07 Erkundung der Karibik

Erkundung der Karibik

Montag, den 12. November

In den ersten Morgenstunden verließ ich den „Fluß der Meere“ in der Richtung auf eine Insel, die meine Indianer mit allem Nachdruck „Baveque“ nannten, auf welcher ihrer Zeichensprache nach die Eingeborenen während der Nacht mit Fackelbeleuchtung das Gold am Meeresstrand auflasen, worauf sie es mit dem Hammer zu Barren schlugen. Um diese Insel zu erreichen, muß man nach Ost-zu-Süd steuern.

Nachdem wir auf einer Strecke von 32 Seemeilen der Küste entlang gefahren waren, entdeckte ich einen Fluß. Nach weiteren 16 Seemeilen stieß ich auf einen zweiten Wasserlauf, der weit größer und beachtlicher zu sein schien als alle bisher entdeckten Flüsse. Zwei Gründe bewogen mich, in keinen der beiden Flüsse einzufahren. Der erste und wichtigste Grund war der, daß das Wetter und die Windverhältnisse für eine Weiterfahrt auf der Suche nach der vorgenannten Insel „Baveque“ sprachen. Zum an dem hätte ich es von hier aus unterscheiden können, falls sich in der Nähe der Küste eine volkreiche und namhafte Stadt befände. Überdies hätte es kleinerer Schiffe mit geringerem Tiefgang bedurft als meine eigenen, um stromaufwärts zu fahren, und hätte ich zuviel Zeit daran verwenden müssen, wenn ich mich damit aufgehalten hätte, derartige Flüsse zu erforschen, die ein gesondertes Unternehmen erforderten.

Alle diese Küstenstreifen waren besiedelt, vor allem in der Nachbarschaft des Flusses, dem ich den Namen „Rio del Sol“ (Sonnenfluß) gab. Ich trug mich am Vortag, also am Sonntag, den 11. November, mit dem Gedanken, daß es zweckmäßig wäre, einige der Anwohner der Flußufer mit mir zu nehmen, um sie den spanischen Herrschern vorzuführen, damit sie die spanische Sprache erlernen und daher nach ihrer Rückkehr in die Heimat in der Lage wären, verläßliche Angaben über die Eigentümlichkeiten des Landesinnern zu liefern und auf diese Weise zu Dolmetschern der Christen würden. Gleichzeitig würden sie unsere Sitten und Gebräuche und unsern Glauben annehmen.

Letzteres halte ich deshalb für angebracht, weil ich mich selbst davon habe überzeugen können, daß diese Völkerschaften keinen eigenen Kult besitzen, auch keinen Götzendienst betreiben. Dagegen konnte ich feststellen, daß sie sehr fügsam und ohne jeden Harm sind und über keinerlei Waffen verfügen Sie töten niemand und berauben auch niemand seiner Freiheit; ja, sie sind alle so furchtsam und scheu, daß hundert von ihnen vor einem einzigen der Unsern die Flucht ergreifen, obzwar sie es lieben, mit ihnen zu scherzen. Von Natur aus gläubig, sind sie mit dem Gedanken vertraut, daß es einen Herrgott im Himmel gibt, und sind felsenfest davon überzeugt, daß wir vom Himmel herabgestiegen sind. Sie wiederholen eifrigst die Gebete, die wir verrichten, und machen das Kreuzeszeichen. Daher müssen Eure Hoheiten den Entschluß fassen, aus ihnen Christenmenschen zu machen. Wenn einmal der Anfang gemacht ist, so werden binnen kurzer Zeit eine Unmenge von Völkern unserm Glauben gewonnen sein, während gleichzeitig Spanien große Gebietsteile und ansehnliche Reichtümer erwerben wird, Letzteres behaupte ich aus der Erwägung, daß in diesen Ländern ohne jeden Zweifel große Goldmengen vorhanden sein müssen. Die Behauptung meiner Indianer, daß es auf diesen Inseln Gegenden gibt, wo sie das Gold gewinnen, mit dem sie dann ihren Hals, ihre Ohren, Arme und Beine schmücken, ist durchaus stichhaltig. Außerdem gibt es hier sicherlich auch Edelsteine, Perlen und zahllose Gewürzarten.

Am „Fluß der Meere“, von wo aus ich vorige Nacht aufgebrochen bin, gibt es gewiß eine Unmenge von Mastixharz. Man könnte es noch dadurch vermehren, wenn man Schößlinge einsetzte, die rasch gedeihen und die man von den sie hervorbringenden Pflanzen abschneiden kann. Letztere sind sehr zahlreich und groß und haben Blätter und Früchte wie der Mastixbaum; sie sind aber weit größer, als Plinius sie schildert, was ich selber auf der Insel Schio im griechischen Inselarchipel beobachtet habe. Ich ordnete an, einige jener Pflanzen einzuritzen, um mich zu vergewissern, ob Harz ausfließe, und es aufzufangen. Da es aber während der ganzen Zeit meines Aufenthalts an jenem Fluß regnete, vermochte ich mir nur geringe Mengen zu beschaffen, die ich Euren Hoheiten vorlegen werde. Die geringe Ausbeute könnte auch daher rühren, daß die gegenwärtige Jahreszeit für das Anstechen der Pflanzen nicht günstig ist, was meines Erachtens dann der Fall sein müßte, wenn die Pflanzen fast reife Früchte tragen, in dieser Gegend also gegen Ende des Winters, sobald das Frühjahr heranrückt.

Ferner wird man hierzulande eine ausgiebige Baumwolleernte haben, die man nicht erst nach Spanien zu befördern brauchen wird, sondern in den Städten des Großen Khan, die man zweifelsohne entdecken wird, und in den Städten anderer Reiche, die sich glücklich schätzen werden, Euren Hoheiten dienen zu können, sehr vorteilhaft wird verkaufen können. Wir werden überdies in diesen Städten auch andere Erzeugnisse und Waren aus Spanien und den Ländern des Ostens feilbieten können, da die Städte, von denen die Rede ist, uns gegenüber im Westen liegen. Hier kann man auch reichliche Mengen Aloeholz vorfinden, obgleich es keinen besondern Wert hat. Doch ist das Mastixharz sehr wertvoll, da man es nur auf der vorher erwähnten Insel Schio antrifft, wo man – wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt – eine Ausbeute im Werte von gut 50 000 Dukaten erzielt. An der Mündung des bereits erwähnten Flusses liegt der beste Hafenplatz, den ich je gesehen. Er ist tief und breit, an geborgener Stelle, die zur Errichtung einer Stadt und eines Forts wie geschaffen ist, wo die Schiffe unmittelbar zu Füßen des Mauerwalls anlegen können. Außerdem ist das Land hochgelegen und hat ein ausgezeichnetes Klima und gutes Trinkwasser.

Gestern legte ein Kanoe bei mir an, in dem sich sechs junge Burschen befanden, von denen fünf an Bord des Schiffes kamen; ich ließ sie festhalten, um sie mit mir nach Spanien zu nehmen. Später schickte ich einige meiner Leute zu einer Behausung, die auf der westlichen Seite des Flusses lag. Sie kehrten in Gesellschaft von sieben teils jungen, teils älteren Frauen und drei Knaben zurück, die ich ebenfalls mit nach Spanien nehmen möchte. Ich tat dies in der Überzeugung, daß die Männer sich in Spanien besser aufführen werden, wenn sie Frauen ihres Landes bei sich hätten, da es sich oft ereignet hat, daß Männer aus Guinea, die nach Portugal gebracht worden waren, um die Landessprache zu erlernen, bei der Rückkehr in ihre Heimat, als die Portugiesen meinten, aus der ihnen zuteil gewordenen guten Behandlung und den ihnen gemachten Geschenken gute Münze schlagen zu können, einmal an Land gesetzt, auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Meine Eingeborenen würden dies nicht tun; denn da sie ihre Frauen bei sich haben, werden sie bereitwilligst alles tun, was man ihnen anschaffen wird. Diese Indianerfrauen werden den Unsrigen ihre Sprache beibringen, die auf allen indischen Inseln ein und dieselbe ist; dort verstehen sich alle Eingeborenen untereinander und suchen alle diese Inseln auf ihren Kanoes auf. In Guinea verhält es sich anders: hier sprechen sie tausend verschiedene Sprachen, und die Einwohner einer Gegend verstehen die Sprache der Bewohner eines andern Ortes nicht.

Heute nacht erschien an Bord meines Schiffes der Ehegatte einer jener Frauen und Vater der drei Kinder – ein Knabe und zwei Mädchen -, die ich zurückbehalten hatte, und bat mich, ihm zu gestatten, seine Lieben begleiten zu dürfen. Dies gefiel mir sehr, und alle Indianer zeigten sich darüber befriedigt, was mich darauf schließen läßt, daß sie alle untereinander verwandt sind. Jener Ehegatte wird zwischen 40 und 45 Jahren alt sein.

Es war ziemlich kalt; daher wäre es nicht sehr ratsam gewesen, zur Winterszeit gegen Norden zu segeln, um neue Länder zu entdecken. An diesem Montag legte ich mit meinem Schiff bis Sonnenuntergang 72 Seemeilen in Richtung Ost-zu-Süd zurück, bis ich ein Vorgebirge erreichte, das ich „Kap von Kuba“ taufte.

Dienstag, den 13. November

Die ganze Nacht über kreuzte ich mit meinem Schiff auf und ab oder blieb auf ein und derselben Stelle liegen, um des Morgens eine Schlucht oder einen Einschnitt zwischen zwei Bergen beobachten zu können, den ich noch am Abend erspäht hatte, und der von zwei sehr hohen Bergspitzen überragt wird. Es hatte den Anschein, als ob hier die Erde Kubas jener von Vosio unmittelbar gegenüberläge, was die Indianer, die ich mit mir hatte, mit Zeichen zu verstehen gaben.

Bei hellichtem Tage steuerte ich das Land an und überfuhr eine Landspitze, die mir in der vergangenen Nacht in einer Entfernung von ungefähr acht Seemeilen erschienen war. Ich gelangte zu einer großen Bucht, die 20 Seemeilen gegen Süd-Südwesten gelegen war, von wo ich weitere 20 Seemeilen zurücklegen mußte, um ein Vorgebirge zu erreichen, wo sich zwischen den beiden vorgenannten großen Bergen eine Einbuchtung öffnete, von der ich aber nicht feststellen konnte, ob dort ein Hafenplatz sei oder nicht.

Da ich die mit dem Namen „Veneque“ bezeichnete Insel aufsuchen wollte, die sich östlich von meinem Standort befand und dem Hörensagen nach reich an Gold war, und da ich zum andern keine große Siedlung bemerkte, die mich zu einem längeren Aufenthalt bewogen hätte, ich auch keine geeignete Stelle vorfand, um dort vor dem ungewöhnlich stark zunehmenden Wind Zuflucht zu suchen, beschloß ich, wieder in See zu gehen und mit dem Wind, der von Norden kam, in östlicher Richtung weiterzufahren.

So segelte ich mit einer Stundengeschwindigkeit von 8 Seemeilen und legte von zehn Uhr morgens, also vor Beginn der Fahrt, bis Sonnenuntergang 56 Seemeilen östlich vom Kap Kuba zurück. Ich stellte fest, daß vom Kap des vorgenannten Golfes aus bis zum Land von „Bohío“, das in Lee gelegen war, ein Abstand von 80 Seemeilen lag. Diese ganze Küste verläuft von Ost-Südosten nach West-Nordwesten

Mittwoch, den 14. November

Die ganze vergangene Nacht hindurch kreuzte ich vorsichtig auf, da es meines Erachtens unvorsichtig gewesen wäre, zur Nachtzeit zwischen diesen Inseln hindurchzufahren, ohne sie vorher genau ermittelt zu haben. Meine Indianer hatten mir am gestrigen Dienstag zu verstehen gegeben, daß man vom „Fluß der Meere“ bis zur Insel Baneque drei Tage Seefahrt zurückzulegen habe selbstredend ist damit eine Seefahrt mit ihren Kanoes gemeint, mit denen man nicht mehr als 28 Seemeilen täglich vorwärts kommt. Anderseits ließ der Wind nach, und da ich nach Osten fahren mußte, konnte ich nur in Richtung Ost-zu-Süd vorwärtsdringen. Angesichts dieser Tatsache und anderer ungünstiger Umstände sah ich mich gezwungen, bis zum heutigen Morgen in jenen Gegenden zu verbleiben.

In der Morgendämmerung beschloß ich, einen Ankerplatz aufzusuchen, da der Wind nicht mehr aus Norden, sondern aus Nordosten kam; ohne ihn wäre ich gezwungen gewesen, wieder zu den Häfen zurückzukehren, aus denen ich auf der Insel Kuba ausgelaufen war. Im Laufe der Nacht legte ich 24 Seemeilen gegen Ost-zu-Süd zurück und gelangte auf Landhöhe. Ich setzte meine Fahrt in südlicher Richtung fort, indem ich 4 Seemeilen der Küste entlang fuhr. An der Küste sichtete ich viele kleine Inseln, die von Kanälen und Einbuchtungen durchzogen waren; aber da ein starker Wind wehte und die See bewegt war, wagte ich es nicht, zwischen ihnen hindurchzusegeln. Statt dessen fuhr ich der Küste gegen Nord-Nordwesten entlang, auf der Suche nach einer geschützten Stelle, deren es zwar einige gab, die aber nicht genügend Schutz boten. Nach einer Fahrt von 64 Seemeilen stieß ich auf einen Meereseinschnitt, der 1 Seemeile breit und sehr tief war und eine Art Flußmündung darstellte, die einen guten Hafenplatz bot. Beim Einfahren fuhr ich zuerst gegen Süd-Südwesten, dann gegen Süden und schließlich nach Südosten; überall fand ich eine genügende Breite und gute Wassertiefe vor. Einmal angelangt, entdeckte ich eine derartige Unmenge von Inseln, daß ich sie nicht zu zählen vermochte. Sie waren mäßig groß und hochgelegen und dicht von verschiedenerlei Bäumen und zahllosen Palmen besetzt. Angesichts so vieler schöner Inseln erfaßte mich ein großes Staunen. Mein erlauchtes Herrscherpaar kann versichert sein, daß die Berge, die ich bereits am Vortag an jener Küste und auf diesen Inseln beobachtet hatte, meinem Dafürhalten nach die höchsten der Welt und die schönsten und klarsten zu sein schienen, ohne eine Spur von Nebel und Schnee. Zu Füßen dieser Berge ist das Meer äußerst tief. Dies sind wohl jene zahlreichen Inseln, die auf den Landkarten im äußersten Osten eingezeichnet sind. Sie bergen gewiß große Schätze an kostbaren Steinen und Gewürzen. Sie erstrecken sich sehr weit gegen Süden und werden nach allen Seiten hin breiter. Ich benannte sie „Mar de Nuestra Señora“, während ich der Bucht, die nächst der See-Einfahrt zu diesen Inseln liegt, den Namen „Puerto del Principe“ gab. In diese Bucht fuhr ich nur um eine kurze Strecke ein, gerade hinlänglich genug, um mir davon ein Bild zu machen, mit dem Vorsatz, ein anderes Mal wiederzukehren. – (An dieser Stelle ergeht sich der Admiral in solch wortbeschwingten Schilderungen über die Fruchtbarkeit, die Schönheit und große Höhe jener von ihm in diesem Hafen vorgefundenen Inseln, daß er an die Herrscher Spaniens die Bitte richtet, sich über diesen Lobgesang nicht zu verwundern, der einigermaßen übertrieben erscheinen könnte, und versichert sie, daß er nur den hundertsten Teil dessen sage, was die Gegend an Worten verdienen würde. Einige von diesen Inseln erwecken den Eindruck, als würden sie bis zum Himmel reichen, und sehen aus wie die Spitze eines Diamanten, während andere oben abgeflacht sind. Das zu ihren Füßen befindliche Meer ist so tief, daß auch eine sehr große Karacke anlegen könne. Alle diese Inseln sind dicht bewaldet und haben keine Klippen.)

Donnerstag, den 15. November

Ich faßte den Entschluß, diesen Inselarchipel mit meinen Schiffsschaluppen zu erforschen. Auf einigen dieser Inseln fand ich Mastixharz und eine Unmenge von Aloe, auf andern Pflanzungen jener Wurzeln, aus den die Indianer ihr Brot zubereiten; an vielen Orten sah ich Feuer brennen. Süßwasser fand ich nicht. Wir begegneten keiner Menschenseele, da alle Bewohner die Flucht ergriffen hatten.

Längs der ganzen zurückgelegten Strecke stieß ich auf eine Meerestiefe von 15-16 Faden; der Seegrund war überall sandig, ohne eine Spur von Klippen, also ganz nach Wunsch der Seeleute, denen es wohlbekannt ist, daß Felsen die Ankerseile der Schiffe beschädigen.

Freitag, den 16. November

Da ich an jedem meiner Landungsplätze ein Kreuz zu errichten pflegte, wollte ich dies auch hier tun und fuhr mit meinem Boot zur Einfahrt jener Buchten. Auf einer Landzunge fand ich zwei Balken von großen Ausmaßen, von denen der eine länger als der andere war, die so kunstgerecht in Kreuzesform übereinander lagen, daß meiner Ansicht nach ein Tischler sie nicht besser hätte zusammenfügen können. Ich verrichtete vor diesem Kreuz eine kurze Andacht und ließ mit diesem Holz ein anderes, sehr großes und hohes Kreuz anfertigen. Dem Ufer entlang gehend, fand ich Schilfrohr, und da ich nicht wußte, wo dieses wuchs, nahm ich an, daß es durch irgendeinen Fluß hierher getrieben und ans Ufer geschwemmt worden war.

Dann begab ich mich zu einer kleinen Bai jenseits des Eingangs zur Bucht gegen Südosten. Hier waren Steine und Klippen zu einer Art Kap übereinander getürmt, zu dessen Füßen das Meer so tief war, daß das größte Segelschiff der Welt hier hätte anlegen können. An einer Stelle des Meeres hätten sechs Schiffe nebeneinander liegen können, ohne vor Anker zu gehen, und würden dort so sicher liegen wie in einem Dock. Ich bin der Meinung, daß man an jener Stelle mit geringen Auslagen eine Festung errichten könnte, falls sich in Zukunft ein reger Handelsverkehr auf jenem von Inseln besäten Meer entwickeln sollte.

Zu meinem Schiff zurückgekehrt, sah ich, wie die Indianer, die ich mit mir genommen hatte, damit beschäftigt waren, nach großen Muscheln zu fischen, die in diesen Gewässern leben. Daraufhin befahl ich meinen Männern, unter Wasser zu tauchen, um nachzuforschen, ob Perlenmuscheln vorhanden seien. Die Matrosen fanden tatsächlich viele Austern, allein ohne Perlen. Dies hängt wohl damit zusammen, daß die Jahreszeit ihrer Erzeugung, die meiner Ansicht nach auf die Monate Mai und Juni fallen müßte, vorbei ist.

Meine Matrosen fingen ein Tier, das das Aussehen eines Dachses hatte, und fischten mit ihren Netzen u. a. einen Fisch heraus, der einem Schweine glich: gewiß war es kein Thunfisch, da ergänzlich von Schuppen bedeckt war und außer dem Schwanz und den Augen keine Weichteile hatte. Unter dem Schuppenpanzer hatte er eine Öffnung zum Austritt seiner Exkremente. Ich ließ den Fisch in Salz legen, um ihn zu gegebener Zeit dem König und der Königin zeigen zu können.

Samstag, den 17. November

Zu früher Morgenstunde begab ich mich in mein Boot, um jene Inseln zu besichtigen, auf denen ich noch nicht gelandet war, die sich in südwestlicher Richtung befinden. Ich sah deren recht zahlreiche, die sehr fruchtbar und lieblich anzusehen waren; von Insel zu Insel war das Meer immer sehr tief. Einige von diesen Inseln waren von Wasserläufen durchzogen, von denen ich annahm, daß sie ihr Entstehen Süßwasserquellen verdanken, die auf den Gipfeln der Berge entspringen.

In einiger Entfernung stieß ich auf einen kleinen, klaren Wasserlauf, der in seinem Sandbett munter dahinfloß. Ringsumher breitete sich eine anmutige Wiesendecke aus, von zahlreichen Palmen besetzt, die weit hochragender waren als alle andern vorher gesehenen. Daneben standen große Nußbäume, die den indischen Nußbäumen glichen. Ferner sah ich dicke Mäuse, die ebenfalls jenen in Indien vorkommenden Mäusen gleichen, und Krebse von außergewöhnlichem Ausmaß. Zahlreiche Vögel flogen vor mir auf. Ich verspürte einen starken Moschusgeruch, woraus ich schloß, daß in diesen Gegenden auch Moschustiere leben müssen.

Von den sechs jungen Indianern, die ich am „Fluß der Meere“ ergriffen und an Bord der Karavelle „Niña“ genommen hatte, haben heute die zwei ältesten das Weite gesucht.

Sonntag, den 18. November

Auch heute schiffte ich mich mit vielen meiner Leute auf die Schaluppen ein, um das große, wunderbare Kreuz, das ich aus den zwei erwähnten Balken hatte verfertigen lassen, an gut sichtbarer Stelle, wo keine Bäume waren, am Eingang zum „Puerto del Principe“ aufzurichten.

In diesen Gegenden sind die Unterschiede zwischen Ebbe und Flut weitaus größer als in jeder andern Bucht, die ich bis jetzt entdeckt hatte – eine Tatsache, die nicht wundernehmen darf, wenn man die Unzahl von Inseln berücksichtigt, von denen das Meer hier besät ist. Die Gezeiten verhalten sich in diesen Gegenden ganz anders, als es in unsern Gewässern der Fall ist, da in der Bucht, wo ich mich eben aufhalte, Ebbe geherrscht hat, als der Mond sich in Südwest-zu-Süd befunden hatte. Da es ein Sonntag war, wollte ich nicht weiterfahren.

Montag, den 19. November

Ich verließ die Bucht noch vor Tagesanbruch bei großer Windstille. Später, mehr gegen Süden, nahm der Wind aus Osten etwas zu, weshalb die Armada eine nordnordöstliche Richtung einschlug. Bei Sonnenuntergang zeichnete sich der „Puerto del Principe“ am süd-südwestlichen Horizont in einer Entfernung von etwa 28 Seemeilen ab.

Als wir gegen Osten fuhren, sichteten wir die Insel Baneque in einer Entfernung von ungefähr 60 Seemeilen. Die ganze Nacht hindurch fuhren wir gegen Nordosten und brachten nur knappe 60 Seemeilen hinter uns. Bis 10 Uhr morgens des folgenden Dienstag legten wir weitere 12 Seemeilen in Richtung Nordost-zu-Nord, also insgesamt 72 Seemeilen, zurück.

Dienstag, den 20. November

Im Ost-Südosten tauchte die Insel oder die Inseln von Baneque auf, der Wind kam aus entgegengesetzter Richtung. Als ich merkte, daß die Windrichtung sich nicht änderte und die See überdies bewegter wurde, beschloß ich, nach „Puerto del Principe“ zurückzufahren, von wo aus ich aufgebrochen und von dem ich nun 100 Seemeilen entfernt war. Aus zwei Gründen wollte ich nicht die kleine Insel ansteuern, die ich mit dem Namen „Isabella“ getauft hatte, von welcher ich nur 48 Seemeilen weit weg war und wo ich noch am gleichen Tage hätte landen können: erstens deshalb nicht, weil ich gegen Süden zwei weitere Inseln gesichtet hatte, die ich auskundschaften wollte, und zum andern, weil ich befürchtete, daß die Indianer die Flucht ergreifen würden, die ich in Guanahaní – der von mir „San Salvador“ benannten Insel, die nur 32 Seemeilen von der Insel Isabella entfernt ist – an Bord genommen hatte und die ich unbedingt nach Kastilien bringen muß. Denn diese Indianer gaben sich der Hoffnung hin, daß ich sie zu ihren Behausungen zurückkehren lassen würde, sobald ich das Gold gefunden hätte.

Daher kehrte ich zum „Puerto del Principe“ zurück. Allein ich vermochte nicht in den Hafen einzufahren, weil es bereits dunkelte, als ich dort ankam und die Strömungen mich nach Nordwesten abtrieben. So nahm ich nochmals einen Kurswechsel vor und steuerte gegen Nordosten, bei starkem Wind. Zu Beginn der dritten Nachtwache ließ der Wind etwas nach und sprang um, weshalb ich nach Ost-zu-Nord abschwenkte. Der Wind kam aus Süd-Südosten, in der Morgendämmerung hingegen aus Süden, fast aus Südosten. Nach Sonnenaufgang sichtete ich den Hafen „Puerto del Principe“, der im Südwesten lag, und stellte fest, daß mich davon eine Entfernung von 48 Seemeilen trennte.

Mittwoch, den 21. November

Bei Tageslicht segelte ich mit Südwind weiter. Allein ich kam nur langsam vorwärts, weil Gegenströmung eingesetzt hatte, so daß ich bis zum Abend nur 24 Seemeilen zurücklegte. Später sprang der Wind nach Osten um, weshalb ich nun Süd-zu-Süd steuerte. Bei Sonnenuntergang stellte ich fest, weitere 12 Seemeilen durchlaufen zu haben.

jetzt befanden wir uns auf 42° Nordbreite, wie im Puerto dos Mares; doch bezweifle ich die Genauigkeit des Quadranten, die ich, einmal an Land gelangt, zu überprüfen gedenke. Dennoch war ich der Ansicht nicht allzuweit von jener Breite entfernt zu sein. (Tatsächlich war sein Zweifel begründet, da es ausgeschlossen war, daß er so weit nach Norden vorgedrungen war, da diese Inseln auf dem 30. Breitengrad liegen.‘ Trotzdem neigte er zu der Annahme, daß der Quadrant doch richtig angab, da er eine Nordbreite, jener von Kastilien gleich, angab. Allein wäre dies zutreffend gewesen, dann würde sich der Admiral auf der Höhe und in der Nähe von Florida befunden haben. Wo sollten aber in diesem Falle die Inseln hingekommen sein, von denen er behauptet sie vor sich gehabt zu haben?

Der Admiral fügt hinzu, daß die große Hitze, die er hier antraf, ihn noch mehr dazu veranlaßte, diesem Zweifel Ausdruck zu geben. Allein es ist offenkundig, daß er auf Kälte und nicht auf Hitze gestoßen wäre, wenn er sich an den Küsten Floridas befunden hätte. Anderseits ist es gleichermaßen klar, daß es am 42. Breitengrad auf keinem Teil der Erde heiß sein kann, es sei denn, daß dies durch irgendeinen zufälligen Grund hervorgerufen würde – „ein Fall, von dem ich nicht weiß, daß er je vor gekommen wäre“.

Aus diesen hohen Temperaturen, unter denen der Admiral dort gelitten haben will, zieht er den Schluß, daß in diesem Teil Indiens ausgedehnte Goldlager vorkommen müßten.

Am heutigen Tage trennte sich Martin Alonso Pinzón mit seiner Karavelle „Pinta“ von den an dem zwei Schiffen, nicht nur ohne irgendeinen diesbezüglichen Befehl erhalten zu haben, sondern gegen den ausdrücklichen Willen des Admirals. Dieser berichtet, daß Pinzón nur aus Gewinnsucht so gehandelt habe, in der Meinung, viel Gold zu finden, wenn er den Angaben eines jener Indianer Folge leistete, die der Admiral an Bord der „Pinta“ hatte einschiffen lassen. So fuhr Pinzón auf und davon, ohne auf den übrigen Teil der Armada Rücksicht zu nehmen und ohne daß ihn das schlechte Wetter zu einem Kurswechsel gezwungen hätte, einzig und allein seinem eigenen Willensentschluß folgend. An dieser Stelle schreibt der Admiral: „Und noch viele andere häßliche Dinge hat er mir gesagt und angetan.“)

Donnerstag, den 22. November

In der Nacht zum Donnerstag steuerte die Armada Süd-zu-Ost, unter mäßigem Ostwind. In der Morgenwache hatten sie Nord-Nordost-Wind; trotzdem behielt ich den Kurs bei, um das Land zu erforschen, das ich in jener Richtung wahrgenommen hatte. Allein bei Sonnenaufgang fand ich mich wegen ungünstiger Strömungen so weit davon entfernt wie am Vortag. Jenes Und aber war noch an die 40 Seemeilen entfernt.

Im Laufe der Nacht steuerte Martin Alonso auch weiterhin östliche Kurse, um die Insel Vaneque zu erreichen, wo nach Aussage der Indianer der „Pinta“ reichlich Gold vorhanden sein sollte. Dabei segelte er noch in Sehweite der Santa Maria, ungefähr 16 Seemeilen von ihm entfernt. Die ganze Nacht hindurch hielt ich auf das Land zu, ließ einige Segel schließen und die Hecklaterne anzünden, da es mir vorkam, als ob Pinzón auf mich zusteuerte; jener hätte dies leicht tun können, wenn er es gewollt hätte, da die Nacht klar war und ein dazu günstiger Wind blies.

Freitag, den 23. November

Den ganzen Tag segelte ich auf das Land zu, den südlichen Kurs beibehaltend, bei schwachem Ost-Nordost und einer Strömung, die das Herankommen an Land so erschwerte, daß wir uns bei Sonnenuntergang ebensoweit davon entfernt befanden wie am Morgen. jenseits des zuerst gesichteten Vorgebirges zeigte sich nun weiteres, noch östlicheres Land, das die an Bord befindlichen Indianer „Bohío“ nannten. Sie berichteten, daß dieses Land sehr groß sei und dort Menschen lebten, die ein Auge mitten in der Stirne hätten, und andere, die sie als Kannibalen bezeichneten, und vor denen sie scheinbar große Angst hatten. Als sie gewahr wurden, daß ich mich anschickte, jenes Land anzulaufen, verloren sie vor Schreck fast die Sprache, da sie erklärten, daß die Kannibalen sehr gut bewaffnet seien, sie ergreifen und verzehren würden.

Ich glaube, daß an den Behauptungen der Indianer doch etwas Wahres sein muß und jene Eingeborenen, gerade weil sie Waffen tragen, nicht unvernünftige Wesen sein können. jene Kannibalen werden wohl einige Indianer gefangengenommen haben, deren Anverwandte sich dann, als sie sahen, daß ihre Angehörigen nicht mehr heirnkehrten, eingebildet haben, daß dieselben aufgefressen worden seien. Schließlich hatten ja auch einige Indianer das gleiche von uns Christen vermutet, als wir das erste Mal bei ihnen erschienen.

Samstag, den 24. November

Ich fuhr die ganze Nacht hindurch und befand mich um 3 Uhr morgens in Landnähe bei der „Isla Plana“ (Flache Insel), also an der gleichen Stelle, wo ich mich eine Woche zuvor befunden hatte, als ich auf der Fahrt nach der Insel Baneque unterwegs war. Doch wagte ich es nicht, zu nahe heranzufahren, da mir die Brandung in jener zwischen Bergen gelegenen Bucht zu stark zu sein schien.

Endlich gelangte ich ins „Mar de Nuestra Señora“ , das von zahlreichen Inseln besät war, und stieß ins Innere der Reede vor, die den Abschluß dieser Einfahrt in den Archipel bildet. Hätte ich früher von diesem sicheren Ankerplatz Kenntnis gehabt und mich nicht damit aufgehalten, die vorerwähnten Inseln zu erforschen, dann hätte ich es nicht nötig gehabt, mich anderweitig umzusehen; immerhin glaube ich nicht, daß es unnütz verlorene Zeit gewesen sei, jene Inseln erforscht zu haben. Als wir uns der Küste genähert hatten, schickte ich mein Boot aus, um zu loten. Man stellte eine ausgedehnte Untiefe fest mit 6 Faden Wasser; allein der Ankerplatz war 20 Faden tief, mit klippenreinem, sandigem Grund.

Hierauf lief man ein, indem man zuerst nach Südwesten, dann nach Westen steuerte, jene Insel nördlich liegen lassend, die zusammen mit einer nachbarlichen eine Art Bucht bildet, die sämtliche Schiffe Spaniens, vor Anker und sonst unvertaut, vollkommen windgeschützt aufzunehmen imstande wäre. Diese Einfahrt von Südwesten, welche man mit Kurs Süd-Südwesten befährt, hat im Westen eine breite und tiefe Ausfahrt, so daß jeder, der von Norden käme, mit Leichtigkeit zwischen diesen Inseln hindurchfahren könnte, um sie in Augenschein zu nehmen, ohne dabei die direkte Fahrtrichtung zu ändern.

Die genannten Inseln liegen zu Füßen eines großen Gebirgszuges, der von Osten nach Westen verläuft. Die Insel, bei der wir ankerten, ist die längste von all den unzähligen Inseln, die sich längs jener Küste befinden. Nach außen zu, längs des genannten Gebirges, wird sie von einem Felsenriff eingesäumt, das sich bis zum Eingang der Bucht erstreckt. Dies alles liegt im Südwesten. Aber auch längs der „Flachen Insel“ erstreckt sich ein Felsenriff, das allerdings kleiner ist als der erstere. Aus dem Gesagten geht hervor, daß sich zwischen der einen und der andern Insel ein Meeresarm von großer Ausdehnung und Tiefe befindet.

Im Innern der Reede angelangt, sahen wir in südöstlicher Richtung einen großen, schönen Flußlauf, dessen Wasser, das reichlicher floß als bei jedem andern Fluß, den wir bisher entdeckt hatten, bis zu seiner Mündung ins Meer trinkbar war. Dort lag eine Sandbank; fuhr man aber stromaufwärts, so stieß man wieder auf Tiefen von 8-9 Faden. Seine Ufer sind, wie es auch bei andern Flüssen der Fall ist von Palmen und Wäldern umsäumt.

Sonntag, den 25. November

Noch vor Sonnenaufgang bestieg ich meine Schaluppe, um ein Kap aufzusuchen, das sich südöstlich der „Flachen Insel“ befand, in einer Entfernung von ungefähr 6 Seemeilen, weil ich der Ansicht war, daß dort ein guter Bach fließen müsse. Nachdem ich von Südosten um das Kap herumgerudert und dabei etwa zwei Armbrustschußweiten zurückgelegt hatte, entdeckte ich einen stärkeren Bach mit klarstem Wasser, der unter Getöse von der Höhe eines Berges niederstürzte. Dort angelangt, sah ich im Wasser einige goldgelb geaderte Steine leuchten. Da erinnerte ich mich, daß sich an der Mündung des Tajo, in der Nähe des Meeres, Gold vorfinde, und deshalb schien es mir, daß dies sicherlich auch hier der Fall sein müsse. Ich ließ einige von diesen Steinen auflesen, um sie dem Herrscherpaar zu überbringen.

Während diese Arbeit verrichtet wurde, fingen einige junge Seeleute an, laut zu rufen, daß sie Nadelbäume sähen. Als ich daraufhin gegen das Gebirge hinsah, bemerkte ich große, wunderschöne Nadelbäume, von denen ich ohne Übertreibung behaupten kann, daß sie kerzengerade und von unheimlicher Dicke und Höhe waren. Dabei erfreute mich der Gedanke, daß man also auch hierzulande Balken, Bretter und Mastbäume verfertigen könne, um Schiffe zu bauen, die an Größe jenen Spaniens nicht nachstehen würden. Ferner gewahrte ich Eichen und Meerkirschbäume, einen schönen Fluß und das nötige Zubehör, um ein Sägewerk zu bauen, das mit Wasserkraft betrieben werden konnte. Die hohen schönen Berge brachten ein Klima mit sich, das gemäßigter war als jedes andere von uns bisher angetroffene.

Am Strand bemerkte ich viele Gesteine von eisenbrauner Färbung, die der Fluß dorthin angeschwemmt hatte, und noch eine andere Gesteinsart, die nach Ansicht einiger Seeleute aus Silberminen stammte. Hier beschaffte ich mir auch einen Stamm und einen Sparren, um den Hintermast der „Niña“ zu erneuern.

Jenseits der Flußmündung gelangt man zu einer breiten und tiefen Bucht, die zu Füßen eines Kaps gegen Südosten zu liegt, worin hundert unvertaute Schiffe leicht Platz fänden. Die Reede schien mir unvergleichlich; desgleichen die hochragenden Berge, von denen ausgiebige, klare Wasserläufe zu Tale flossen. Allüberall, den Küsten entlang, wuchsen Nadelwälder, bis wohin das Auge reichte, erstreckten sich dichte schöne Wälder der verschiedensten Baumgattungen. Weiterrudernd, kam ich noch an weiteren zwei oder drei Flüssen vorbei. (Der Bericht, den er über die Eindrücke dieser Gegend für das Herrscherpaar Spaniens verfaßt, ist auf die höchsten Töne des Lobes abgestimmt. Er äußert darin seine innige Freude und sein Wohlgefallen, alle diese Dinge, insbesondere die Nadelwälder, bewundert haben zu können, da man mit ihrer Hilfe nach Herzenslust Schiffe bauen könne, wenn man nur die nötigen Werkzeuge herbeischaffe, mit Ausnahme des Holzes und des Peches, die beide in Überfülle vorhanden seien. Er sagt, mit seinen Schilderungen in keiner Weise zu übertreiben, wenn er die Behauptung aufstelle, daß es dem Herrn gefallen habe, ihm stets eine bessere Sache nach der andern zu zeigen. Er sei bei seinen Entdeckungen von Orten zu Orten gelangt, die immer Besseres und Schöneres geboten hätten; dies gelte sowohl von den Ländereien, Wäldern, Früchten und Blumen als von der Bevölkerung, den Häfen und den Wasserverhältnissen. Wenn er selbst, der diese Wunderdinge von Angesicht habe sehen können, so voller Bewunderung sei, so werden diejenigen, die von diesen Dingen berichten hören werden, von noch größerem Staunen erfaßt sein. Allein nur wer sie gesehen haben wird, werde ihnen Glauben zu schenken vermögen.)

Montag, den 26. November

Bei Tagesanbruch lichteten wir die Anker im Hafen von Santa Caterina, hinter der „Flachen Insel“, wo wir uns befunden hatten, und segelten mit schwachem südwestlichem Wind längs der Küste auf das „Cabo del Becco“ zu, das im Südosten lag. Da während der Fahrt der Wind nachließ, erreichten wir unser Ziel ziemlich spät. Dort angelangt, bemerkte ich Südost-zu-Ost ein anderes Kap, das ungefähr 60 Seemeilen entfernt war. Jenseits desselben sichtete ich noch ein weiteres Kap, das Südost-zu-Süd etwa 20 Seemeilen vom Schiff entfernt lag; ihm gab ich den Namen „Cabo de la Campana“, konnte es aber nicht mehr bei Tageslicht erreichen, da der Wind wieder abgeflaut war.

Während des ganzen Tages hatte man 32 Seemeilen zurückgelegt. Längs dieser verhältnismäßig kurzen Wegstrecke konnte ich neun ansehnliche Reeden und fünf Flüsse verzeichnen, die alle von den Matrosen sehr bewundert wurden. Ich war in der Lage, dies alles zu beobachten, da ich die Schiffe ganz nahe am Lande vorbeifahren ließ. Diese Gegend wird von hohen Gebirgsrücken durchzogen, die weder öde noch felsig und durch schöne Täler zugänglich sind. Sowohl Täler wie Berge sind dicht von hohen, rüstigen Bäumen besetzt, deren Anblick eine wahre Freude war und von Ferne gesehen zum größten Teile Nadelhölzer zu sein schienen. Jenseits des „Cabo del Becco“ gegen Südosten liegen zwei kleine Inseln, von denen jede einen Umfang von acht Seemeilen haben dürfte, und die drei treffliche Reeden und zwei Flußmündungen aufweisen.

Der ganzen Küste entlang gewahrte ich vom Meere aus keine einzige Siedlung. Allein trotzdem ist es nicht von der Hand zuweisen, daß es solche gegeben habe; denn wo immer wir auch an Land kamen, überall fanden wir Anzeichen, daß es bewohnt war. Das Land, welches ich heute südöstlich vom „Cabo de la Campana“ gesichtet habe, dürfte jene Insel sein, die von den Indianern „Bohío“ genannt wird; in dieser Annahme bestärkte mich die Tatsache, daß das vorgenannte Kap von jenem Lande weit ablag.

Alle Indianer, denen ich bisher begegnet, machen aus ihrer Furcht vor den Bewohnern von Caniba oder Canima kein Hehl. Sie behaupten, daß jene auf Bohío ansässig seien, das meiner Ansicht nach sehr groß sein muß. Diese Canibaleute sollen die Indianer aus ihren Ländern und Behausungen fortschleppen, da sie feige und wehrlos sind. Meine an Bord befindlichen Indianer pflegen nicht in den Küstengegenden zu hausen, da die Insel Bohío allzu nahe liegt. Sobald sich die Armada anschickte, Bohío anzusteuern, ergriff die Indianer banges Entsetzen, aufgefressen zu werden. Dazu beteuerten sie, daß die Canibaleute ein einziges Auge und ein Hundegesicht hätten.

Ich war der Meinung, daß die Indianer die Unwahrheit sprachen, und hegte den Verdacht, daß die gefürchteten Menschenfresser nichts anderes als Untertanen des Großen Khan waren, die sie in Gefangenschaft schleppten.

Dienstag, den 27. November

Gestern gegen Sonnenuntergang gelangte ich in die Nähe des „Cabo de la Campana“. War auch der Himmel klar, der Wind flau und hatte ich überdies fünf oder sechs gute Reeden in Lee, so wollte ich dennoch nicht an das Land heranfahren, um vor Anker zu gehen. Statt dessen lag ich die ganze Nacht über bei, jederzeit bereit, die Fahrt fortzusetzen, um das gesteckte Ziel ohne Verschub zu erreichen, verweilte ich doch hier und dort länger als beabsichtigt, weil es mir eine reine Freude und einen Genuß bereitete, die Schönheit und Unberührtheit jener Gegenden zu bewundern. Da die Gezeiten und Strömungen uns im Laufe der Nacht um mehr als 20 bis 24 Seemeilen südöstlich von jener Stelle, an der wir uns bei Einbruch der Nacht befunden und die mir unweit vom „Cabo de la Campana“, dünkte, abgetrieben hatten und es überdies so ausgesehen hatte, als öffnete sich gleich jenseits des Kaps ein Meereseinschnitt, der das Land in zwei Teile teilte und in dessen Mitte sich eine Insel befand, so beschloß ich, zurückzufahren.

Unter südwestlichem Winde erreichte ich die Stelle, wo ich die vermeintliche Einfahrt in den Meereseinschnitt wahrgenommen hatte. Hier konnte ich feststellen, daß es sich um eine geräumige Bucht handelte, die im äußersten Südosten von einem Vorgebirge geschlossen wurde, aus welchem sich ein hoher, viereckiger Berg erhob, der von weitem das Vorhandensein einer Insel vorgetäuscht hatte.

Der Wind sprang nach Norden um, worauf ich wieder den Kurs SO aufnahm, um der Küste entlang zu fahren und alles beobachten zu können. So entdeckte ich unterhalb des „Cabo de la Campana“ eine geräumige Reede und einen großen Fluß. Alle paar Seemeilen konnte ich einen neuen Flußlauf ausnehmen und entdeckte auf diese Weise insgesamt acht Flüsse. Die Entfernung vom „Cao de la Campana“ bis zum letzten der acht Flüsse beträgt 20 Seemeilen und zwar in Richtung SO, Die meisten von ihnen haben breite, klare Mündungen, ohne Sand- oder Felsenbänke, die daher vortrefflich geeignet waren, um auch Schiffen großen Tiefgangs Zuflucht zu gewähren. Im weiten Verlauf meiner Fahrt an diesen Küstenstrichen entdeckte ich südöstlich des letzten Flußlaufes, von denen oben die Rede war, eine große Siedlung, die ausgedehnteste, die wir bisher vorgefunden. Ich sah, wie eine ganze Horde nackter Eingeborener laut schreiend und ihre Spieße schwingend, zum Ufer gelaufen kam. Da ich Lust hatte, mit ihnen zu sprechen, gab ich Befehl, die Segel zu schließen und vor Anker zugehen. Alsdann sandte ich die Schaluppen meines Schiffes und der Karavelle „Niña“ an Land, wobei ich sie in einer Ordnung fahren ließ, dank welcher die Matrosen und die Indianer sich gegenseitig nichts anhaben konnten. Gleichzeitig hatte ich meinen Leuten angeordnet, die Indianer mit den mitgeführten Kleinigkeiten zu beschenken.

Anfangs gaben die Indianer deutlich zu verstehen, daß sie keineswegs gesonnen seien, die Weißen landen zu lassen, und ihnen Widerstand entgegensetzen würden. Allein als sie sahen, daß die Boote immer näher an Land herankamen, und daß deren Insassen alles andere als Furcht vor ihnen hatten, zogen sie sich vom Meeresufer zurück. Daraufhin setzten die Christen drei ihrer Leute an Land ab, in der Annahme, daß die Wilden dann Zutrauen fassen würden, wenn bloß zwei oder drei Matrosen an Land kämen. Letztere riefen ihnen auch gleich in der Eingeborenensprache zu, von der sie inzwischen von den mitgenommenen Indianern einige Ausdrücke erlernt hatten, sich vor ihnen nicht zu ängstigen; doch die Eingeborenen liefen samt und sonders davon, ohne einen einzigen der ihren zurückzulassen. Die drei Christen drangen daraufhin weiter vor, bis zu den Hütten der Eingeborenen, die in derselben Weise aus Stroh geformt waren wie jene, die sie zuvor gesehen hatten; allein sie fanden keine Menschenseele, noch irgendeinen Gegenstand oder Hausgerät, weshalb sie zu den Schiffen zurückkehrten.

Um die Mittagszeit setzte man wieder die Segel, um ein schönes Vorgebirge zu erreichen, das im Osten in einer Entfernung von ungefähr 32 Seemeilen sich ins Meer hinaus erstreckte. Nachdem ich zwei Seemeilen innerhalb derselben Bucht zurückgelegt hatte, entdeckte ich in Richtung Süd eine sehr eigenartige Reede, während sich im Südosten in wunderschöner Umgegend eine weite, fruchtbare Ebene ausdehnte, die, zwischen Bergen liegend, von kleinen Hügeln durchsetzt war. Darin boten sich den Blicken zahlreiche dicht bevölkerte Siedlungen und wohlbebaute Landstriche, weshalb ich mich bewogen fühlte, in jener Reede zu landen, um mit jenen Indianern Gespräche anzuknüpfen und in nähere Beziehungen zu treten. Jene Bucht ist so beschaffen, daß nach all dem Lob, das ich den bereits von mir besuchten Ankerplätzen habe zuteil werden lassen, diese noch weitaus größeres Lob verdient, mit Rücksicht auf die sie umgegebenden Ländereien, wegen der Milde des Klimas und der befindlichen Siedlungen. Der Admiral ergeht sich nun in märchenhaften Schilderungen über die Lieblichkeit der Gegend und der Pflanzenwelt, der Nadelhölzer und Palmen, die dort gedeihen, und der leichtgewellten Ebene, die sich gegen Süd-Südwesten erstreckt und mit ihren zahlreichen Flußläufen, die von den Bergen herabströmen, zu den schönsten Dingen der Welt zählt.

Als ich mich mit meinen Booten gegenüber dem Hafeneingang Richtung Süd befand, traf ich einen Fluß an, in den eine Galeere leicht hätte einfahren können. Der Flußeingang ist so gelegen, daß man ihn erst in seiner ummittelbaren Nähe bemerkt; seine Schönheit veranlaßte mich, in ihn einzufahren, soweit es der Tiefgang meines Bootes zuließ und ich eine Tiefe von 5 bis 8 Faden vorfand. Ich fuhr mit den Booten ein gutes Stück auf jenem Fluß stromaufwärts. Die anmutige Frische dieses Flusses, sein klares Wasser, das einen bis auf den Grund schauen ließ, die Vielfalt verschieden geformter Palmen, die zu den schönsten und höchsten gehörten, die ich je gesehen hatte, zusammen mit unzähligen anderen großen und grünen Bäumen, und die grüne Wiesenfläche, wo Vögel ihren Gesang erschallen ließen – all dies schien eine stille Aufforderung an mich zu richten, mich für immer hier niederzulassen. Erlauchteste Fürsten, dieses Land ist in jeder Beziehung so wunderschön und übertrifft an Anmut und Lieblichkeit jede andere Gegend, wie der Tag die Nacht mit dem Lichte besiegt. Deshalb pflegte ich meinen Leuten zu sagen, daß so viel ich mich auch bemühte, Euren Hoheiten über alles Gesehene einen erschöpfenden Bericht zu geben, weder meine Sprache noch meine Schrift imstande sein würden, Ihnen die Wirklichkeit vor Augen zu führen. Angesichts solcher Schönheit konnte ich mich vor Staunen nicht fassen und fand keine Worte. So schilderte ich die anderen Gegenden mit ihren Bäumen und Früchten, mit ihren Wiesen und Ankerplätzen und allem Erwähnenswerten, so gut ich es eben vermochte, nicht aber wie es gebührend gewesen wäre; denn alle pflichteten mir bei, daß es unmöglich noch eine schönere Gegend geben könne. So will ich lieber schweigen, nicht ohne den Wunsch auszusprechen, daß andere dies alles mit eigenen Augen sehen mögen, die darüber schriftlich berichten wollen. Dann werden diese an sich selbst erfahren, daß, wollte man der Gegend gerecht werden, man mit Worten der Wahrheit herzlich wenig näherkommen wird, als es mir geglückt ist.

Ferner fügt der Admiral folgendes hinzu:

Ich möchte mich nicht in längeren Auslassungen darüber ergehen, welche reichen Erträgnisse dieses Land abwerfen könnte. Eines, Erlauchte Fürsten, ist gewiß: In diesen Ländern müssen unermeßliche Naturschätze von großem Nutzwert vorhanden sein; doch halte ich mich an keinem Orte sehr lange auf, da ich so weite Landstrecken als irgend möglich aufsuchen und Euren Hoheiten darüber Bericht erstatten möchte. Außerdem verstehe ich die Sprache der Eingeborenen nicht. die ihrerseits mich nicht verstehen; auch meine Leute machen sich nur schwer verständlich. Die Indianer, die ich mit mir führe, mißdeuten oft den Sinn eines Wortes ins reine Gegenteil. Auch traue ich ihnen nicht ganz, da sie schon mehr als einmal zu fliehen versucht hatten. Schließlich werde ich ja mit Gottes Hilfe so viele dieser Länder als möglich kennenlernen; dann werde ich auch allmählich ihre Sprache erlernen und sie meinen Angehörigen auch beibringen lassen, da ich feststellte, daß die Eingeborenen überall die nämliche Mundart reden.

Dies alles wird mit der Zeit reichen Gewinn abwerfen. Auch wird man dafür Sorge tragen, die Bewohner dieser Länder zum Christentum überzuführen, was nicht allzuschwer fallen dürfte, da sie ja keine eigene Religion haben und nicht einmal Götzendienst treiben. Eure Hoheiten werden hier Städte und Festungen errichten lassen und die Bevölkerung bekehren.

Eure Hoheiten mögen versichert sein, daß es auf dem weiten Erdenrund kein zweites Land geben kann, welches diese Gegenden an Fruchtbarkeit Milde der Jahreszeiten und am Überfluß guten und heilsamen Wassers, recht zum Unterschied der Flüsse Guineas, die ganz verpestet sind, übertrifft. Gottseidank hat bisher nicht einer meiner Leute auch nur ein wenig unter Kopfschmerzen zu leiden gehabt oder sich krankheitshalber legen müssen, mit Ausnahme eines Alten, der Blasensteine hat und sein ganzes Leben darunter litt – aber auch er verließ sein Krankenlager nach zwei Tagen. So verhielt es sich auf allen drei Schiffen.

Wenn also nach dem Ratschluß Gottes Unsere Hoheiten gelehrte Männer hierher entsenden oder aber diese auf eigene Veranlassung herkommen sollten, werden sie die Wahrheit meiner Aussagen bestätigen könne. Wenn ich weiter oben von einem zur Errichtung einer befestigten Stadt sehr geeigneten Standort gesprochen habe, den ich wegen der vorteilhaft gelegenen Reede wie seiner Umgegend ausgesucht habe, so beruht auch dies nicht minder auf Wahrheit. Trotzdem aber läßt sich jene Gegend nicht mit dieser vergleichen. Ebenso sehr liegt zwischen dem Mar di Nuestra Señora und der Gegend, in der ich mich gegenwärtig aufhalte, ein himmelweiter Unterschied, da im Innern des Landes zahlreiche dicht bevölkerte Siedlungen und wertvolle Naturschätze vorhanden sein müssen, so daß hier an allen von mir entdeckten Orten und in jenen, die ich vor meiner Rückkehr nach Kastilien noch zu entdecken hoffe, die ganze Christenheit einen einträglichen Handelsverkehr wird treiben können, an erster Stelle Spanien, dem alles unterworfen sein muß. Eure Hoheiten werden es nicht zulassen dürfen, daß hier Ausländer festen Fuß fassen, die nicht katholische Christen sind, andernfalls würden Zweck und Ziel des Unternehmens zunichte, nämlich die ruhmvolle Ausbreitung des Christentums und der Grundsatz, daß nur gute Christen sich in diesen Gegenden niederlassen dürfen.

(Der Admiral fuhr also den Fluß aufwärts und stellte fest, daß er mehrere Seitenarme hatte. Als er dann der Reede entlang ruderte, entdeckte er anmutige kleine Wälder, die wie ein köstlicher Garten aussahen, und nahe daran ein Kanoe, das aus einem einzigen Baumstamm verfertigt war und die Länge eines zwölfrudrigen Bootes hatte; es lag unter einem Schutzdach aus Balken, das mit großen Palmenblättern bedeckt war, wohlgeborgen vor den Sonnenstrahlen und dem Regen. Der Admiral setzt noch hinzu, daß diese Stelle am meisten geeignet ‚ sei zur Errichtung einer Ortschaft oder Stadt mit befestigter Anlage, da ein ausgezeichneter Ankerplatz, gutes Wasser, fruchtbare Ländereien, eine günstige Umgegend und viel Holz vorhanden seien -.)

Mittwoch, den 28. November

Den ganzen Tag über regnete es, der Himmel blieb in dunkles Grau verhüllt. Deshalb zog ich es vor, trotzdem ich dank dem günstigen Südwestwind längs der Küste hätte weiterfahren können, im vorgenannten Hafen liegen zu bleiben, da ich das Land nicht gut beobachten hätte können, was für die Schiffe stets eine Gefahr bedeutet. Meine Leute gingen an Land, um ihre Wäsche zu waschen. Einige drangen ein gut Stück ins Innere vor und gelangten zu ausgedehnten Siedlungen, die leer dastanden, da deren Bewohner sich auf und davon gemacht hatten. Auf dem Rückwege folgten diese Matrosen einem anderen Flußlauf, der tiefer unten lag und größer war als jener, in dem sich die Schiffe befanden.

