Der Traum vom Mondflug

Vor 100 Jahren herrschte Optimismus bei den Raketenpionieren. Einer von ihnen war Otto Willi Gail.


Otto Willi Gail
Mit Raketenkraft ins Weltenall – Vom Feuerwagen zum Raumschiff
Stuttgart 1928


Mit dem Buch »Mit Raketenkraft ins Weltenall – Vom Feuerwagen zum Raumschiff« als Lektüre habe ich eine wissenschaftliche Reise in eine Zeit unternommen, als Raumfahrt noch ein Traum und vieles, was uns heute an Technik und Wissen selbstverständlich ist, unbekannt war. Das Sachbuch erschien 1928, Autor war Otto Willi Gail. Der Physiker und Journalist, Jahrgang 1896, hatte drei Jahre zuvor den Roman »Der Schuß ins All« veröffentlicht, in dem das erste Mal Raumfahrt realistisch beschrieben wurde.

Das war kein Zufall. Gail hatte Kontakt zu den deutschen Raketenpionieren Hermann Oberth und Max Valier, der wie Gail in München lebte. Die Männer waren befreundet und gehörten zum Verein für Raumschiffahrt, der maßgeblich an der Entwicklung von Raketentechnik beteiligt war und die Idee des Weltraumflugs populär machte. Gails Buch war ein Beitrag dazu.

Es erläutert auf hundert Seiten die physikalischen und technischen Grundlagen der Raumfahrt und gibt Einblick in den Entwicklungsstand der Raketentechnik. Ausführlich werden unter anderem die Versuche mit dem raketenbetriebenen Rennwagen behandelt, die Max Valier in jener Zeit zusammen mit dem Rüsselsheimer Autobauer Fritz von Opel machte. Valier starb 1930 durch eine Explosion bei einem Triebwerkstest und gilt deshalb als erstes Todesopfer der Raumfahrtgeschichte.

Theoretische Grundlagen waren bekannt

Was aus heutiger Sicht an dem Buch fasziniert ist zum einen der Enthusiasmus und die Zuversicht, die es ausstrahlt. Gail und seine Raketenfreunde waren offenbar überzeugt, dass es nur noch wenig Jahre dauern würde, bis der erste Mensch zum Mond fliegt. Dass es passieren würde, stand für sie außer Zweifel. Es war nur eine Frage der Zeit. Dabei unterschätzten sie allerdings nicht nur die technischen Herausforderungen, sondern auch die Kosten.

Der Optimismus lag vor allem darin begründet, dass Mitte der 1920er Jahre alle theoretischen Grundlagen bekannt waren. Die hatte unter anderem der Physiker Hermann Oberth 1923 mit seinem wegweisenden Buch »Die Rakete zu den Planetenräumen« gelegt. Er entwickelte das Konzept der Stufenrakete, setzte auf flüssigen Treibstoff und entwarf Raumstationen als Zwischenstation auf dem Weg zu anderen Welten. Walter Hohmann legte 1925 mit dem Buch »Die Erreichbarkeit der Himmelskörper« die mathematischen Grundlagen für die Flugbahnberechnung. Nach ihm ist die Hohmann-Transfer benannt, der Kurs, den ein Raumschiff nehmen muss, um mit möglichst wenig Energieaufwand von einer Kreisbahn in eine andere zu wechseln.

Andererseits fehlten den Raketenpionieren einiges an Kenntnissen, die heute in der Raumfahrt unerlässlich sind. Man wusste damals zum Beispiel nicht, ob sich Funkwellen im Weltraum genauso ausbreiten wie auf der Erde. Deshalb setzten Oberth und andere für die Kommunikation auf Licht. Signale aus dem Weltraum sollten mit großen Spiegeln zur Erde geschickt werden. Ebenso wenig wurden Fernlenkung oder Automation in Betracht gezogen. Den Raketenstart, so die Vorstellung von Gail, muss die Besatzung »im Führerraum unseres Weltraumkreuzers« einleiten: »Im gleichen Augenblick zuckt die Hand des Führers nach dem Anlasser … Der Hebel fliegt herum. Ein gewaltiger Ruck läßt das Schiff erbeben, die Knallgasfüllung hat sich entflammt und die Düse der Rakete speit donnernd kosmische Gewalten dem versinkenden Festland zu.« (S. 88)

Die Raketenpioniere waren sich der gesundheitlicher Gefahren gerade in der Startphase bewusst. Wegen der starken Beschleunigung sollten die Besatzungsmitglieder in Hängematten, die den Druck abfangen, liegen. Eine Beschleunigung von 40 Meter pro Sekundenquadrat (die vierfache Erdbeschleunigung) hielt Gail für »die Grenze … zwischen Leben und Tod« (S. 88). Um den Antrieb abzuschalten, müssen die Raumfahrer die »unerträglich[e]« Beschleunigungskraft überwinden: »Langsam hebt der Führer den Arm, mit übermenschlicher Anstrengung führt er ihn zum Gashebel, kämpft mühsam um jeden Zentimeter.« (S. 89) Schön dargestellt ist das im Stummfilm »Die Frau im Mond« von 1929 (bei YouTube), an dem Hermann Oberth als Berater mitwirkte. Tatsächlich sind heutige Astronauten und Kampfjetpiloten weitaus höheren Beschleunigungen ausgesetzt, ohne dauerhafte Schäden davonzutragen.

Nur mit fast übermenschlicher Anstrengung gelingt es den Raumfahrern im Stummfilm »Die Frau im Mond«, die Raketentriebwerke abzuschalten. Das Schaltpult ist allerdings auch ungünstig angebracht.

Wenn der Koch den Wein einschenken will

Als völlig unproblematisch für den Körper wurde die Schwerelosigkeit betrachtet. Gail machte sich nur Gedanken darüber, wie das Essen und Trinken funktioniert: »Will sich einer zum Beispiel ein Glas Wein eingießen, so nützt es gar nichts, wenn er die Flasche über das Glas neigt. Der Wein fließt nicht aus, man kann die Flasche kippen soviel man will.« (S. 93). In seinem Roman »Der Schuß ins All« lässt Gail sogar einen Koch mitfliegen, der die Besatzung versorgt. Allerdings schildert er darin nicht, wie dieser die Speisen in der Kombüse zubereitet.

Kein Thema ist bei Gail die kosmische Strahlung. Dabei wurde die sogenannte Höhenstrahlung bereits gut zehn Jahre zuvor vom Ballonfahrer Victor Franz Hess entdeckt. Unklar war zu jener Zeit, was die Ursache war. Dass sie aus dem Weltraum kommt, wurde erst in den 30er Jahren zweifelsfrei festgestellt. Womöglich hielten die Raketenpioniere die gesundheitsschädliche Höhenstrahlung für ein atmosphärisches Phänomen und verschwendeten daran keinen Gedanken.

Nicht ganz so durchdacht wie die Grundlagen des Raketenstarts waren die Überlegungen, wie die Rakete, das heißt deren Oberstufe, nach der gelungenen Mondumrundung auf die Erde zurückkommt. Klar war den Pionieren, dass das Raumschiff stark abgebremst werden muss und dabei hohe Reibungshitze entsteht. Gail verweist auf Hohmann. Dieser »denkt sich die Art der Landung auf der Erde in einer Serie von immer enger an den Erdball heranführenden Bahnellipsen unter vorsichtiger Ausnützung der Bremswirkung der Luft« (S. 81). Am Ende wird mittels Tragflächen in den Gleitflug übergangen. Das ist das Space-Shuttle-Prinzip.

Bremsen mit Blechscheiben

Gail selbst sieht den Wiedereinritt in die Erdatmosphäre so: »[A]us der nach rückwärts gerichteten Schiffsspitze [schiebt sich] ein Kabel ins Freie an dem in kleinen Abständen konisch nach hinten gebogene Blechscheiben, ähnlich den Quasten am Schwanze eines Papierdrachens, aufgereiht sind. Diese Scheiben stemmen sich gegen die Luft, erzeugen hinter dem Schiffe mächtige Wirbel und üben eine starke Bremswirkung aus.« (S. 79) Allerdings verglühen die Scheiben schnell durch die Reibungshitze und immer neue müssen nachgeschoben werden. Dadurch »bleibt das Schiff selbst von übermächtiger Überhitzung bewahrt« (S. 79). Wenn die Rakete weit genug abgebremst ist, kommt ein Fallschirm zum Einsatz. Valier hatte übrigens die Idee, bei Gefahr die »Beobachterkammer« von der Rakete zu trennen und am Fallschirm auf die Erde schweben zu lassen. Nach diesem Prinzip landen bis heute alle Raumkapseln.

Bei den Raketenpionieren war die Landung auf dem atmosphärenlosen Mond übrigens kein Thema. Gail schreibt: »Leicht wird die Landung auf dem Mond nicht sein, und vorerst denkt noch niemand daran.« (S. 81) Aber er war überzeugt, dass »kühne Raumpiloten« das eines Tages versuchen werden. Vier Jahrzehnte später, am 20. Juli 1969, wurde dieser Traum wahr. Die kühnen Raumpiloten waren Amerikaner und hießen Neil Amstrong und Edwin Aldrin.

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Ein Heimatroman aus der Zukunft

In »Die letzte Kosmonautin« von Brandon Q. Morris geht es in die DDR des Jahres 2029. Zwei Frauen sind in Gefahr, und ein ABV will sie retten.

Brandon Q. Morris: Die letzte Kosmonautin. Verlag Fischer Tor. Taschenbuch. 416 Seiten. ISBN 978-3-596-70675-4. Gibt es auch als E-Book.

Es ist das Jahr 2029. Mandy Neumann ist »Die letzte Kosmonautin«. Die zweifache Mutter kreist als einziges Besatzungsmitglied zusammen mit dem spinnenförmigen Roboter Bummi in der DDR-Raumstation »Völkerfreundschaft« um die Erde. Kurz nach der Feier zum 80. Jahrestag des einzigen sozialistischen Staats auf deutschem Boden bricht der Kontakt zur Erde ab, offenbar durch Sabotage.

Zur gleichen Zeit erhält der Dresdner ABV (Abschnittsbevollmächtigter der Volkspolizei) Tobias Wagner einen Anruf von Miriam Prassnitz. Er war als Jugendlicher in sie verknallt. Sie bittet ihn um Hilfe, denn ihr Mann Ralf, ein bedeutender Wissenschaftler, ist verschwunden. Da kann Tobias nicht nein sagen, denn wie schon die alten Römer wussten: »Militat omnis amans.« Auf der Suche nach Prassnitz landen er und Miriam mit ihrem Westwagen in der Lausitz, wo es im ehemaligen Braunkohlegebiet ein merkwürdiges Sperrgebiet gibt, das die Anwohner die »Zone« nennen, in dem die Frau verschwindet.

Schnell wird deutlich, dass es zwischen den beiden Fällen einen Zusammenhang geben muss: Ralf Prassnitz hat die Spezialkamera MKF-8 mitentwickelt, die an Bord der »Völkerfreundschaft« durchs All fliegt und superhochauflösende Fotos von der Erdoberfläche macht; sie kann sogar durch Wolken sehen. Tobias Wagner, der zufällig von Mandys Notlage erfährt, will beide Frauen retten.

Viel Ironie und ein wenig Nostalgie

Brandon Q. Morris (das ist das Synonym von Matthias Matting) ist ein unterhaltsamer, sehr flott zu lesender Heimatroman der besonderen Art mit Hard-SF-Elementen gelungen. Darin steckt viel Ironie und ein wenig Nostalgie (Matting wuchs in der DDR auf). Sicherlich nicht ohne Grund heißt die letzte Kosmonautin Mandy; der Name ist ja geradezu ein Synonym für die naive Ostdeutsche. Etwas naiv ist die junge Frau ohne Zweifel. Sie glaubt an das Gute im Menschen und an den Sozialismus, weshalb sie sich von Bummi bequatschen lässt und – im Unterschied zum Leser – die deutlichen Anzeichen der sich anbahnenden Katastrophe übersieht.

Tobias Wagner ist der wenig ehrgeizige, pflichtbewusste, aber nette Kerl von nebenan, der sich in dem trotz allen Fortschritts – die DDR hat sogar einen eigenen Weltraumbahnhof – immer noch repressiven Überwachungsstaat bequem eingerichtet hat. Beim Anblick seines selbstbewusst auftretenden und (nicht nur) auf ihn erotisch wirkenden Jugendschwarms übernehmen jedoch die Hormone die Kontrolle, weshalb er jede Vernunft fahren lässt und sich in Uniform und mit häufig hochrotem Kopf in ein Abenteuer stürzt, das eigentlich für ihn nicht gut ausgehen kann.

Außer Miriam kommt eine Handvoll anderer Nebenfiguren vor – darunter ein Stasi-Offizier, ein (Ex-)Liebhaber von Miriam, ein indischer Raumfahrer und ein kauziger schwuler Funkamateur –, die Tobias entweder im Weg stehen oder ihm helfen. Wer das Werk von Brandon Q. Morris kennt, kann sich denken, dass Physik in diesem Roman eine große Rolle spielt. Wer realistisch geschilderte Raumfahrt- und Alternativweltgeschichten mag, ist mit »Die letzte Kosmonautin« sehr gut bedient.

Seine Romane ergänzt der Autor mit einem ausführlichen Nachwort über die physikalischen Grundlagen der im Roman vorkommenden Phänomene. Die kann man auch als gestaltete PDF-Dokumente bekommen. Ein schöner Service. Wer mehr über Brandon Q. Morris und seine Bücher-Welt erfahren will, wird auf seiner Website hardsf.de fündig.

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Mehr als eine Handvoll Sternenstaub

Vor 60 Jahren erschien »Unternehmen Stardust«, der erste PERRY RHODAN-Roman. Er hat die Entwicklung der Science-Fiction in Deutschland bestimmt.

In 60 Jahren ist »Unternehmen Stardust« in zahlreichen Auflagen und Ausgaben erschienen.

Heute vor 60 Jahren, am 8. September 1961, erschien beim Münchner Arthur Moewig-Verlag der erste PERRY RHODAN-Roman, »Unternehmen Stardust« von Karl-Herbert Scheer. Mit diesem 64 Seiten umfassenden Science-Fiction-Heft begann eine beispiellose Erfolgsserie. Seitdem ist Wochen für Woche ohne eine einzige Unterbrechung ein Roman erschienen. Das macht PERRY RHODAN zum größten literarischen Werk überhaupt. Allein die wöchentliche Hauptserie kommt auf mehr als 200.000 Seiten Umfang. Jemand hat kürzlich gezählt und herausgefunden, dass einschließlich aller Spin-Offs, Taschenbuch- und sonstigen Ausgaben 5000 verschiedene Romane geschrieben wurden.

Ich habe »Unternehmen Stardust« lange Zeit für nicht mehr als einen ordentlich geschriebenen Auftaktroman gehalten. Die Handlung ist schnell zusammengefasst. Der amerikanische Astronaut Perry Rhodan und seine Mannschaft fliegen mit der »Stardust« als erste Menschen zum Mond. Dort entdecken sie das havarierte Raumschiff einer außerirdischen Großmacht, der menschenähnlichen Arkoniden. Mit dem an Leukämie erkrankten Arkoniden Crest kehrt die »Stardust« zur Erde zurück. Sie landet aber nicht in den USA, sondern in der Wüste Gobi. Wie Rhodan dort einen Miniaturstaat, die Dritte Macht, etabliert und mit Unterstützung der technisch weit überlegenen Arkoniden und Helfern aus aller Welt seinen Einfluss bis in das 34.000 Lichtjahre entfernte Arkon-System ausweitet, schildern die nächsten Bände.

