Ein Tag mit Perry Rhodan in Osnabrück

Beschreibung Hier geht’s lang zum 1. Perry-Rhodan-Tag in Osnabrück.
Hier geht’s lang zum 1. Perry-Rhodan-Tag in Osnabrück.

Dies ist mein Post zum 1. Perry-Rhodan-Tag 2015 in Osnabrück.

Vor vielen, vielen Jahren war ich mal beruflich auf einer Tagung von Briefmarkensammlern. Die Philatelisten warfen da mit Michel-Nummern (Michel ist der Name eines Verlags, der Briefmarkenkataloge herausgibt) und Ausdrücken wie Plattenfehler, Fehlfarben, Zähnung oder Bogenrändern nur so um sich. Da versteht man als Außenstehender nicht mal Bahnhof. So ähnlich ist es mir bei einigen Gesprächen gegangen, denen ich am 16. Mai auf dem 1. Perry-Rhodan-Tag in Osnabrück gelauscht habe. Dabei bin ich nicht mal Außenstehender, sondern Altleser (seit 1970). Aber ich gehöre zu den Leuten, die sich lieber die Briefmarken ansehen bzw. – um jetzt endgültig ins Perryversum zu wechseln – eine gute Geschichte lesen wollen.

Zum Glück gab es auch andere Gespräche, weil es den meisten Perry-Rhodan-Fans und den (anwesenden) Autoren erst einmal egal ist, ob die Maahks mit Transitions- oder Lineartriebwerken durch die Milchstraße gondeln, und nicht jeder unfallfrei aus dem Gedächtnis aus Heft 264 (erschienen 1966) referieren kann (mehr Infos zu diesen Themen findet man in der Perrypedia, der Wikipedia der Perry-Rhodan-Serie).

Vielverspechendes Programm

Den Perry-Rhodan-Tag im Haus der Jugend in Osnabrück hat die Perry-Rhodan-Fanzentrale (PRFZ) organisiert, ein eingetragener Verein. Das angekündigte Programm und die Gästeliste waren vielversprechend, und nach meinem ersten Ausflügen ins Science-Fiction-Fandom (etwa beim Dortcon 2015) war das von zu Hause nur 150 Kilometer entfernte Osnabrück ein nahe liegendes Ziel.

Helmut Keßer (Mitte) - hier im Gespräch mit Arndt Ellmer (links) und Klaus Bollhöfener - war einer der Organisatoren des 1. Perry-Rhodan-Tags in Osnabrück.
Helmut Keßer (Mitte) – hier im Gespräch mit Arndt Ellmer (links) und Klaus Bollhöfener – war einer der Organisatoren des 1. Perry-Rhodan-Tags in Osnabrück.

Der Auftakt war etwas behäbig. Herbert Keßel, einer der Mitorganisatoren, unterhielt sich mit den Ehrenmitgliedern der Fanzentrale, dem Autor Wolfgang Kehl alias Arndt Ellmer und Perry-Rhodan-Marketingchef Klaus Bollhöfener. So richtig kam das Gespräch nicht in die Gänge. Immerhin erfuhren wir, dass in einigen Wochen wohl wieder ein Arndt-Ellmer-Roman in der Perry-Rhodan-Erstauflage erscheinen wird. Ganz zum Erliegen kam die Unterhaltung, als auf die große Leinwand zuerst ein Video und anschließend eine Reihe von Fotos geworfen wurden, die bei der Überreichung der Ehrenurkunde durch Herbert Keßler und PRFZ-Vorsitzenden Peter Dülp im Garten der Familie Kehl in Herrischried-Hogschür im Schwarzwald gemacht worden waren. Ich fand es etwas peinlich, dass die beiden für die Urkunde nicht einmal einen preiswerten Wechselrahmen spendiert hatten, sondern Arndt das Stück Papier so in die Hand drückten.

Das Ende habe ich mir geschenkt und noch die letzten zehn Minuten des Vortrags von Ralf Boldt über die Ökonomie bei Perry Rhodan angehört. Sein Fazit hat mich nicht überrascht: Im 16. Jahrhundert Neuer Galaktischer Zeitrechnung (51. nachchristliches Jahrhundert) wird noch genauso kapitalistisch gewirtschaftet wie in der Realgegenwart, nur dass der Euro dann Galax heißt.

Ein paar erste Sätze

Hartmut Kasper alias Wim Vandemann, der Expokrat, der viel erzählt, aber nichts verrät.
Hartmut Kasper alias Wim Vandemann, der Expokrat, der viel erzählt, aber nichts verrät.

Der nächste Programmpunkt im Großen Saal war besonders viel versprechend: »Wie man eine verdammt gute STELLARIS-Story schreibt. Die Teilnehmer an diesem Programmpunkt schreiben ein Kurz-Expo für eine mögliche STELLARIS-Story und eine Einleitung. Diese Entwürfe werden besprochen.« Stellaris, für alle Nicht-PR-Leser, ist eine Kurzgeschichten-Reihe, die alle acht Wochen in den Perry-Rhodan-Heften erscheint und schon einigen Nachwuchsautoren den Weg ins Perryversum geebnet hat. Bei diesem Programmpunkt saßen Hartmut Kasper alias Wim Vandemaan, der die Reihe betreut, sowie die Autoren Gerhard Huber, Dieter Bohn und Michelle Stern (i. e. Stefanie Jahnke) auf dem Podium.

Na ja, das mutmaßliche Schreibseminar beschränkte sich mehr oder weniger darauf, dass Hartmut nach Aufforderung eine Handvoll erster Sätze für eine Stellaris-Story zugerufen wurde, und er dann einen längeren, nicht uninteressanten Monolog zum Thema erste Sätze hielt, um anschließend zu fragen, welcher der zugerufenen Sätze im Gedächtnis geblieben war. Mir ist vor allem im Gedächtnis geblieben, dass Hartmut ein belesener, ideen- und kenntnisreicher Unterhalter ist, von dem man in fünf Minuten mehr lernen kann, als von anderen an zwei Tagen, aber man es neben ihm schwer hat, zu Wort zu kommen. Vielen Dank übrigens an Hartmut für diesen Buchtip: F. C. Delius, Der Held und sein Wetter: ein Kunstmittel und sein ideologischer Gebrauch im Roman des bürgerlichen Realismus.

Dann war schon Mittagspause, die zum Glück so lang war, dass ich nicht nur in Ruhe lecker essen konnte, sondern auch das gemacht habe, was jeder Osnabrück-Besucher tun sollte: Pralinen bei Leysieffer in der Krahnstraße kaufen. Vom Haus der Jugend sind das nur drei, vier Minuten zu laufen.

Nach der Mittagspause habe ich nur kurz in den Programmpunkt »Lesetante trifft Leseonkel«, bei dem die Betreuerin der Leserbriefseite von Perry Rhodan, Michelle Stern, sich mit ihrem Vorgänger Arndt Ellmer unterhielt, sowie in die Lesung von Tobias Tantius reingehört. Danach gab es eine Gesprächsrunde über die Verbesserung der Zusammenarbeit im Fandom, und im Schlepptau von Klaus Bollhöfener bin ich anschließend nach nebenan in die Ausstellung mit Titelbild-Originalen und Innenillustrationen von Alfred Kelsner gekommen.

Ich habe jetzt einen Original-Kelsner

Der Künstler und sein Bild: Alfred Kelsner mit der Innenillustration zu Perry Rhodan 1847.
Der Künstler und sein Bild: Alfred Kelsner mit der Innenillustration zu Perry Rhodan 1847.

Alfred, der sein erstes Titelbild 1996 für Perry-Rhodan-Nr. 1800 ablieferte, ist der Einzige unter den PR-Zeichnern, derausschließlich mit der Hand malt und seine Vorlagen für Titelbilder und Innenillustrationen dem Verlag auf Papier schickt. Alle anderen zeichnen am Computer. Mir hat Alfred erzählt, dass er das auch kann. Davon konnte ich mich überzeugen, als er mir in dem Bildband »PERRY RHODAN-Illustrator Alfred Kelsner. Space Art – Phantastische Welten« einige Bilder historisch anmutender Rennwagen zeigte. »Die habe ich mit Paint von Windows XP« gemalt, sagte er. Respekt. Paint ist ein ganz simples Malprogramm, das zur Windows-Grundausstattung gehört.

Ich habe eine Originalzeichnung von Alfred Kelsner erstanden, die Innenillustration zu Perry-Rhodan-Band 1847 (»Im Bann des Philosophen«). Es zeigt ein Raumschiff, eine Space-Jet, vor dem Kulisse des Kilimandscharo.

Kelsners Zeichnerkollegen Sven Papenbrock und Dirk Schulz sind – entgegen der Ankündigung – nicht aufgetaucht.

Stellaris war noch einmal Programmpunkt: Stefan Barton, der sich als Comiczeichner Conrad Schuebarg nennt (oder ist es umgekehrt?), erzählte, wie seine beiden Titelbilder für die Stellaris-Reihe entstanden sind. Besonders interessant fand ich, dass er für »Absolute Finsternis« (Stellaris 28) – das Bild zeigt die Raumschiffkommandantin aus der Vogelperspektive in einem Raum, bei dem der Schwerkraftvektor um 90 Grad gekippt ist – zunächst von seiner Frau ein 3D-Modell machen ließ, um es dann mit Bleistift zu zeichnen. Das Endergebnis kann man sich hier ansehen.

Die »Stellaris«-Kommandantin auf der Tischkante - Zeichner Conrad Schuebarg (i. e. Stefan Barton) erklärt Mitorganisator Gerhard Huber und dem Publikum, wie das Titelbild zur »Stellaris«-Kurzgeschichte 28 (»Absolute Finsternis« von Wim Wandemaaan) entstanden ist.
Die »Stellaris«-Kommandantin auf der Tischkante – Zeichner Conrad Schuebarg (rechts) erklärt Mitorganisator Gerhard Huber und dem Publikum, wie das Titelbild zur »Stellaris«-Kurzgeschichte 28 (»Absolute Finsternis« von Wim Vandemaan) entstanden ist.

Der Fall Tekener

Spannend wurde es, als »Aktuelles aus dem Perryversum« mit Exposé-Chef Wim Vandermaan auf dem Programm stand. Wie immer, gab es Fragen nach dem weiteren Geschehen in der Perry-Rhodan-Serie, und wie immer bei solchen Gelegenheit gab es entweder keine oder sehr kryptische Antworten. Immerhin ließ sich Wim entlocken, dass die Planung bis Band 2899 (aktuell sind wir bei 2804) schon Heft für Heft steht und das Konzept bis 3000 fertig ist.

»Wir können umbringen, wen wir wollen,
wir machen es immer falsch.«
Arndt Ellmer

Außerdem erfuhren wir, dass grundsätzlich alle Figuren in der Serie mit ihrem Ableben rechnen müssen – außer Perry Rhodan. Es ging dabei um das Ende von Ronald Tekener, seit Jahrzehnten eine wichtige und beliebte Figur im Perryversum, das in Fandom für sehr viel Empörung gesorgt hat. Wim, nach eigenem Bekenntnis selbst seit seiner Kindheit ein Tekener-Fan, konnte aber gut begründen, warum es notwendig und richtig war. Das Problem brachte Arndt Ellmer auf den Punkt: »Wir können umbringen, wen wir wollen, wir machen es immer falsch.«

Überhaupt haben Wims Ausführungen über einzelne Figuren, Handlungsstränge und Schauplätze nicht nur einen Eindruck davon vermittelt, wie Serienentwicklung funktioniert, sondern auch, dass die Verantwortlichen sich sehr viele Gedanken über die Motive, Abläufe und Hintergründe machen. Ich sehe jetzt jedenfalls das eine oder andere in einem etwas anderen Licht.

Alles Neo (von links): Kai Hirdt, Helmut Ritter, Dennis Mathiak und Michelle Stern
Alles Neo (von links): Kai Hirdt, Helmut Ritter, Dennis Mathiak und Michelle Stern.

Zum Schluss gab es einen Ausblick ins Universum von Perry Rhodan Neo. Vor allem Dank Moderator Hermann Ritter und Autor Kai Hirdt (arbeitet gerade an PR Neo 102), der ein paar Mal anscheinend knapp daran vorbeischlitterte, Geheimnisse zu verraten, war das der unterhaltsamste Programmpunkt. Wir wissen jetzt jedenfalls, dass Kai das Zeug zum Missionar hat und er tatsächlich von Tür zu Tür ziehen würde, wenn ihn jemand mit der Kamera begleitet: »Guten Tag, mein Name ist Kai Hirdt und ich möchte mit Ihnen über Perry Rhodan reden.« Dennis Mathiak und Michelle Stern blieben im Vergleich zu diesen beiden Showtalenten etwas blass, zumal sie derzeit nicht an Neo mitarbeiten.

Es muss mehr Pepp her

Jetzt wird es aber Zeit für ein Fazit. Der erste PR-Tag in Osnabrück war ein guter Anfang. Für die noch am Sonnabend angekündigte Neuauflage in zwei Jahren muss das Programm aber mehr Pepp haben. Ratsam ist es, Programmpunkte mit mehreren Beteiligten zu moderieren, damit es keine Ein-Mann-Shows werden. Ich hätte mir für Osnabrück ein paar Lesungen mehr gewünscht (zumal ich Ralf Boldt mit seinem »Temporalanwalt« schon zweimal gehört habe), und es wäre schön, wenn es Angebote gäbe, bei denen sich die Fans direkt miteinander austauschen können. Die Wahl des Con-Ortes ist auf jeden Fall richtig. Dort ist genug Platz, der Kaffee hat gut geschmeckt, und man muss nur aus der Tür fallen – und schon ist man in der Stadt.

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