Entdecker, die es nicht gab

In der Terra-X-Dokumentation »Kolumbus und die wahren Entdecker Amerikas« des ZDF wimmelt es von Behauptungen und haltlosen Spekulationen. Es werden sogar alte rassistische Mythen aufgewärmt.

Die Reihe »Terra X« im ZDF befasst sich mit den angeblichen »wahren Entdeckern« Amerikas.

Beim Stöbern in der ZDF-Mediathek bin ich mal wieder auf einen Beitrag über Christoph Kolumbus und die Entdeckung Amerikas gestoßen, ein Thema, mit dem ich mich seit Jahren intensiv beschäftige. Titel: »Kolumbus und die wahren Entdecker Amerikas« (Link). Wie viele Terra-X-Dokus wurde er von Peter Prestel und Gisela Graichen produziert. Dass solche Geschichtsdokus nicht immer ganz genau mit de Fakten umgehen, ist nichts Neues. Zuspitzung und Dramatisierung gehören zum Geschäft. Aber in diesem Fall werden doch eine Menge zum Teil haltlose Behauptungen und Spekulationen als Tatsachen hingestellt. Das ärgert mich.

Schon der Anfang ist Bullshit: »Viele sehen in ihm [Kolumbus] noch immer den Entdecker Amerikas. Doch er ist nicht der Erste. Und er weiß es.« Nein, er wusste es nicht. Kolumbus wollte über den Atlantik nach Asien segeln, nach Indien, Cathai (China) und Cipango (Japan). Er folgte nicht den Spuren der »geheimen Entdecker Amerikas«, und die Neue Welt war der Alten auch nicht »durch Karten und Berichte […] längst bekannt«.

Hier alles im Detail darzulegen würde zu weit führen. Ich will nur in paar Beispiele nennen. So wird in dem Beitrag behauptet, Kolumbus habe 1477 in Thule (vermutlich Island) von den Fahrten der Wikinger nach Vinland gehört, wie sie in den isländischen Sagas erzählt wurden. Um das Jahr 1000 hatten grönländische Wikinger eine kurzlebige Siedlung im Norden von Neufundland, das heute zu Kanada gehört, gegründet (Sie wurde 1961 entdeckt).  In den zeitgenössischen Dokumenten findet sich kein Hinweis darauf, dass Kolumbus etwas über die Entdeckungen der Wikinger wusste oder dass diese allgemein bekannt war.

Es ist ebenso reine Spekulation, dass er bei einem Aufenthalt in Bristol in England von der legendäre Reise des St. Brendan gehört hat. Dieser irische Mönch soll im sechsten Jahrhundert eine Seereise unternommen haben. Einzelheiten dieser im Mittelalter weit verbreiteten Legende könnten als Entdeckungen im Nordatlantik gedeutet werden. Es wird auch auf Einträge in Kolumbus‘ Bordbuch verwiesen, die es gar nicht gibt.

Eine erfundene Legende

Dies sind allerdings nur Kleinigkeiten im Vergleich mit den Ausführungen zum walisischen Prinz Madoc. In dem Beitrag wird – nach einem kurzen Hinweis darauf, dass »die bisherige Forschung« die Geschichte als »reines Wunschdenken der Waliser« ansieht – lang und breit behauptet, dass Madoc, Sohn eines walisischen Fürsten, 1170 in See gestochen, in Mobile/Alabama am Golf von Mexiko an Land gegangen und mit seinen Leuten den Mobile River bis nach Tennessee hinaufgefahren ist. Dort soll er eine Burg gebaut und friedlichen Kontakt mit den einheimischen Mandan-Indianer gehabt haben. Quellen werden nicht genannt, es kommen zwei Waliser zu Wort, und es wird auf »Wissenschaftler« verwiesen.

So stellen sich die Filmemacher das Treffen von  Walisern und Mandan vor.

Das hört sich nach einem spannenden Kapitel der Entdeckungsgeschichte an. Sie hat nur einen Nachteil: Nichts daran stimmt. Ich will das erläutern:

Es gibt keinen Beleg dafür, dass es überhaupt einen walisischen Prinz Madoc gegeben hat. Der Name ist nur durch ein Gedicht aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts überliefert, in dem es aber nicht um Entdeckungsfahrten, sondern um Fischerei geht. Der früheste Beleg für die Behauptung, dass Madoc über den Atlantik segelte und das von ihm entdeckte Land im Westen Amerika war, findet sich in der Cronica Walliae von Humphrey Llwyd, einem walisischen Kartografen und Parlamentsabgeordneten des 16. Jahrhunderts. Dieses Geschichtswerk aus dem Jahr 1559 ist zwar bis 2002 unveröffentlicht geblieben, Llwyds Behauptung dürfte aber seinen Zeitgenossen bekannt gewesen sein. Denn die Legende von Madoc wurde in weiteren Werken jener Zeit aufgegriffen und findet sich etwa im 1576 verfassten Manuskript Brytannici Imperii Limites von John Dee, einem wichtigen Berater der englischen Königin Elisabeth, und lag 1583 in dem Werk A True Reporte Of the late discoveries and possessions taken in the right of the Crowne of Englande, of the Newfound Landes: etc. von George Peckham erstmals gedruckt vor. Weitere Werke, etwa die Principall Navigations von Richard Hakluyt aus dem Jahr 1589, griffen die Legende auf und schmückten sie aus. So »überlieferten« sie, dass die walisischen Siedler sich in Florida niederließen.

Dee, Hakluyt und anderen Gelehrten des späten 16. Jahrhunderts befassten sich mit Madoc nicht aus wissenschaftlichem Interesse. Es ging um Politik. Sie wollten Ansprüche der englischen Krone auf die im Westen gerade entdeckten Gebiete durchsetzen, indem sie sich auf angeblich ältere Rechte beriefen – nach dem Motto: Seht her, einer von uns war schon viel früher dort als ihr. England stritt mit dem Königreich Spanien um die Vorherrschaft in Nordamerika.

Der Mythos wuchert

Nachdem die Saat erst einmal gesät war, wucherte der Madoc-Mythos und breitete sich aus. Als im 18. und 19. Jahrhundert immer mehr Waliser und Engländer nach Amerika kamen, erreichte er die Neue Welt. In Amerika, so wurde die Legende weiter gesponnen, ließen sich die von Prinz Madoc angeworbenen Siedler aus Wales zunächst an der Küste nieder. Später zogen sie ins Landesinnere und vermischten sich schließlich mit den Einheimischen. Obwohl die ursprüngliche »Überlieferung« in den Texten des 16. Jahrhunderts ausdrücklich berichtete, dass von den walisischen Siedlern, die Madoc in den Westen gefolgt waren, nie eine Nachricht zurückkam, ist die Literatur voller Berichte über ihr Schicksal und Orte, an denen sich die Waliser zunächst niedergelassen haben sollen.

Als Favorit für den Ort der Landung in Amerika schälte sich nach und nach die Bucht von Mobile am Golf von Mexiko heraus. Dort ließen die Daughters of the American Revolution (DAR), eine patriotische Frauen-Organisation, deshalb im Jahr 1953 eine Gedenktafel anbringen. Deren Inschrift lautet: »In memory of Prince Madoc a Welsh explorer who landed on the shores of Mobile Bay in 1170 and left behind with the Indians the Welsh language.« (Zur Erinnerung an Prinz Madoc, einem walisischen Entdecker, der 1170 an den Ufern der Bucht von Mobile landete und den Indianern die walisische Sprache hinterließ). Die Plakette wurde 2008 von der Nationalparkverwaltung von Alabama angeblich vor dem Sturm Ike in Sicherheit gebracht. Sehr zum Verdruss einiger patriotischer Alabamer. Sie forderten in einer Online-Petition von der Nationaparkverwaltung, die Gedenktafel wieder an ihrem ursprünglichen Standort aufzustellen und prangerten die »offensichtlichen Vorurteile gegen Prinz Madoc und die Waliser« an. Inzwischen wurde die Plakette im Garten des Richards DAR House Museum in Mobile aufgestellt.

Rechtfertigung für Unterdrückung

Ohne jeglichen Beleg werden in der Doku imposante Steinsetzungen in Tennessee und Ohio zu Resten walisischer Festungen erklärt. Tatsächlich handelt es sich bei Madocs angebliche Burgen zum Teil um natürliche Formationen wie den Devil’s Backbone am Ohio und zum Teil um indianische Kultplätze wie dem Old Stone Fort am Duck River in Tennessee. Das wird in dem Beitrag nicht einmal erwähnt. Stattdessen werden rassistische Vorurteile verbreitet.

Ein paar behauene Steinblöcke im Wald präsentiert die Doku als Reste einer möglichen Madoc-Burg. Wo in Amerika diese Aufnahme entstand, wird nicht gesagt.

Dass die »primitiven« Eingeborenen solche Anlagen, auf die die Einwanderer immer wieder stießen, nicht gebaut haben konnten, war im 18. und 19. Jahrhundert eine weit verbreitete Meinung bei den weißen Europäern. Mit dem Mythos von den wilden, unkultivierten Ureinwohner rechtfertigten sie deren Unterdrückung und die Zerstörung der indigenen Kulturen. Im 21. Jahrhundert sollten Autoren von Geschichtsdokus das wissen, zumal sie durch eine einfache Internetrecherche hätten herausfinden können, um was es sich bei diesen Formationen handelt.

Über die Mandan wird die Behauptung wiedergegeben, dass sie auffällig hellhäutig waren, zum Teil blaue Augen hatten und Walisisch klingende Wörter benutzten. Dass das Siedlungsgebiet der Mandan schon im 12. Jahrhundert nicht in Alabama oder Tennessee, sondern mehr als 1300 Kilometer nordwestlich in Dakota lag, wird in der Doku verschwiegen.

Auch über die Wikinger, deren Anwesenheit in Nordamerika 500 Jahre vor Kolumbus zweifelsfrei feststeht, werden in dem Beitrag haltlose Spekulationen aufgestellt. Es wird von kanadischen Wissenschaftlern berichtet, die die Herkunft von Feuersteinen, die in der Wikingersiedlung auf Neufundland ausgegraben wurden, ermitteln. Sie erhoffen sich dadurch Hinweise darauf, wohin die Nordmänner bei ihren Erkundungsfahrten in Nordamerika kamen und wo sie Kontakt zu Einheimischen hatten, um an diesen Stellen gezielt nach Wikinger-Spuren zu suchen. In der Doku wird daraus die Behauptung, dass die Wikinger vorhatten, »in der Neuen Welt weitverzweigte Kolonien aufzubauen«.

Der Beitrag von 2019 ist nicht durchgehend schlecht und mit seinen zahlreichen szenischen Einschüben, die Kolumbus in Bristol, Madoc bei den Mandan oder die angebliche Expeditionsflotte des malischen Königs Abukabari II. zeigen, sehr unterhaltsam. Es wird eine ganze Reihe interessanter Aspekte angesprochen, aber die weitgehend unreflektierte Mischung aus wissenschaftlich erwiesenen Fakten und reinen Spekulationen ergibt insgesamt ein falsches Bild, das der Verbreitung pseudohistorischer Mythen Vorschub leistet. Erst ganz am Ende des Beitrags, in den letzten ein, zwei Minuten werden die zuvor aufgestellten Behauptungen relativiert, es wird plötzlich von Vermutungen gesprochen und das Kolumbus von möglichen früheren Fahrten nach Westen gewusst haben könnte. Das hört sich doch ganz anders an als das „Er weiß es!“ vom Anfang.

Die wahren »wahren Entdecker«

Im Übrigen – die wahren Entdecker Amerikas waren die namenlosen Männer und Frauen, die von Asien kamen und den Kontinent als erste Menschen vor mehr als 16.000 Jahren im heutigen Alaska betraten.

Ich bin jetzt autofrei

Die Entscheidung, auf ein eigenes Auto zu verzichten, stand lange fest: Wenn ich in Rente gehen, brauche ich keins mehr.
Die Evolution des Autobesitzes innerhalb von 44 Jahren.

Am 30. März 2021 habe ich meine mehr als 40 Jahre andauernde Laufbahn als Eigentümer eines Kraftfahrzeugs beendet. Meinen Citroën C 5 habe ich nach zehn Jahren verkauft. Die Entscheidung, auf ein eigenes Auto zu verzichten, stand lange fest: Wenn ich in Rente gehen, brauche ich keins mehr. So einfach war das.

In den letzten Jahren bin ich häufiger mit dem Rad als mit dem Auto gefahren. Der Wagen stand meist tagelang in der Einfahrt, ohne einmal bewegt zu werden. In den Urlaub fahren wir seit Jahren mit dem Zug und benutzen am Urlaubsort, wenn es irgendwie möglich ist, öffentliche Verkehrsmittel.

Angefangen hat meine Autobesitzerlaufbahn mit einem VW 1200. Ich war 20 und hatte gerade den Führerschein gemacht. Die vorderen Kotflügel des Käfers waren orangeweiß lackiert, die Kofferraumhaube vorne grün. Auf den Seitentüren prangte eine große 3 und auf dem Heck mehrere Aufkleber, die meine politische Einstellung offenbarten wie »Atomkraft nein danke«. Das war in der Zeit des »Deutschen Herbsts«, als die terroristische RAF Hans-Martin Schleyer tötete und ein Flugzeug der Lufthansa entführte, eigentlich ein Garant für regelmäßige Kontrollen durch die Polizei. Aber ich hatte Glück und blieb davon verschont.

Es folgten acht weitere Wagen, die ich hier nur summarisch aufzählen will, obwohl mir zu jedem eine Anekdote einfallen würde. Aber ich habe nie ein sentimentales Verhältnis zu den Fahrzeugen gehabt, ich habe nicht einmal von allen Autos Fotos. Das ist der Fuhrpark, chronologisch sortiert: VW 1600 TL, Simca 1501 Break, Ford Capri, Honda Civic, Renault 21 Nevada (als einziger fabrikneu), Renault 19, MG 135 TF und Citroën C 5.

Ehrlicherweise muss ich aber einräumen, dass meine Frau ein Auto hat, das ich benutzen darf.

Auftakt zu einer langen Karriere

Retro-SF: 1955 erschien »Ufo am Nachthimmel«, der erste Roman des deutschen Science-Fiction-Urgesteins Walter Ernsting alias Clark Darlton. Das Werk ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.
Der erste Roman aus der Feder von Clark Darlton wurde 1955 im Rastatter Pabel-Verlag veröffentlicht. Das Titelbild ist von Johnny Bruck.

Mein Vorhaben, Clark Darltons ersten Roman »Ufo am Nachthimmel« zu lesen, musste ich aus technischen Gründen abbrechen. Das von mir kürzlich erworbene, 1955 erschienene Heft der Reihe UTOPIA-Großband war der Belastung nicht gewachsen, die Klebebindung drohte zu brechen, im Rücken war schon ein Riss entstanden. Nun, die gelesenen ersten 44 von 88 Seiten reichen aber für eine Einschätzung und die Erkenntnis, dass ich nichts verpasse, wenn ich den Rest nicht lese.

Walter Ernsting alias Clark Darlton (1920-2005) gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg zu den treibenden Kräften für die Verbreitung und Etablierung der Science Fiction in Deutschland. Er war ab 1954 Redakteur und Übersetzer der UTOPIA-Großbände beim Erich Pabel Verlag in Rastatt, Gründer des Science Fiction Clubs Deutschland im August 1955 und einer der Väter der seit 1961 bis heute wöchentlich erscheinenden SF-Serie PERRY RHODAN.

Ernstings Erstlingswerk ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. In der Großband-Reihe erschienen anfangs nur Übersetzungen zweit- und drittklassiger Romane britischer Autoren, die Ernsting selbst besorgte. Weil Cheflektor Kurt Bernhard abgelehnt hatte, einen von Ernsting verfassten Roman ins Programm aufzunehmen, jubelte er ihm das Werk als angebliche Übersetzung des Romans »To-morrow the Future« eines gewissen Clark Darkton unter. »Ufo am Nachthimmel« erschien als Band 19 der Reihe.

Der Schwindel flog bald auf – dank einer Einrichtung, die ausgerechnet in Band 19 Premiere hatte. Nach dem Vorbild englischsprachiger SF-Magazine führte Ernsting eine mit »Meteoriten« überschriebene Leserbriefseite ein. Dort konnten sich nicht nur die Leser über die Romane austauschen, sondern Ernsting nutzte sie auch, um sich selbst an die Leser wenden. Der erst 15 Jahre alte Leser Ulf Miehe deckte das Pseudonym auf, weil ihm dabei Ähnlichkeiten zum Stil Darltons aufgefallen waren. Beide wurden später Freunde und verfassten einige Romane gemeinsam.

Notlandung einer »fliegenden Untertasse«

Was nun den Roman selbst angeht, fällt er thematisch und qualitativ buchstäblich nicht aus der Reihe. Der Atomforscher Dr. James Freema, seine Verlobte und Kollegin Anne Berkins (der gleich im zweiten Absatz widerspruchslos erklärt wird, dass ihr Platz nach der Heirat am Herd und nicht mehr im Labor sein wird) und sein Freund, der Astronom Mike Conney, beobachten die Notlandung einer »fliegenden Untertasse«. Sie können Kontakt mit dem Pilot aufnehmen. Ker Ga sieht bis auf seine grüne, feinschuppige Haut aus wie ein Mensch, spricht fließend Englisch und kommt angeblich aus dem neun Lichtjahre entfernten Sirius-System. Er und seine Leute beobachten die Erde schon lange vom Mond aus, um eingreifen zu können, wenn ein Atomkrieg auszubrechen droht.

Mit Hilfe von Ersatzteilen aus einem Fernsehgerät gelingt es Ker Ga, sein Ufo wieder flottzumachen. Aber bevor der Sirianer sich von den Erdenmenschen verabschieden kann, wird das Raumschiff von einer Militärpatrouille aufgestöbert. Ohne zu zögern, tötet Ker Ga drei Soldaten, wird aber selbst von einer Kugel getroffen und stirbt. Freema gelingt es, die fliegende Untertasse zu starten und in den Weltraum zu entkommen. Dort fliegt die Gruppe ein bisschen herum, bis sie von Ker Gas Vorgesetzen eingefangen wird. So weit die Geschichte bis Seite 44. Anschließend, habe ich durch Blättern erfahren, kommen die Erdlinge noch auf den Mond, den Mars und besuchen das Sirius-System.

Aus heutiger Sicht ist das zum Teil recht hanebüchen. Über das antiquierte Frauenbild und das Verhältnis zur Gewalt (dass Ker Ga einfach so drei Soldaten zerstrahlt, wird von den Menschen kommentarlos hingenommen) will ich mich hier nicht auslassen. Dass das Alien daherkommt, wie ein kostümierter Mensch – geschenkt, das ist selbst in heutigen Romanen nicht immer anders. Schon damals muss es aber unglaubwürdig gewesen sein, dass das Ufo mit ein paar Fernsehersatzteilen repariert und von einem völlig Unerfahrenen geflogen werden kann. Aber das ist schon typisch Darlton: Technische Fragen waren ihm schnuppe. Aber er setzte sich für die interstellare Völkerverständigung ein.

Der Roman ist sprachlich sauber, wenn auch ohne stilistische Finesse, und für damalige Verhältnisse ganz flott geschrieben. Daran gibt es nichts zu meckern. »Ufo am Nachthimmel« kam beim Publikum an (zumindest muss der Roman sich so gut verkauft haben, dass Ernsting weiter schreiben durfte, nachdem sein Pseudonym aufgedeckt worden war) und ebnete ihm den Weg zu einer lang anhaltenden Schriftstellerkarriere.

Ein früher Anhänger der Prä-Astronautik

Interessant ist, dass Ernsting schon in diesem Roman einige Themen aufgriff, die ihn immer wieder beschäftigten. Ker Ga behauptet, dass die Menschen Nachkommen der Bewohner des fünften Planeten seien, die ihre Welt zerstörten und zum Asteroidengürtel werden ließen (in der PERRY-RHODAN-Serie hieß der fünfte Planet Zeut und wurde von so genannten Bestien zerstört), auf den Mars auswanderten, dort unter anderem Pyramiden errichteten und vor 10.000 Jahren die Erde überfielen: »Die Inkas, die Ägypter, die Bewohner von Atlantis – was sollen sie anderes gewesen sein als jene Marsinvasoren … Sie vergaßen ihre Herkunft… Ihre Sagen aber blieben, und auch ihre Götter, die einst vom Himmel gekommen waren.

Die Orginalgrafik zur Erstveröffentlichung von »The Call of Cthulhu« ist von Hugh Rankin.

Die Vorstellung, dass Außerirdische in weit zurückliegender Vergangenheit die Erde besuchten, als Götter verehrt wurden und auf die Entwicklung der Menschheit einwirkten, geht auf Horror-Autor H. P. Lovecraft zurück. In »The Cult of Cthulhu« (Weird Tales, Februar 1928) heißt es: »They [die Götter] had, indeed, come themselves from the stars, and brought Their images with Them.« Aus dem fiktiven Cthulhu-Mythos, den andere Autoren weitererzählten, wurde erst Mitte der 1950er Jahre eine ernstgemeinte Geschichtshypothese.

Im Grund gehört Ernsting mit »Ufo am Nachthimmel« zu den frühen Vertretern der Prä-Astronautik, lange bevor sie durch Leute wie Erich von Däniken populär wurde. Spannend wäre es herauszufinden, wodurch Ernsting beeinflusst wurde. Kannte er die ersten einschlägigen Werke von Desmond Leslie (»Flying Saucers Have Landed« von 1953) und Harold T. Wilkins (u. a. »Secret Cities of Old South America« ,1952)?

Das Thema hat Ernsting in mehreren Romanen verarbeitet, unter anderem in dem mit autobiografischen Anklängen gespickten »Der Tag, an dem die Götter starben« von 1979. Da war er schon lange mit von Däniken befreundet, der ein begeisterter SF-Leser war und das Werk Ernstings kannte. Der Titel dessen Erstlingswerks »Erinnerungen an die Zukunft« von 1968 könnte von Däniken sogar von Ernsting übernommen haben. Gegen Ende des PERRY-RHODAN-Romans 65 »Ein Hauch Ewigkeit« von Clark Darlton, erschienen 1962, sinniert Perry Rhodan darüber, ob es »auch eine Erinnerungen an die Zukunft« gibt.

Bibliografisches

»Ufo am Nachthimmel« wurde 1963 in der Reihe TERRA-Sonderband gekürzt neu aufgelegt und ist in dem 1983 erschienen »Clark-Darlton-Reader« der Reihe Moewig Science Fiction enthalten. Eine weitere Neuauflage erschien 2004 als Band 1 der Reihe »Science-Fiction-Klassiker« zusammen mit »Die Zeitlosen« im Verlag Readersplanet, Passau.

Das Titelbild von »Ufo am Nachthimmel« stammt von Johnny Bruck.