Nicht mehr als ein winziger Punkt

Caspar David Friedrich hat eines seiner Gemälde »Der Abendstern« genannt. Man muss aber genau hinsehen, um die Venus zu entdeckt.

»Der Abendstern« von Caspar David Friedrich

Das Gemälde »Der Abendstern« von Caspar David Friedrich ist nicht so bekannt wie »Kreidefelsen auf Rügen«, »Das Eismeer« oder »Der Wanderer über dem Nebelmeer«. Es hängt im Goethe-Museum in Frankfurt und zeigt eine Abendstimmung mit drei Personen, die auf einem Hügel gehen und im Hintergrund die Silhouetten mehrerer Gebäude und Bäume. Es handelt sich dabei unter anderem um die Frauenkirche in Dresden und den Schlossturm. Das Gemälde entstand Anfang der 1830er Jahre. Die drei Personen auf dem Bild sind Friedrichs Frau Caroline und zwei seiner drei Kinder.

Caspar David Friedrich wurde 1774 in Greifswald geboren. Er gilt als bedeutendster Mal der Romantik in Deutschland. Nach dem Kunststudium in Kopenhagen und Dresden ließ er sich 1798 in Dresden als freischaffender Maler nieder und lebte dort bis zu seinem Tod 1840.

Aber warum heißt das Gemälde »Der Abendstern«? Nun, man muss schon genau hinsehen und wissen, wonach man suchen muss. Denn der Abendstern – das ist die Venus – ist nur ein winziger weißer Punkt gleich oberhalb des breiten Wolkenbandes ungefähr in der Mitte zwischen der zentralen Figur und dem Turm der Kreuzkirche links davon (ich habe das mal mit diesem etwas albernen GIF illustriert).

Ausschnitt mit Pfeil: Die Venus ist nur ein kleiner weißer Punkt, der selbst im Original kaum zu sehen ist.

Dem normalen Betrachter wird der Punkt wahrscheinlich nicht auffallen. Auf den Abbildungen der Reproduktionen, die im Internet verfügbar sind, ist er oft nicht zu erkennen. Die Venus als Abendstern wird hier übrigens als Verkünder des nahenden Todes interpretiert, genauso wie die Pappelgruppen am linken und rechten Bildrand.

Ich war im September im Goethe-Museum und habe dort das Bild eher zufällig entdeckt. Vielleicht hätte ich die Venus gar nicht gesucht, sondern mich nur über den Titel des Gemäldes gewundert, wenn ich nicht im Frühjahr ein Foto vom Abendstern gemacht hätte. Auch auf meiner Aufnahme ist die Venus nicht mehr als ein Pixel am oberen Bildrand. Andere Bildelemente, wie das Abendrot hinter den Baumsilhouetten und die Mondsichel, sind viel auffälliger – obwohl selbst der Mond in unserer Wahrnehmung viel größer erscheint, als er tatsächlich ist.

Venus und zunehmender Mond über Leer, aufgenommen am Abend des 26. März 2020.

Das von mir aufgenommene Foto vom Mond und der Venus am westlichen Abendhimmel von Leer entstand Ende März 2020. In dieser Zeit erreichte die Venus ihre größte östliche Elongation (der von der Erde aus gesehen größte Abstand von der Sonne) und die Dichotomie (die Halbphase, in der genau eine Hälfte des Planeten beleuchtet ist). Der Planet war über mehrere Monate gut am Abendhimmel zu sehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert