis des Kruse-Stils. Sein Lieblingsurlaubsort Sreser in Kroatien kommt vor, seine Heimatstadt Essen-Kettwig sowieso und so manche Begebenheit aus seinem Leben hat ihren Platz gefunden. Dass der Verschwörungstheoretiker Joaquin eine Reminiszenz an seinen Vater ist, weiß jeder, der sich schon mal mit Axel unterhalten hat oder eine seiner Lesungen besucht hat.
Formal handelt es sich bei den »Geschichten eines Geistreisenden« nicht, wie man vermuten könnte, um eine Ansammlung von Kurzgeschichten, sondern um eine zusammenhängende Erzählung. Es gibt eine Rahmenhandlung – zwei Männer sitzen in einer Kneipe und unterhalten sich -, in die als Rückblicke Episoden aus den vielen Leben eines der beiden Männer eingestreut sind. Zwischen den einzelnen Episoden serviert Wirt Joaquin nicht nur frisch gezapfte Biere, sondern auch immer neue Verschwörungstheorien. Etwas irritierend ist der Umstand, dass es zwei Ich-Erzähler gibt, die sich im Erzählton nicht von einander unterscheiden.
Mir hat der Geistreisende gefallen, besser als die vorherige Veröffentlichung »Glühsterne«.
Fürchterlicher Umschlag
Was mir nicht gefallen hat, ist der Buchumschlag. Er ist fürchterlich: ein mit einem billigen Solarisationsfilter verfremdeter Schnappschuss des Autors an einer Kneipentheke, auf das eine Silhouette gepappt wurde, als Titelbild, schmutzige Farben und eine Kinderschrift. Dass auf der Rückseite als Hintergrund ein Bild des Grafikers Crossvalley Smith verwendet wurde, und zwar das Covermotiv des ersten Geschichen-aus-Joaquins-Bar-Bandes von 2013, ist mir nur aufgefallen, weil es im Impressum steht; man erkennt es nur schemenhaft. Da soll noch mal einer Selfpublisher für selbstgemachten Cover geißeln. Dabei kann es der Begedia-Verlag erwiesenermaßen besser.
Links
Geschichten aus Joaquins Bar von 2013 bei p.machinery
Mein Abend im Second Life
Mein erster Auftritt im Second Life ist vorbei. Das war ein tolles Erlebnis in einer ungewöhnlichen Umgebung.
Ich habe beim FdL 2016 (Festival der Liebe) meine beiden Kurzgeschichten »Der Zeitreisende, der zu spät kommt« und »Kurze Unterbrechung« in einem coolen Bühnenbild von Bastian Barbosa (danke!) gelesen. Es waren um die 25 Zuhörer da, viele in fantastischen bis bizarren Avataren. Den meisten hat es wohl gefallen, ich bekam jedenfalls viel »APPLAUSE« und »BRAVO«. Einen Eindruck davon vermittelt dieses Bild von BukTom Bloch, der in seinem Blog noch mehr Bilder von dem Event gepostet hat. Ich selbst konnte ja keine Fotos aufnehmen, musste schließlich lesen. Continue reading „Mein Abend im Second Life“