Donnerstag, den 29. November

Wegen der Fortdauer des Regens und des bedeckten, wolkigen Wetters setzte man auch heute die Fahrt nicht fort. Einige Männer der Schiffsbesatzung suchten eine nordwestlich gelegene Ortschaft auf, allein die Hütten lagen alle öde und verlassen da. Unterwegs stießen sie auf einen alten Mann, der ihnen nicht gut aus dem Wege gehen konnte. Sie hielten ihn an, erklärten, ihn kein Leid zufügen zu wollen, schenkten ihm eine Kleinigkeit und ließen ihn dann wieder laufen. Ich hätte ihn gerne gesehen und gesprochen, um ihn zu kleiden und auszufragen, da ich von der glücklichen Lage und den vielen Vorzügen, die die Gegend für ein Besiedlungswerk bot, ganz begeistert war, und ich überdies der Meinung war, daß sie dicht bevölkert sei.

Die Matrosen, die in eine jener Hütten eingedrungen waren, fanden dort ein Stück Wachs, das ich aufbewahrte, um es dem König und der Königin vorzulegen; überall dort, wo Wachs vorhanden ist, müssen auch viele andere brauchbare Erzeugnisse vorkommen. In einer anderen Behausung fanden die Seeleute einen Menschenschädel, der sich in einem Körbchen befand, das seinerseits in einem anderen Korb auf einem Pfahl aufgehängt war; in einer anderen Siedlung machten sie die gleiche Entdeckung. Da diese Behausungen geräumig genug waren, um einigen Leuten Unterkunft zu bieten, so zog ich daraus den Schluß, daß jeder dieser Schädel dem Stammvater der Familie gehört haben müsse, von dem die Einwohner jeder einzelnen Hütte abstammten.

Freitag, den 30. November

Auch heute vermochten wir nicht weiterzusegeln, da Ostwind blies, also ein der Fahrtrichtung, die ich einschlagen wollte, vollkommen entgegengesetzter Wind. Dieweil ließ ich acht wohlbewaffnete Männer in Begleitung von zwei Indianern an Und gehen, um die im Landesinnern gelegenen Siedlungen auszukundschaften und davon Kunde zu bringen.

Die Matrosen drangen auch bis zu mehreren Behausungen vor, fanden jedoch weder eine Menschenseele noch irgendeinen Gegenstand, da sich alle Eingeborenen aus dem Staube gemacht hatten. Hingegen trafen sie vier junge Leute an, die auf den Feldern arbeiteten. Als diese der Christen ansichtig wurden, ergriffen sie die Flucht, ohne daß man ihrer habhaft werden konnte. Meine Kundschafter legten ein gutes Stück Weges zurück und gewahrten zahlreiche Siedlungen mit fruchtbarem, bebautem Ackerland und großen Flußläufen. Schließlich sahen sie an einem jener Flüsse ein Kanoe, das 95 Zoll (Spannen) lang und aus einem einzigen Baumstamm verfertigt war; es war sehr ebenmäßig geformt und konnte leicht an die 150 Insassen fassen.

Samstag, den 1. Dezember

In Anbetracht des Gegenwindes und des strömenden Regens verließ ich auch heute nicht meinen Ankerplatz. Auf einem Steinhaufen nächst dem Eingang zum Hafen , der südöstlich von seiner Einfahrt von einer Landspitze geschützt wird, ließ ich ein großes Kreuz errichten. Wer in die Bucht einfahren will, muß sich mehr gegen die nordwestlich gelegene Spitze als an die vorgenannte halten, da trotz einer Wassertiefe von 12 Faden längs der beiden Landspitzen sich am Buchteingang eine fast bis zur Meeresoberfläche reichende Untiefe befindet, die sich gegen Südosten hinstreckt. Allein zur Not kann man zwischen jener Landspitze und der Untiefe hindurchfahren, da zwischen beiden das Meer eine Tiefe von 12 bis 15 Faden erreicht. Jedenfalls aber wird man beim Einfahren in die Bucht nach Südwesten steuern müssen

Sonntag, den 2. Dezember

Da der Gegenwind anhielt, konnte ich nicht in See gehen. In jenen Gegenden bläst jede Nacht Landwind, doch brauchen die Schiffe, die in dieser Reede Zuflucht genommen haben, auch vom schlimmsten Sturm nichts zu befürchten, da die vor der Bucht befindliche Untiefe das Wüten des Meeres nicht spürbar werden läßt.

In dieser Flußmündung fand ein Schiffsjunge eine bestimmte Gesteinsart, die goldhaltig zu sein schien, weshalb ich sie sorgsam aufbewahrte, um sie meinem Landesherrn auszufolgen. Einen Bombardenschuß entfernt von dort strömen große Flußläufe ins Meer.

Montag, den 3. Dezember

Angesichts des anhaltenden Schlechtwetters schob ich den Tag der Abfahrt nochmals hinaus und beschloß, ein prachtvoll gelegenes Kap zu erforschen, das eine Seemeile von der Bucht entfernt Richtung Südosten lag. Ich machte mich in meinen Schaluppen mit einigen bewaffneten Männern dahin auf den Weg. Zu Füßen dieses Vorgebirges breitet sich die Mündung eines schönen Flusses aus. Als ich mit südöstlichem Kurs darin einfuhr, stellte ich fest, daß die Mündung selbst 100 Schritt breit und einen Faden tief war; weiter flußaufwärts aber gab es Wassertiefen von 12, 5, 4 und 2 Faden, so daß jedwedes spanische Schiff den Flußlauf befahren könnte. Wir fuhren einen Flußarm entlang gegen Südosten und entdeckten eine kleine Einbuchtung, in der fünf sehr große Kanoe lagen, die wunderbar ausgearbeitet waren und Kaperschiffen glichen.

Zu Füßen des Berghanges war das Land reich bebaut, überall ragten zahlreiche Bäume dicht nebeneinander empor. Einem ansteigenden Pfade folgend kamen wir zu einer Art Werft, die vortrefflich angelegt und gedeckt war, in der sich ein vor allen Wetterunbilden geschütztes Kanoe befand, das, ebenfalls aus einem einzigen Baumstamm angefertigt, 17 Ruderbänke hatte; es bot einen wahren Genuß, dessen schöne Formen und reiche Verzierungen zu bewundern.

Hierauf bestieg ich einen Berg, dessen Spitze ganz flach und mit Pflanzen und anderen Bodenfrüchten angebaut war, worunter ich auch Kürbisse bemerkte. Inmitten jener Hochfläche erhob sich die Siedlung. Als wir uns jedoch deren Bewohnern näherten, ergriffen diese sofort die Flucht, als sie unserer ansichtig wurden. Daraufhin versuchte einer der Indianer, der uns begleitete, mit den Eingeborenen zu verhandeln und sie zu beschwichtigen, indem er ihnen klar machte, daß sie sich nicht zu fürchten brauchten, da wir lauter gute Leute seien. Ich ließ dann Glöckchen und Ringe aus Messing und grüne und gelbe Glasperlen unter sie verteilen, was sie hocherfreute.

Allein, da ich feststellen konnte, daß sie weder Gold noch einen anderen Wertgegenstand besaßen, hielt ich es für angebracht, sie in Frieden zu lassen, nachdem ich mich vergewissert hatte, daß die ganze Gegend reich bevölkert war, die Einwohner aber zum großen Teil aus Furcht davongelaufen waren.

Der Admiral versicherte nun seinen Fürsten, daß zehn seiner Leute zehntausend jener Indianer in die Flucht schlagen würden, so groß war ihre Feigheit und Angst. Überdies hatten sie keine Waffen, bis auf Stöcke, an deren oberem Ende sie eine in Feuer gehärtete Holzspitze befestigten. Der Admiral entschied nun, zu den Schiffen zurückzukehren, nicht ohne zuvor den Eingeborenen schlauerweise die Stöcke abgenommen zu haben, indem er ihnen dafür Gegenstände aus Glas und andere nichtssagende Dinge gab, was sie willigst annahmen.

Bei der Stelle angelangt, wo wir die Boote zurückgelassen hatten, entsandte ich einige meiner Leute zu jener Erhebung, die ich kurz zuvor erstiegen hatten, da es mir vorgekommen war, als hätte ich dort einen großen Bienenstock erblickt. Noch ehe jene Leute zurückgekehrt waren, versammelten sich die Indianer in großer Zahl in der Nähe der Stelle, wo die Schaluppen standen, in denen ich bereits mit meinem ganzen Gefolge Platz genommen hatte. Einer jener Eingeborenen stieg in den Fluß, machte sich bis zum Heck der Boote heran und sprach lange auf uns ein, ohne daß wir auch nur ein Wort davon verstanden. Ich bemerkte nur, daß die anderen Indianer während seiner Ansprache von Zeit zu Zeit die Hände zum Himmel erhoben und in ein lautes Geschrei ausbrachen, was ich aber dahin auslegte, daß sie uns Zusicherungen über ihre guten Absichten geben und ihre Freude über unsere Ankunft ausdrücken wollten. Doch bald bemerkte ich, wie der Indianer, den ich bei mir hatte, sich im Gesicht verfärbte, das bleich wie Wachs wurde, am ganzen Leibe zu zittern begann und mit wilden Gebärden uns aufforderte, uns schleunigst vom Flusse zu entfernen, da jene Eingeborenen darauf und daran waren, uns alle umzubringen. Daraufhin näherte er sich einem von uns, der eine geladene Schleuder schwang, und zeigte sie den Inselbewohnern. Ich entnahm seinem Verhalten, daß er ihnen klar machte, wir würden sie alle töten, da jene Waffe sehr weit reiche und töte. Dann ergriff derselbe Indianer ein Schwert, zog es aus der Scheide und hielt es seinen Landsleuten entgegen, wobei er seine Behauptung wiederholte. Als die Indianer dies vernahmen, ergriffen sie eiligst die Flucht. Der Eingeborene aber zitterte auch dann noch wie Espenlaub, als die Gefahr längst gebannt war, da er feige und mutlos war, trotzdem er kräftig gebaut war.

Ich wollte das Flußbett nicht verlassen, vielmehr gab ich Befehl, weiter flußaufwärts zu fahren, um jene Stelle zu erreichen, wo die Indianer, vollkommen nackt und rot angestrichen, sich neuerdings in großer Zahl versammelt hatten; einige von ihnen trugen auf ihren Köpfen einen Federschmuck, während alle einen Bündel Speere in den Händen hielten.

Ich machte mich an sie heran, reichte ihnen einige Stücke Brotes und bat sie, dafür ihre Speere herzugeben. Sie willigsten bereitwilligst ein, nahmen für jeden Speer ein Glöcklein einen Messingring oder Glasperlen entgegen und wurden so sanft und zutraulich, daß sie dicht an unsere Boote herankamen und all ihre Habe für die kleinste Kleinigkeit, die man ihnen im Tausche feilbot, hergaben. Die Matrosen hatten eine Schildkröte erlegt und ihren Panzer zerstückelt. Vom Boot aus reichten die Schiffsjungen den Indianern ein Stück davon, so groß wie ein Fingernagel, worauf die Indianer ihnen einen Bündel Speere als Tauschgegenstand übergaben.

Diese Insulaner sahen den bisher Angetroffenen vollkommen gleich. Auch sie glaubten, daß wir vom Himmel herabgefallen seien und traten ihr ganzes Hab und Gut für jede angebotene Kleinigkeit von Herzen gerne ab; deshalb bin ich der Meinung, daß sie mit dem Gold und den Gewürzen auch nicht anders verfahren würden, falls sie etwas davon besäßen.

Ich erblickte dort eine schöne, nicht allzu große Hütte, die wie alle anderen in dieser Gegend zwei Eingänge aufwies; ich betrat sie und gewahrte voll Bewunderung eine Art Wohnung mit einzelnen Zimmern, die in einer Art und Weise gebaut waren, die sich nicht beschreiben läßt; von der Zimmerdecke hingen Muscheln und andere Gegenstände herab. Ich war der Annahme, daß dieses Gebäude ein Tempel sei. Ich rief die Indianer herbei und suchte mit Zuhilfenahme der Zeichensprache aus ihnen herauszubekommen, ob sie hier ihre Andacht verrichten, allein sie verneinten dies. Einer von ihnen langte sogar mit der Hand an die Zimmerdecke, holte alles, was sich dort befand, herunter und bot es mir an. Ich begnügte mich damit, einiges davon anzunehmen.

Dienstag, den 4. Dezember

Ich stach mit mäßigem Wind in See und verließ den Ankerplatz, dem ich den Namen „Puerto Santo“ gegeben hatte. Nach einer Fahrt von 8 Seemeilen stießen wir auf jenen schönen Fluß, von dem ich gestern gesprochen, und fuhren, nachdem wir das Kap umschifft hatten, in Richtung Ost-Südosten nach West-Nordwesten der Küste entlang bis zu jenem zierlichen Vorgebirge, das in einer Entfernung von 20 Seemeilen Ost-zu-Süd des „Cabo del Monte“ gelegen ist. 6 Seemeilen vom „Cabo del Monte“ entfernt mündet ein eher schmaler Flußlauf ins Meer, trotzdem er eine tiefe Mündung zu haben scheint. Drei Seemeilen von dort entfernt erblickte ich einen anderen, sehr großen Fluß, der sehr weit aus dem Innern kommen mußte. Seine Mündung war an die hundert Schiffe breit, ohne jede Untiefe und bot mit einer Wassertiefe von acht Faden eine günstige Einfahrtsmöglichkeit. Ich entsandte eine Schaluppe, um Lotungen vorzunehmen und erfuhr, daß das Süßwasser sehr weit ins Meer hineinreichte. Der Fluß gehört wohl zu den ansehnlichsten, die ich bisher entdeckt hatte, und in seiner Umgegend müssen sich zahlreiche Indianersiedlungen befinden. jenseits des zierlichen Vorgebirges“ liegt eine große Bucht, die einen guten Stützpunkt bietet, wenn man aus Ost-Nordosten, Südosten und Süd-Südosten gefahren kommt.

Mittwoch, den 5. Dezember

Die ganze Nacht über lag ich mit meinem Schiff auf der Höhe „des zierliche Vorgebirges“ bei, wo ich bei Sonnenuntergang angelangt war, um das Land in Augenschein zu nehmen, das sich gegen Osten hinzog. Bei Morgengrauen sichtete ich in einer Entfernung von zehn Seemeilen im Osten ein anderes Kap. Wir überfuhren es und sahen, daß die Küste nach Süden und dann nach Südwesten abbog.

Alsbald entdeckte ich in dieser Richtung ein weiteres, sehr schönes und erhobenes Vorgebirge, das vom vorhergehenden 28 Seemeilen weit ablag. Ich wollte es ansteuern, doch ließ ich davon ab, im Bestreben, die Insel von Baneque zu erreichen, die nach den Aussagen der Indianer, die ich mit mir führte, in nordöstlicher Richtung liegen sollte. Allein ich konnte die Insel Baneque nicht ansteuern, da der Wind umsprang und jetzt aus Nordosten kam.

Auf meiner Weiterfahrt gegen Südosten entdeckte ich eine ausgedehnte Insel, von der mir die Indianer Kunde gebracht hatten, die diese Insel „Bohío“ nannten und die, wie sie beteuerten, dicht besiedelt sein sollte. Die Einwohner Kubas oder „Juanas“ und aller anderen Inseln fürchteten sich sehr vor den Eingeborenen Bohíos, da sie Menschenfresser seien. Meine Indianer berichteten mir in ihrer Gebärdensprache viele andere Wunderdinge, doch schenkte ich ihnen nicht Glauben und neige eher zur Annahme, daß die Bewohner Bohíos nur schlauer und klüger als die anderen Eingeborenen seien, die von den ersteren wegen ihrer Kraft- und Mutlosigkeit eingefangen und in die Sklaverei verschleppt wurden.

Als der Wind dann zum Teil aus Nordosten, dann zeitweise aus Norden blies, beschloß ich Kuba oder Jjuana zu verlassen, das ich bis zu diesem Augenblick wegen seiner Ausgedehntheit für einen Kontinent angesehen hatte, war ich doch nur einen Teil der Küste entlang gefahren und hatte dabei ganze 480 Seemeilen zurückgelegt. Ich nahm Kurs auf Südost-zu-Ost, da das von mir gesichtete Land im Südosten gelegen war. Mit dieser Fahrtrichtung sicherte ich mein Weiterkommen, da der Wind stets von Norden nach Nordosten und von Nordosten nach Osten und Südosten umsprang.

Da der Wind mit voller Stärke blies, ließ ich alle Segel setzen. Und da die See ruhig war und die Strömung mein Vorwärtskommen erleichterte, fuhren die Schiffe vom frühen Morgen bis um 1 Uhr mittags mit einer Stundengeschwindigkeit von acht Seemeilen, und zwar auf die Dauer von nicht ganz sechs Stunden, da die Nächte in diesen Gegenden an die fünfzehn Stunden lang sind. Später fuhr ich mit einer Geschwindigkeit von zehn Seemeilen die Stunde, so daß die Schiffe bis zum Sonnenuntergang 88 Seemeilen in südöstlicher Richtung zurücklegten.

Die Nacht sank bereits herab. Ich befahl der Karavelle „Niña“ die schneller vorwärtskam als mein Schiff, vorzufahren, um einen Ankerplatz auszukundschaften, den ich gesichtet hatte. Als die „Santa Maria“ bereits in der Dunkelheit den Eingang zu jenem Hafen erreichte, der der Bucht von Cadiz ähnelte, setzte ich meine Schaluppe aus, um Tiefenlotungen machen zu lassen. Die Leute im Boot zündeten ein Licht an. Doch bevor die „Santa Maria“ den Standplatz der „Niña“ erreichte und vergeblich harrte, daß das Boot ihr das Zeichen zur Einfahrt in den Hafen gäbe, verlosch das Licht des Bootes. Daraufhin fahr die Karavelle „Niña“ ins offene Meer hinaus und gab meinem Schiff ein Leuchtsignal. Sobald wir nahe genug an die – „Niña“ herangefahren waren, wurde mir das Vorgefallene berichtet. Als die Schaluppe in die Bucht einfuhr, entzündeten ihre Insassen wiederum das Licht, auf das die „Niña“ zufuhr. Ich jedoch konnte mit meinem Schiff ihrem Beispiel nicht folgen und verbrachte die Nacht, indem ich auf- und abkreuzte.