Voyager 2 hat das Sonnensystem verlassen

Die Voyager-Sonde

Das war ein historisches Ereignis, von dem die meisten Menschen nichts mitbekommen und wir überhaupt nur durch schwache Radiosignale Kenntnis haben: Vor ein paar Tagen hat die amerikanische Raumsonde Voyager 2 als drittes von Menschen gemachtes Objekt das Sonnensystem verlasen und den interstellaren Leerraum erreicht. Für einen Science-Fiction-Fans wie mich ist das natürlich eine spannende Sache

Ein »Raumschiff« von der Erde fliegt durch den interstellaren Leerraum und wird vielleicht irgendwann in das Schwerefeld eines anderen Sterns geraten und von ihm eingefangen. Weil nicht ausgeschlossen werden kann, das Außerirdische die Sonde entdecken, wurde für sie sogar eine Botschaft hinterlassen. Eine vergoldete Scheibe mit Bild- und Audiodaten ist an der Außenseite angebracht.

Voyager 2 ist nach mehr als 41 Jahren Flugzeit knapp 120 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt. Eine AE entspricht dem mittleren Abstand zwischen Sonne und Erde, knapp 150 Millionen Kilometer. Als Grenze des Sonnensystems wird nicht etwa die Umlaufbahn des äußersten Planeten, Neptun, oder der  jenseits davon gelegene Kuipergürtel, zu dem auch der Zwergplanet Pluto und Zehntausende andere Zwergplaneten und Asteroiden zählen, gerechnet. Neptun umkreist die Sonne in einem Abstand von 30 AE, der Kuipergürtel erstreckt sich bis in eine Entfernung von 50 Astronomischen Einheiten. Die Grenze, die Voyager 2 durchstoßen hat, ist der Rand der Heliosphäre, die Heliopause. Die Heliosphäre ist das Gebiet rund um die Sonne, in dem der Sonnenwind wirksam ist und das sogenannten Interstellare Medium verdrängt. Am 5. Dezember haben die Instrumente der Sonde einen rapiden Abfall der Sonnenwindpartikel und zugleich eine deutliche Zunahme der kosmischen Strahlung gemessen, das war der »Durchbruch«.

Vorbei an Ross 248

Aber machen wir uns nichts vor. Die Reise hat gerade erst begonnen. Der nächste Stern, Proxima Centauri, ist 4,24 Lichtjahre von uns entfernt, das sind etwa 268.142 EA. Das heißt, Voyager 2 hat gerade einmal 0,4 Promille dieser Strecke zurückgelegt. Die Sonde fliegt allerdings nicht in diese Richtung, sondern passiert als erstes auf seiner langen Reise den roten Zwergstern Ross 248 im Sternbild Andromeda – in etwa 40.000 Jahren und einer Entfernung von fast zwei Lichtjahren und auch nur, weil sich der Stern auf die Sonne zubewegt.

Voyager 2 ist nach Voyager 1 und Pioneer 10 die dritte Raumsonde, die das Sonnensystem verlassen hat. Die beiden baugleichen Voyager-Sonden wurden 1977 im Abstand von wenigen Tagen gestartet, sind aber ganz unterschiedliche Routen geflogen. Voyager 1 ist an Jupiter (1979) und Saturn (1980) vorbeigeflogen und hat dabei beide Planeten und deren Monde erkundet. Die Heliosphäre hat die Sonde bereits im August 2012 hinter sich gelassen. Sie fliegt inzwischen in einer Entfernung von 144 AE in Richtung des Sternbilds Schlangenträger.

Im Unterschied dazu hat Voyager 2 nach dem Vorbeiflug an Jupiter und Saturn in den Jahren 1979 und 1981 Kurs auf Uranus und Neptun genommen, die Anfang 1986 und Mitte 1989 passiert wurden. Voyager 2 fliegt mit 55.000 Kilometer pro Stunde und ist damit deutlich langsamer als Voyager 1 mit 61.000 km/h. Beide Voyager-Sonden haben Kontakt zur Erde und senden Daten ihrer Messinstrumente.

Das Sonnensystem verlassen hat auch Pioneer 10. Die Sonde wurde 1972 gestartet und flog Ende 1973 am Jupiter vorbei. Bis 1993 war sie das am weitesten von der Erde entfernte von Menschen gebaute Gerät, dann wurde die Sonde von der deutlich schnelleren Voyager 1 »überholt«. Anfang 2003 hatte das Kontrollzentrum auf der Erde das letzte Mal Funkkontakt mit der Pioneer 10, so dass die genaue Position nicht bekannt ist. 

Raus aus dem Sonnensystems

Als nächste Sonde wird Pioneer 11 das Sonnensystem verlassen, voraussichtlich in sieben bis acht Jahren. Der Kontakt zu Pioneer 11 ist bereits Ende 1995 abgebrochen, als die Sonde 44 AE von der Erde entfernt war. Die Pluto-Sonde New Horizons, die derzeit auf dem Weg zum Transneptun- oder Kuipergürtelobjekt (486958) 2014 MU69 ist, wird die Heliopause Mitte der 2040er Jahren durchfliegen.


Über den Status der beiden Voyager-Sonden kann man sich bei der Nasa informieren.


»Paradox« ist preisverdächtig

cover_paradoxPhillip P. Peterson: Paradox. Am Abgrund der Ewigkeit.
Kindle Edition 2015. 4,99 Euro. 
Taschenbuch. Bastei-Lübbe 2015, 480 Seiten, 9,99 Euro. ISBN-13: 978-3404208432.

»Paradox. Am Abgrund der Ewigkeit« von Phillip P. Peterson ist, zu Recht, ein heißer Favorit für den Deutschen Science-Fiction-Preis und den Kurd-Laßwitz-Preis. Für beide renommierten SF-Preise wurde das Buch nominiert. Im vergangenen Jahr wurde das E-Book mit dem Kindle Storyteller Award von Amazon ausgezeichnet; zur Belohnung gab’s einen Vertrag mit Bastei-Lübbe für ein »richtiges« Taschenbuch.

»Paradox« wird als »HiTech-Thriller mit einer großen Dosis Science-Fiction« angepriesen. Das trifft es ganz gut. Der Roman spielt in nicht allzu ferner Zukunft: Die abgehalfterte Nasa und das Privatunternehmen Centauri Corp. schicken ein Raumschiff, das mit einem neuartigen Antimaterie-Antrieb ausgestattet ist, an den Rand des Sonnensystems, nachdem der Kontakt zu mehreren unbemannten Sonden, darunter den alten Voyager-Sonden, abgerissen ist. Peterson steht also mit einem Bein in der Gegenwart. Was die vierköpfige Crew weit jenseits der Pluto-Bahn entdeckt, ist jedoch High-End-SF, da hatte der Autor eine grandiose Idee. Continue reading „»Paradox« ist preisverdächtig“

Die »Enterprise« fliegt ohne finanzielle Basis

boldt

Ralf Boldt: Zu spät. Zehn Kurzgeschichten. Create Space 2015, ISBN 978-1518761836. 160 Seiten, 5,90 Euro.
Ralf Boldt: Was kostet eine Raumstation?: Ökonomische Themen in der Science Fiction. Create Space 2015, ISBN 978-1518745928. 238, 9,99 Euro.
Beide Bücher gibt es auch als E-Books (für Kindle).

Nach seinem erfolgreichen Debütroman »Der Temporalanwalt« (Zweiter Platz beim renommierten Kurd-Laßwitz-Preis; meine Rezension 🔗) hat der aus Norden stammende Science-Fiction-Schriftsteller Ralf Boldt jetzt zwei Bücher im Selbstverlag herausgegeben: »Zu spät« ist eine Sammlung von zehn Kurzgeschichten, die abwechslungsreichen Lesestoff bieten.

Viel interessanter ist aber: »Was kostet eine Raumstation?«. Darin beschäftigt sich Boldt, wie der Titel es bereits andeutet, mit den Kosten der Raumfahrt. Allerdings interessiert den Autor nicht, was die ISS oder die Pluto-Mission »New Horizons« kostet, sondern es geht um die literarische Raumfahrt. Continue reading „Die »Enterprise« fliegt ohne finanzielle Basis“