Wie wir mal einem Grammy-Gewinner beim Pizza-Bestellen halfen

In Mailand haben wir vor einigen Jahren den amerikanischen Songwriter Dennis Matkosky und dessen Frau Leslie getroffen. Jedes Mal, wenn im Radio der Song »Maniac« läuft, muss ich daran denken.

Das Caffè Verdi: Am Tisch rechts haben wir im Juni 2009 gesessen, neben uns die beiden Amerikaner. Die Deko hat sich in mehr als zehn Jahren kaum verändert. Bild: Cattura Production

Viele Leute verbinden mit bestimmten Situationen ihres Lebens Songs, die sie dabei gehört haben – sei es der erste Kuss mit dem heutigen Gatten, der peinliche Abschlussball in der Tanzschule oder ein besonderes Konzert –- und bei dem einem heute noch ein Schauer den Rücken runterläuft. Für mich ist »Maniac« so ein Song, weil er mich jedes Mal, wenn ich ihn höre, an eine besondere Begegnung denken lässt.

Vor mehr als zehn Jahren hatten wir am Ende unseres Italien-Urlaubs einige Stunden Zeit, um uns Mailand anzusehen. Wir waren mittags mit dem Zug aus Piacenza angekommen und mussten erst abends in den Nachtzug steigen. Wir sind auf das Dach des Doms geklettert und durch die Galleria Vittorio Emmanuelle geschlendert. Irgendwann wollten wir eine Kleinigkeit essen und gingen ins Caffè Verdi direkt neben dem berühmten Teatro alla Scala. Das Lokal war (und ist wohl heute noch) ein bisschen ein Trödelladen, denn es gab dort alte Noten, Schallplatten, Fotos, Zeitungen und mehr, und alles lag irgendwie rum. Der Restaurantteil war allerdings abgeteilt, aufgeräumt und musikalisch dekoriert.

Zwei Amerikaner kommen herein

Wir saßen dort an einem kleinen Tisch. Ich sah auf Fotos der Sängerin Maria Callas und des Tänzers Rudolf Nurejew, dazwischen stand eine Beethoven-Büste, und vielleicht wurden wir sogar mit Musik von Verdi beschallt. Links von uns waren zwei weitere Tische. An einem davon nahm wenig später ein Paar Platz. Dass es Amerikaner waren, war unüberhörbar. Sie waren etwa in unserem Alter. Der Padrone überreichte ihnen die Speisenkarte, die, wie schnell offensichtlich wurde, das Paar überforderte. Auch die Kommunikation mit dem Wirt scheiterte: Der eine konnte kein Englisch, die beiden Amerikaner kein Italienisch.

Weil ich Englisch gut und Italienisch ein wenig beherrsche, bot ich meine Hilfe an, die gerne angenommen wurde. Wenn ich mich richtig erinnere, wollte das Paar sich bloß eine Pizza teilen, hatte aber Sonderwünsche beim Belag, was es dem Wirt nicht klarmachen konnte.

Wir kamen ins Gespräch. Die beiden Amerikaner, Dennis und Leslie, machten eine Italien-Rundreise und kamen, glaube ich, gerade aus Rom oder Florenz. Es war offensichtlich, dass sie sich gute Hotels leisten konnten, was mich ein wenig neidisch machte, denn unser Hotel in Piacenza war wirklich nicht der Hit gewesen.

Apropos Hit: Eher beiläufig, als wir uns über unsere Berufe austauschten, erzählte Dennis, dass er einen bekannten Song geschrieben habe, der mit einem Grammy ausgezeichnet worden sei: »Maniac« aus dem 1983er Film »Flashdance«. Natürlich kannten wir den Song, er lief ja auch in Deutschland immer mal wieder im Radio – bis heute.

Grammy ja, Oscar nein

Dann trennten sich unsere Wege. Wieder zu Hause, recherchierte ich. »Maniac« war ein Gemeinschaftswerk von Dennis Matkosky und dem Gitarristen und Sänger Michael Sembello, der den Song interpretierte. Das Lied kam in den USA auf Platz 1 der Billboard-Charts und auf Platz 6 der deutschen Singlecharts. Er erhielt 1984 einen Grammy, den international am höchsten angesehenen Musikpreis, und war für den Oscar nominiert, wurde aber aus der Wertung genommen, weil er nicht speziell für »Flashdance« geschrieben worden war. Den Oscar für den besten Film-Song bekam ein anderer »Flashdance«-Song, »What a Feeling« von Irene Cara.

Inzwischen weiß ich, dass Dennis Matkosky ein erfolgreicher Songwriter, Musiker und Produzent ist und mit Dutzenden (bei uns) mehr oder weniger bekannten Künstlern wie Diana Ross, Keith Urban und der Band Chicago zusammengearbeitet hat. Seine Frau Leslie Hall Matkosky ist ebenfalls Musikerin. So weit ich das erinnere, war sie damals Klarinettistin im Nashville Philharmonic Orchestra.

Das ist also die Geschichte »Wie wir mal einem Grammy-Gewinnner beim Pizza-Bestellen halfen«.

Römische Impressionen

FIX_5327.JPG
Die Buchhandlung Fahrenheit 451 am Campo de‘ Fiori in Rom.

Statue für Giordano Bruno

Am Campo dei Fiori in Rom, auf dem im Februar 1600 Giordano Bruno verbrannt wurde, gibt es einen kleinen Buchladen. Er nennt sich »Fahrenheit 451«. Das ist der Titel eines Romans von Ray Bradbury über eine Gesellschaft, in der Bücher verboten sind und verbrannt werden. Der Schriftsteller wählte den Titel in der Annahme, 451° Fahrenheit sei die Selbstentzündungstemperatur von Papier.

Giordano Bruno, ein ehemaliger Mönch, wurde im Alter von 52 Jahren wegen Ketzerei verbrannt. Seine Bücher auch. Er hatte geschrieben, dass das Universum unendlich und voller belebter Welten wie die Erde sei. Die Sterne hielt er für Sonnen wie die unsere. Er hatte also für seine Zeit ein sehr modernes Weltbild, das spätere Naturphilosophen beeinflusste. In dieses Weltbild passte kein Jenseits, und im Grunde war darin auch kein Platz für Gott.

Auf dem Campo de’ Fiori, dem Blumenfeld, wurde Bruno 1889 gegen den Willen der Kirche ein Denkmal gesetzt, das von Ettore Ferrari geschaffen wurde. In dessen Sockel zeigen drei Bronzereliefs Szenen seines Verfahrens vor der Inquisition und von der Verbrennung (mehr Infos, auf Italienisch).

Wie’s der Zufall will, ist in der gerade erschienen Anthologie »Meuterei auf Titan«, die meine Kurzgeschichte »Das letzte Mammut« enthält (hier), ein Zitat von Giordano Bruno vorangestellt. Denn ohne ihn gäbe es Science Fiction vielleicht gar nicht. Das Zitat lautet:

Nur ein ganz Törichter kann die Ansicht haben, im unendlichen Raum, auf den zahllosen Riesenwelten, gebe es nichts anderes als das Licht, das wir auf ihnen wahrnehmen. Es ist geradezu albern, anzunehmen, es gebe keine anderen Lebewesen, keine anderen Denkvermögen und keine anderen Sinne als die uns bekannten.

giordano
Die Hinrichtung von Giordano Bruno (Relief vom Sockel des Denkmals auf dem Campo de‘ Fiori).

Busfahren in Rom

roma02
Der Bus kommt – tatsächlich.

Während meines Urlaubs habe ich ein einige Tage in Rom verbracht. Wie immer, habe ich öffentliche Verkehrsmittel benutzt, um irgendwohin zu kommen. Meine Erfahrung: Wer mit dem ÖPNV in Rom fahren will, braucht vor allem Geduld. Die U-Bahn ist dort zwar einigermaßen zuverlässig, die roten Busse dagegen nicht. An der Haltestelle kann man viel Zeit verlieren.

Als ökologisch bewusster, wenn auch nicht immer so handelnder Mensch und Sohn einer Bahntjers nutze ich im Urlaub fast ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel. Anreise mit der Bahn, am Urlaubsort mit Bus und Bahn. Ich bin zwar in den letzten Jahren auch in den Urlaub geflogen, aber nach Kanada fährt kein Zug, da musste es der Flieger sein. Von Toronto aus lassen sich aber zum Beispiel die Niagarafälle problemlos auch ohne Auto erreichen. Man sucht sich eben von vornherein andere Ausflugsziele aus, wenn man mit Bus oder Bahn dorthin kommen muss.

Also Rom. Eine wirklich sehenswerte Stadt, voller Trümmer und Architektur. Zur Not kann man, eine Unterkunft im Zentrum vorausgesetzt, die meisten Attraktionen sogar zu Fuß erreichen. Aber es gibt ja U-Bahn und Busse.

roma03
Heruntergekommen, zerschlissen, marode, muffig – U-Bahnstationen in Rom.

Die U-Bahn – ein Loch

Rom hat zwei U-Bahnstrecken, A und B; eine dritte ist in Bau. Meinen ersten Eindruck von der römischen U-Bahn bekam ich in der Station Barberini. Das war wirklich die heruntergekommenste, muffigste, dreckigste und dunkelste U-Bahnstation, die ich jemals betreten habe. Ein Loch. Die vier oder fünf anderen Stationen, die ich in den folgenden Tagen zu Gesicht bekam, waren zum Teil nur unwesentlich besser. Aber immerhin, die Züge sind modern, hell und klimatisiert und pünktlich, so weit ich das erlebt habe. Zu Stoßzeiten sind sie allerdings brechend voll. Das ist in London aber nicht anders.

Apropos Stoßzeiten, man hat als Kurzzeiteinwohner der Stadt nicht den Eindruck, als ob die städtischen Verkehrsbetriebe (ATAC) in irgendeiner Form auf das sehr hohe Fahrgastaufkommen während der Stoßzeiten reagieren und etwa die Takte kürzer werden. Vor allem in den Bussen im Zentrum ist es enger als in jeder Sardinenbüchse. Man wird regelrecht reingestopft, kann sich nicht mehr bewegen und Probleme bekommen, an der richtigen Haltestelle auszusteigen.

roma01
Leere Versprechungen auf der Anzeigetafel: Der Bus kommt gleich oder auch nicht.

Manchmal ist man aber froh, wenn überhaupt ein Bus kommt, egal wie voll er ist. Denn Unzuverlässigkeit scheint eine Maxime der ATAC zu sein. Ich habe es mehrmals erlebt, dass ein auf einer der seltenen elektronischen Anzeigetafeln mit »in arrivo« angekündigter Bus nicht kam bzw. zur richtigen Zeit ein vollkommen leerer Bus einfach vorbeifuhr oder Busse, die gerade noch auf der Anzeigetafel auftauchten, bei der nächsten Aktualisierung verschwunden waren. Häufig überschritten die Wartezeiten auch deutlich die Intervalle, die zwischen zwei Bussen liegen sollten.

Wann kommt der Bus?

Das ist auch so ein Problem: Man weiß meist gar nicht, wie oft die Busse fahren und wann. Elektronische Anzeigen sind rar. Normalerweise steht an der Haltestelle ein Schild, auf dem die dort bedienenden Buslinie mit deren Streckenführung (immerhin eine wichtige Information) angegeben sind. Hinweise auf Abfahrtzeiten sucht man vergebens.

Wer mit einem Bus fährt, sollte genau darauf achten, wann er aussteigen muss. Die Haltestellen werden nicht angesagt. Es gibt zwar Anzeigetafeln, aber in den älteren Bussen zeigen sie entweder nur die Endhaltestelle oder auch gar nichts an.

In Rom funktioniert auch die Verbindung ÖPNV mit der digitalen Welt nicht richtig. Die ATAC-Homepage kennt zwar einen Routenplaner, aber der ist umständlich zu bedienen und funktioniert nur auf dem PC. Eine mobile Version oder gar eine App fürs Smartphone gibt es nicht; dabei laufen gerade die Italiener gefühlt alle mit einem »telefonino« in der Hand rum. Man kann zwar den Routenplaner von Google Maps oder anderen Diensten benutzen, wegen der Unzuverlässigkeit der Busse nützt der aber auch nicht wirklich.

Lieber umsteigen…

Um in Rom mit Bussen einigermaßen schnell von A nach B zu kommen, hilft nach meiner Erfahrung nur eine Strategie: Man wartet nicht auf die richtige Linie, sondern steigt in den erstbesten Bus ein, der ungefähr in die richtige Richtung fährt – ganz nach der Devise »Lieber ein paar Mal umsteigen als gar nicht fahren«. Denn schon an der nächsten Haltestelle gibt es eventuell einen anderen Linienmix, und der Bus, mit dem man eigentlichen fahren wollte, ist ja auf jeden Fall hinter einem.

Und wenn gar nichts mehr geht, kann man noch zu Fuß gehen – oder ein Taxi nehmen.