Von den vier Enden meiner Welt | Ein Update

Himmelsrichtungen waren immer von großer Bedeutung für die Menschen. Meine geografischen Endpunkte liegen in Schottland, Polen, den USA und Mexiko. Update: 18.8.24

Auf dem Highway 550 bei San Ysidro in Neumexiko liegt mein persönlicher westlichster Aufenthaltsort  (Bild: Google Streetview)

Die Himmelsrichtungen waren schon immer von großer Bedeutung für die Menschen: im Osten geht die Sonne auf, im Westen geht sie unter und im Süden erreicht sie ihren höchsten Stand (zumindest auf der Nordhalbkugel). Der Norden ist die Richtung, der man den Rücken zuwendet, wenn man nach Süden blickt. Beim Blick auf die digitale Weltkarte, auf der ich die von mir bereisten Orte markiert habe, fragte ich mich, welches wohl von meinem Wohnort in Ostfriesland aus gesehen der nördlichste, östlichste, südlichste und westlichste Punkt auf der Welt war, den ich besucht habe. Dieser Post ist eine aktualisierte Fassung eines Textes, den ich 2016 veröffentlicht habe.

Der Osten und der Norden waren einfach zu bestimmen: Giżycko, das früher Lötzen hieß und in Ostpreußen liegt, haben wir 1995 bei einem Polen-Urlaub besucht; ein netter, kleiner Ausflugsort am Jezioro Niegocin (Löwentinsee) mitten in der masurischen Seenplatte. Tatsächlich sind wir aber wohl weiter nach Osten gekommen, denn die Straße von Giżycko nach Węgorzewo (21° 45′ O) macht einen Schlenker und erreicht in der Ortschaft Pozezdrze (21° 52′ O) ihren östlichsten Punkt.

Lange war Henne Strand (55° 44′ Nord) an der dänischen Westküste der nördlichste Punkt meines Lebens. Wort habe ich mit ein paar Freunden den Jahreswechsel 1981/82 verbracht. Das änderte sich im Sommer 2024. Während eines Schottland-Aufenthalts habe ich Stirling Castle in der Nähe von Glasgow bzw. Edinburgh besucht. Die Koordinaten: 56° 7′.

In der Luft war ich aber sehr viel weiter im Norden. Auf meinem Flug nach und von Neumexiko (Teilnahme an der Paleoamerican Odyssey Conference 2013) führte die Route an der Südspitze Grönlands entlang. Die liegt bei ~60° Nord.

Ab in die Tropen

So sieht es am Autobahnkreuz 190/1850 östlich von Santo Domingo Tehuantepec aus.

Der südlichste Punkt, der für zehn Jahre mit (32° 47’ Nord) der Dallas/Fort Worth International Airport in Texas war, hat sich durch meine Mexiko-Reise 2023 um fast 16 Grad nach Süden in die Tropen verschoben. Er liegt jetzt bei 16° 20′ Nord in der Nähe von Santo Domingo Tehuantepec im Bundesstaat Oaxaxa, wo sich die mexikanischen Autobahnen 190 (die Panamerican) und 1850 kreuzen. Bis auf eine struppige Landschaft gibt es dort nichts zu sehen. Von dort sind es aber nur wenige Kilometer bis zum Pazifik, den ich später auf der Fahrt nur kurz aus der Ferne gesehen habe.

Der westlichste Punkt liegt in den USA, in Neumexiko. Da gab es zwei Kandidaten: Da ist der Jemez Pueblo, ein Indiandergebiet mit ein paar beeindruckenden Felsformationen, das ich auf einer kleinen Neumexiko-Rundfahrt durchquerte. Das Visitor Center, an dem ich ausgestiegen bin, um die gegenüberliegenden, im Licht der untergehenden Sonne rot leuchtenden Felsen zu fotografieren, liegt auf 106° 40′ westlicher Länge. Nur ein paar Bogensekunden weiter westlich ist das Petroglyph National Monument (106° 35′ 9’’ West). Das ist ein kleines Schutzgebiet mit Hunderten von prähistorischen Felszeichnungen am westlichen Stadtrand von Albuquerque. Dort hatte ich übrigens eine Begegnung mit einem Roadrunner. Tatsächlich aber ist der westlichste Punkt, an dem ich jemals gewesen bin, aber auf dem Highway 550 in San Ysidro (106° N 35′ 31“ W). Dort kommt man durch, wenn man von Jemez Pueblo aus über Bernadillo nach Santa Fe fährt, aber es lohnt nicht auszusteigen.

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Unterwegs zum »Ort der Angst«

»Im Schatten von Xibalba« lautet der Titel der Anthologie, die ich auf meine Mexiko-Reise mitnehme. Sie verspricht Storys aus einer blutigen Alternativwelt

Die Kukulcán-Pyramide von Chichen Itza werden wir am vorletzten Tag unserer Mexiko-Reise sehen. Ob ich bis dahin aus dem »Schatten von Xibalba« herausgetreten bin.

stilisierter Maya-TempelFür meine Reise ins Land der Azteken und Maya habe ich mir – hoffentlich – die richtige Reiselektüre auf den Kindle geladen: die Anthologie »Im Schatten von Xibalba: und andere Mayapunk-Storys«, herausgegeben von Sven Klöpping und verlegt von p.machinery. Der Sammelband mit 14 Storys deutschsprachiger Autoren war mir bei seinem Erscheinen 2016 irgendwie durch die Lappen gegangen, obwohl ich zu der Zeit gerade dabei war, mich in den Kosmos der aktuellen deutschsprachigen SF-Kurzgeschichten einzulesen.

Die Anthologie versammelt Storys aus einer Welt, in der die Geschichte einen anderen Verlauf genommen hat. So heißt es im Anreißer auf Amazon: Mit außerirdischer Hilfe haben die Maya im sechsten Jahrhundert Amerika und weite Teile Europas erobert. Wo später einmal Deutschlands Hauptstadt errichtet werden würde, liefern sich Germanen, Slawen und Mayakrieger nun erbitterte Schlachten. Zwischen den Fronten wechseln Prinzessinnen und Bauernjungen die Seiten … und teilen manchmal sogar die Betten. Das Kind heißt Mayapunk – mit Storys aus einer blutigen, herausfordernden Alternativwelt …

Xibalbá ist in der Mythologie der Maya die neunstufige Unterwelt. Übersetzt ist es der »Ort der Angst«. Das verspricht keine Wohlfühlatmosphäre. Ich bin gespannt.

Die Anthologie en von Xibalba: und andere Mayapunk-Storys« gibt es noch als E-Book.

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Spurensuche führt nach Palenque

Seit Jahren versuche ich, eine Zeichnung zu identifizieren. Vielleicht gelingt es mir in Mexiko.

Wen stellt diese Zeichnung dar? Ich benutze sie seit Jahrzehnten als Logo.

stilisierter Maya-TempelAls Jugendlicher habe ich aus einem Buch über die Maya eine Zeichnung abgepaust, die ich seitdem als Logo benutze. Es ist ein sitzender Mann mit einem Kopfschmuck und einer Kette mit einem Anhänger in Sonnenform. Leider habe ich im Laufe der Jahrzehnte vergessen, wen die Figur darstellt, wenn ich es überhaupt damals wusste, und finde auch die Vorlage nicht mehr. Ohne Zweifel handelt es sich um eine bedeutende Persönlichkeit.

Zur Vorbereitung meiner Mexiko-Reise habe ich mich wieder in die Welt der Olmeken, Zaptoken, Azteken und Maya vertieft, in alten und neuen Texten gelesen und dabei den Versuch unternommen, das Geheimnis dieser Zeichnung zu lösen. Ein Vergleich mit verschiedenen Darstellungen aus der Ruinenstadt Palenque wie der berühmten Grabplatte im Tempel der Inschriften oder der Inthronisationsszene auf einer Tafel in Haus E des Palastes lassen mich vermuten, dass es sich bei der dargestellten Person um den Maya-Herrscher K’inich Janaab Pakal I. handelt.

Er wird auch Pakal der Große genannt und lebte im siebten Jahrhundert, der sogenannten Klassischen Periode. Gerade die Inthronisationsszene, die Pakal mit seiner Mutter zeigt, weist viele Ähnlichkeiten mit der Zeichnung auf: die Form der Nase, die Sitzhaltung, der aufwändige Kopfschmuck, die Kette, die Armbänder/Pulswärmer. Es gibt allerdings ähnliche Darstellungen von Herrschern anderer Maya-Stätte aus dieser Zeit.

Entschlüsselung beginnt

Umzeichnung der Grabplatte von Pakal dem Großen in Palenque (Ausschnitt). Um die Zeichnung komplett zu sehen, bitte aufs Bild klicken (Quelle: wikimedia.org).

Pakals Name wurde ab 1973 nach und nach entschlüsselt. Heute ist dank weiter entwickelter epigrafischer Methoden und Erkenntnisse die Lesung K’inich Janaab Pakal akzeptiert. Über diese und andere Erfolge bei der Entschlüsselung der Maya-Schrift erfuhr man als Laie in Deutschland wenig. Mein erstes Werk über die Maya von Michael Coe1 habe ich 1977 als frisch erschienenes Taschenbuch gekauft, die amerikanische Erstausgabe erschien aber schon 1966. Vieles im Buch war also gar nicht mehr up to date. Darin ist Pakal der Große noch ein »bedeutende[r] Mann, wohl ein Herrscher von Palenque aus dem späten siebten oder dem frühen achten Jahrhundert«. Dieser Klassiker ist ständig aktualisiert worden und liegt auf Englisch inzwischen in der zehnten Auflage2 vor, ist aber nie wieder ins Deutsche übersetzt worden.

Der Fund des Grabes von Pakal dem Großen ist vergleichbar mit der Entdeckung des Grabes von Tut-ench-Amun in Ägypten, auch wenn das Grab des Pharaos um vieles reicher ausgestattet war. Pakals Grab im Tempel der Inschriften in Palenque war seit mehr als 1200 Jahren unberührt. Aufsehend erregend ist die große Steinplatte, die den Sarkophag bedeckt. Darauf ist Pakals Reise ins Totenreich dargestellt. Beeindruckend ist auch die Totenmaske aus Jade, die im Grab gefunden wurde.

Der Name K’inich Janaab Pakal in verschiedenen Schreibweisen. (Quelle: The Montgomery Drawing Collection, caption JM03454).

Zweifelhafter Ruhm

Der Schweizer Hotelier Erich von Däniken hat der Grabplatte zu zweifelhaftem Ruhm verholfen. Sie ziert in einer nicht besonders gelungenen Umzeichnung den Umschlag seines 1968 erschienenen ersten Buches, »Erinnerungen an die Zukunft«3, in dem ziemlich viel Unfug steht. Er hält die dargestellte Szene wie vieles andere für einen Hinweis darauf, dass Außerirdische vor langer Zeit die Erde besucht haben. Von Däniken schreibt, dass vermutlich der Gott Kukulmatz bzw. Kukulkan »in Rennfahrerpose« auf einem Fahrzeug sitzt, das »heute jedes Kind als Rakete identifizieren« würde. Fälschlicherweise nennt er 1935 als Entdeckungsjahr, tatsächlich war es 1952. Mal abgesehen von den Ancient Aliens kann man von Däniken zugutehalten, dass seinerzeit nichts über den Mann bekannt war, der unter der Platte seine letzte Ruhestätte gefunden hatte. Da konnte man noch viel hineinfantasieren. Ich muss zugeben, dass es auch von Däniken war, der mich dazu gebracht hat, mich mit den Maya und anderen prähistorischen Zivilisationen zu beschäftigen.

Vielleicht findet ich während meiner Reise nach Mexiko eine Antwort auf die Frage, wen das Logo darstellt. Der Besuch von Palenque steht für den 21. November auf dem Programm. Als vollständiges Maya-Datum, das aus Elementen aus drei verschiedenen Kalendern besteht, ist das in moderner Schreibweise 13.0.11.1.7 13 Manik 15 Ceh.

Literatur

  1. Michael Coe: Die Maya. Bergisch-Gladbach 1977 ↩︎
  2. Michael Coe/Stephen Houston: The Maya. London 2022 ↩︎
  3. Erich von Däniken: Erinnerungen an die Zukunft. Düsseldorf 1968 ↩︎

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