Das allein hätte für eine Erfolgsgeschichte, die unmittelbar einsetzte, nicht gereicht. In »Unternehmen Stardust« steckt viel mehr. Scheer und Mit-Chefautor Walter Ernsting alias Clark Darlton verorteten die Handlung nicht in einen ferneren, unbestimmten Zukunft, sondern nur ein paar Jahre von der Gegenwart entfernt (das Startdatum für die Mondfahrer, 19. Juni 1971, hatte Scheer schon im ersten Exposé vom Februar 1961 festgelegt; an diesem Tag würde er seinen 33. Geburtstag feiern).  Die Blockkonfrontation – hier auf den Gegensatz Westen/Asien (=“gelbe Gefahr“) reduziert – und die Gefahr eines atomaren Weltkriegs spielen eine Rolle,  und das im Roman geschilderte Raumfahrtprogramm nimmt organisatorische und technische Anleihen an echten Raumfahrtprogrammen.

Der Roman gibt ein Versprechen

Wenige Monate vor Heft 1 war Juri Gagarin als erster Mensch ins All geflogen, und US-Präsident John F. Kennedy hatte in einer Rede vor dem Kongress das Ziel ausgegeben, noch  vor Ablauf des Jahrzehnts »einen Mann auf dem Mond zu landen und ihn sicher zur Erde zurückzubringen«. Im Roman herrschte also ein gewisser Realismus, der die überwiegend jungen Leser in ihrer Gegenwart abholte und zu einem großen Abenteuer mitnahm. Der Roman gab ein Versprechen ab. Das fehlte vielen SF-Romanen der Nachkriegszeit, in denen die Mondraketen von genialen Ingenieuren oder extravaganten Multimilliardären auf die Reise geschickt wurden. Interessanterweise kommt die Serie anfangs ohne den klassischen Bösewicht aus.

Das Faszinosum funktioniert noch immer, obwohl inzwischen Neil Armstrong und einige seiner Astronauten-Kollegen den Fuß auf den Mond gesetzt und nichts als Mondstaub gefunden haben. Aber es hätte doch sein können… und vielleicht waren sie nur nicht an der richtigen Stelle (und die Arkoniden warten dort immer noch).

Inzwischen bin ich der Auffassung, dass »Unternehmen Stardust« einer der wichtigsten, vielleicht sogar der wichtigste deutschen SF-Roman überhaupt ist (nicht zu verwechseln mit »der beste«, das ist er definitiv nicht). Er hat den Grundstein für den unglaublichen Erfolg der PERRY RHODAN-Serie gelegt, die die Entwicklung der SF in Westdeutschland bestimmt hat, und das Leben vieler Menschen beeinflusst. Die Serie hat nicht wenige Leser dazu angeregt, sich technischen oder naturwissenschaftlichen Berufen zuzuwenden oder selbst den Schriftstellerberuf zu ergreifen. Von welchem einzelnen literarischen Werk kann man das schon sagen?

In der literarischen Schmuddelecke

PERRY RHODAN im besonderen und die Heftromane im allgemeinen haben aber auch dazu beigetragen, dass Science Fiction in Deutschland lange Zeit in der literarischen Schmuddelecke verortet wurde – nicht nur, weil tatsächlich vieles grottenschlecht war, was auf den Markt geworfen wurde, sondern auch, weil sie den Maßstäben selbstgefälliger Kritiker nicht gerecht wurde. Die Lage hat sich zwar seit den 60er und 70er Jahren, als die PERRY RHODAN-Serie von links angegriffen und als »faschistoid« diffamiert wurde, deutlich gebessert, ist aber noch um einiges von dem Stellenwert entfernt, den das Genre in den USA und anderen Ländern hat.

John Scalzi etwa, ein SF-Autor par excellence, hat von seinem Verlag einen Zehn-Millionen-Dollar-Vertrag bekommen, und SF-Titel tummeln sich regelmäßig auf den einschlägigen Bestsellerlisten zum Beispiel der New York Times. Im deutschen Sprachraum, stellte der ausgewiesene SF-Experte Franz Rottensteiner vor wenigen Jahren fest, sei die Gattungsbezeichnung SF oder Fantasy »einem wirklich großen Erfolg eher hinderlich«. Die großen Verlage schreiben lieber »Thriller« oder einfach »Roman« auf den Umschlag. Verkauft sich besser. Es ist allerdings müßig, sich zu fragen, ob das ohne PERRY RHODAN anders gelaufen wäre.