Welche deutschen Science-Fiction-Schriftsteller haben die meisten SF-Preise gewonnen? Zwei Autoren liegen mit großem Abstand vorne.
Andreas Eschbach hat in diesem Jahr mit seinem, wie ein Rezensent schrieb, »fettem Roman« »Perry Rhodan – Das größte Abenteuer« den Kurd-Laßwitz-Preis gewonnen. Im vergangenen Jahr stand er mit »NSA« beim KLP ganz oben. Davor gab’s die Auszeichnung zweimal hintereinander für Andreas Brandhorst für die Romane »Das Schiff« (2016) und »Omni« (2017). Als Freund sinnfreier, aber eventuell interessanter Statistiken habe ich mich hingesetzt, um die Frage zu beantworten: Wer ist, gemessen an Preisen, der erfolgreichste deutschsprachige SF-Autor? Und, nicht zu vergessen, wer die erfolgreichste Autorin?
In die Auswertung flossen die Ergebnisse in den Kategorien »Bester Roman« und »Beste Kurzgeschichte/Erzählung« der beiden einzigen reinen SF-Preise in Deutschland – Kurd-Laßwitz-Preis (KLP) und Deutscher Science-Fiction-Preis (DSFP) – ein. Obwohl beide Preise dasselbe Feld beackern, sind sie sehr unterschiedlich. Der KLP wird von Autoren, Verlegern, Grafikern und anderen, die sich mehr oder weniger professionell mit SF beschäftigen, vergeben, der DSFP von einer für jeden offenen, deutlich kleineren Gruppe von Lesern unter dem Dach des Deutschen Science-Fiction-Clubs. Wer sich näher für die Modalitäten interessiert, kann sich auf den jeweiligen Homepages informieren.
Der KLP wird seit 1980 (Erscheinungsjahr) vergeben; 1997 wurden die Kategorien »Beste Erzählung« und »Beste Kurzgeschichte« zusammengelegt. Den DSFP gibt es seit 1985. Ich habe bei der Auswertung nicht zwischen KLP und DSFP unterschieden und auch nicht zwischen Roman und Erzählung. Preis ist Preis. Wenn Werke von mehreren Autoren ausgezeichnet wurden, wurde jede/r Autor/in einzeln gezählt. Wenn ein Autor/eine Autorin mit einem Werk in einem Jahr sowohl den KLP als auch den DSFP gewonnen hat, wurde jeder Preis einzeln gezählt. Die Angaben sind selbstverständlich alle ohne Gewähr; ich will nicht ausschließen, dass ich mich irgendwo verzählt habe.
Es sind insgesamt 71 Autorinnen und Autoren ausgezeichnet worden, die Hälfte davon mehrfach.
Das sind die Top Ten
- Wolfgang Jeschke 17
- Andreas Eschbach 16
- Michael K. Iwoleit 7
- Herbert W. Franke 6
- Michael Marrak 6
- Andreas Brandhorst 5
- Rainer Erler 5
- Marcus Hammerschmitt 5
- Thomas Ziegler 5
- Karl Michael Armer 4
Je dreimal ausgezeichnet wurden neun Autorinnen und Autoren. Zwei Preise gingen an 17 Autorinnen und Autoren. Einmal ausgezeichnet wurden 35 Autorinnen und Autoren.
Jeschke und die Kurzgeschichten
Bei einem Vergleich der beiden Spitzenreiter Jeschke und Eschbach fällt auf, dass Jeschke, der Altmeister der deutschen SF-Literatur, seine knappe Führung dem Umstand verdankt, dass er insgesamt elf Mal für eine Kurzgeschichte ausgezeichnet wurde, während Eschbach in dieser Kategorie nur zweimal punkten konnte. Weil Jeschke 2015 gestorben ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Eschbach sich an die Spitze der Preisträger setzt.
Wenn man hinter die Zahlen blickt und in die Analyse einsteigt, merkt man schnell, warum das so ist: Eschbach ist einer der wenigen professionellen SF-Autoren und veröffentlicht seit mehr als 20 Jahren kontinuierlich. Für September ist sein nächster SF-Roman angekündigt, laut Verlagsvorschau ein Wälzer mit mehr als 1200 Seiten (den Preis für den dicksten deutschen SF-Roman hat er damit wohl endgültig sicher; der »Rhodan« hat auch schon 850 Seiten). Mithalten kann da nur Andreas Brandhorst, der als zweiter Vollprofi einen ähnlich hohen Output hat und, was die Zahl der Nominierungen für KLP und DSFP angeht, nicht hinter Eschbach zurücksteht.
Frauenanteil – ein Missverhältnis
Wer ist jetzt die erfolgreichste Autorin? Diese Ehre gebührt Angela Steinmüller mit drei Preisen. Noch ein paar Zahlen zur Orientierung: Zehn der 71 mit einem Preis bedachten Personen sind Frauen. Das ist ein Anteil von 14 Prozent. Das mag angesichts des Umstands, das SF (vermeintlich) überwiegend von Männer produziert und konsumiert wird, erwartet gewesen sein. Aber nimmt man den Frauenanteil an der Zahl der verliehenen Preise, ohne Mehrfachpreisträger zusammenzufassen, ergibt sich ein Anteil von 14 zu 172 = 8,1 Prozent. Das ist ein deutliches Missverhältnis. Um das ganz plastisch auszudrücken: Andreas Eschbach ist allein häufiger ausgezeichnet worden als alle zehn Frauen zusammen. Dazu habe ich die folgende Grafik gemacht: