Ein Veteran im Schilderwald

Die Farbe blättert schon lange ab. Ein Verkehrsschild in Moormerland erinnert an die Zeit, als es in Ostfriesland noch keine Autobahn gab.

Seit mehr als 30 Jahr weist dieses Schild in Moormerland den Weg nach Rheine und nach Emden.

In Veenhusen in der Gemeinde Moormerland steht das vermutlich älteste Verkehrsschild in Ostfriesland. Es muss mehr als 30 Jahre alt sein und wird offenbar bei turnusmäßigen Kontrollen des Schilderwalds trotz seines erkennbar schlechten Zustands von den zuständigen Stellen konsequent ignoriert. 

Es handelt sich um einen »Vorwegweiser außerhalb von Autobahnen« (Zeichen 438 lt. Straßenverkehrsordnung). Das Schild steht kurz vor der Einmündung der Hauptstraße in die Bundesstraße 70, die dort Uthuser Straße heißt. Es geht rechts ins gut 20 Kilometer entfernte Emden, links wird auf das fast 140 Kilometer entfernte Rheine sowie auf einen Autobahnanschluss verwiesen. 

Das Autobahn-Schild ist nicht teil der Originalbeschriftung. Es wurde nachträglich aufgenietet, vermutlich 1989.

Laut Straßenverkehrsordnung soll jedes Verkehrszeichen den jeweils gültigen Qualitätsstandards entsprechen, um im öffentlichen Raum aufgestellt zu werden. Das ist bei diesem Schild längst nicht mehr der Fall. Die einst gelbe Oberflächenbeschichtung blättert ab, die ursprüngliche Farbe ist nur an ganz wenigen Stellen noch zu erahnen.  Nachts dürfte es kaum zu erkennen sein. Das Autobahn-Zeichen gibt einen Hinweis auf das Alter des Schilds. Es ist nicht Teil der Originalbeschriftung, sondern wurde nachträglich aufgenietet. Die nächstgelegene Abschlussstelle der Autobahn 31, Leer-West, war eine der ersten in Ostfriesland und wurde 1989 eröffnet. 

Das Schild weckt bei älteren Ostfriesen Erinnerungen an autobahnfreie Zeiten in der Region. Wer bis Anfang der 1990er Jahre ins Ruhrgebiet und darüber hinaus oder von dort nach Ostfriesland wollte, fuhr auf der B 70 bis Rheine.  Dort knickt die B 70 nach Westen in Richtung niederländische Grenze ab. Ostfriesen fuhren auf der B 482 über Emsdetten bis zur Anschlussstelle Greven der A 1, um von dort ins östliche Ruhrgebiet zur A 2 (Kamener Kreuz) zu gelangen. Die heutige A 31 Emden-Bottrop, auch Ostfriesen-Spies genannt, mündet rund 60 Kilometer weiter westlich auf die A 2. Ohne Autobahn dauerte die Fahrt von Ostfriesland ins Ruhrgebiet etwa anderthalb Stunden länger.

Wie wir mal einem Grammy-Gewinner beim Pizza-Bestellen halfen

In Mailand haben wir vor einigen Jahren den amerikanischen Songwriter Dennis Matkosky und dessen Frau Leslie getroffen. Jedes Mal, wenn im Radio der Song »Maniac« läuft, muss ich daran denken.

Das Caffè Verdi: Am Tisch rechts haben wir im Juni 2009 gesessen, neben uns die beiden Amerikaner. Die Deko hat sich in mehr als zehn Jahren kaum verändert. Bild: Cattura Production

Viele Leute verbinden mit bestimmten Situationen ihres Lebens Songs, die sie dabei gehört haben – sei es der erste Kuss mit dem heutigen Gatten, der peinliche Abschlussball in der Tanzschule oder ein besonderes Konzert –- und bei dem einem heute noch ein Schauer den Rücken runterläuft. Für mich ist »Maniac« so ein Song, weil er mich jedes Mal, wenn ich ihn höre, an eine besondere Begegnung denken lässt.

Vor mehr als zehn Jahren hatten wir am Ende unseres Italien-Urlaubs einige Stunden Zeit, um uns Mailand anzusehen. Wir waren mittags mit dem Zug aus Piacenza angekommen und mussten erst abends in den Nachtzug steigen. Wir sind auf das Dach des Doms geklettert und durch die Galleria Vittorio Emmanuelle geschlendert. Irgendwann wollten wir eine Kleinigkeit essen und gingen ins Caffè Verdi direkt neben dem berühmten Teatro alla Scala. Das Lokal war (und ist wohl heute noch) ein bisschen ein Trödelladen, denn es gab dort alte Noten, Schallplatten, Fotos, Zeitungen und mehr, und alles lag irgendwie rum. Der Restaurantteil war allerdings abgeteilt, aufgeräumt und musikalisch dekoriert.

Zwei Amerikaner kommen herein

Wir saßen dort an einem kleinen Tisch. Ich sah auf Fotos der Sängerin Maria Callas und des Tänzers Rudolf Nurejew, dazwischen stand eine Beethoven-Büste, und vielleicht wurden wir sogar mit Musik von Verdi beschallt. Links von uns waren zwei weitere Tische. An einem davon nahm wenig später ein Paar Platz. Dass es Amerikaner waren, war unüberhörbar. Sie waren etwa in unserem Alter. Der Padrone überreichte ihnen die Speisenkarte, die, wie schnell offensichtlich wurde, das Paar überforderte. Auch die Kommunikation mit dem Wirt scheiterte: Der eine konnte kein Englisch, die beiden Amerikaner kein Italienisch.

Weil ich Englisch gut und Italienisch ein wenig beherrsche, bot ich meine Hilfe an, die gerne angenommen wurde. Wenn ich mich richtig erinnere, wollte das Paar sich bloß eine Pizza teilen, hatte aber Sonderwünsche beim Belag, was es dem Wirt nicht klarmachen konnte.

Wir kamen ins Gespräch. Die beiden Amerikaner, Dennis und Leslie, machten eine Italien-Rundreise und kamen, glaube ich, gerade aus Rom oder Florenz. Es war offensichtlich, dass sie sich gute Hotels leisten konnten, was mich ein wenig neidisch machte, denn unser Hotel in Piacenza war wirklich nicht der Hit gewesen.

Apropos Hit: Eher beiläufig, als wir uns über unsere Berufe austauschten, erzählte Dennis, dass er einen bekannten Song geschrieben habe, der mit einem Grammy ausgezeichnet worden sei: »Maniac« aus dem 1983er Film »Flashdance«. Natürlich kannten wir den Song, er lief ja auch in Deutschland immer mal wieder im Radio – bis heute.

Grammy ja, Oscar nein

Dann trennten sich unsere Wege. Wieder zu Hause, recherchierte ich. »Maniac« war ein Gemeinschaftswerk von Dennis Matkosky und dem Gitarristen und Sänger Michael Sembello, der den Song interpretierte. Das Lied kam in den USA auf Platz 1 der Billboard-Charts und auf Platz 6 der deutschen Singlecharts. Er erhielt 1984 einen Grammy, den international am höchsten angesehenen Musikpreis, und war für den Oscar nominiert, wurde aber aus der Wertung genommen, weil er nicht speziell für »Flashdance« geschrieben worden war. Den Oscar für den besten Film-Song bekam ein anderer »Flashdance«-Song, »What a Feeling« von Irene Cara.

Inzwischen weiß ich, dass Dennis Matkosky ein erfolgreicher Songwriter, Musiker und Produzent ist und mit Dutzenden (bei uns) mehr oder weniger bekannten Künstlern wie Diana Ross, Keith Urban und der Band Chicago zusammengearbeitet hat. Seine Frau Leslie Hall Matkosky ist ebenfalls Musikerin. So weit ich das erinnere, war sie damals Klarinettistin im Nashville Philharmonic Orchestra.

Das ist also die Geschichte »Wie wir mal einem Grammy-Gewinnner beim Pizza-Bestellen halfen«.

Frühstart für das SF-Taschenbuch

Bereits in den 1950er Jahren erschienen erstmals Science-Fiction-Romane deutschsprachiger Autoren als Taschenbuchausgaben. Es ist ein überschaubares Sammelgebiet, denn die Reihen waren nur kurzlebig und nicht umfangreich.

Zwischen 1950 und 1959 erschienen diese zehn Taschenbücher mit SF-Roman deutschsprachiger Autorinnen und Autoren.

Am schönsten für einen Sammler ist es doch, wenn die Sammlung vollständig ist und er sich einer neuen zuwenden kann. Dieses Ziel ist nicht immer zu erreichen, etwa wenn das Sammelgebiet zu groß oder noch nicht abgeschlossen ist oder weil einem die finanziellen Ressourcen fehlen.  Wenn man sich ein kleines Sammelgebiet aussucht, kommt man selbstverständlich eher zum Ziel. So wie ich mit meiner jüngsten Sammlung: Taschenbuchausgaben deutschsprachiger Science-Fiction-Romane aus den 1950er Jahren.

Tatsächlich war mir bis vor Kurzem nicht bewusst, dass es so etwas gab. In den 1950er Jahren, hatte ich gelernt, erschienen SF-Romane als Leihbücher oder als Heftromane. Das klassische Taschenbuch im Format von ca. 11 x 18 Zentimetern mit Klebebindung, dünnem Einband und kleiner Schrift kam auf diesem Sektor in Westdeutschland erst ab den 1960er Jahren groß raus. 1960 eröffneten Die Triffids von John Wyndham bei Heyne die SF-Reihe, das erste Goldmann-Weltraumtaschenbuch war 1962 Der fiebernde Planet von Isaac Asimov, und mit »Der Traum der Maschine« von Hans Kneifel begann 1965 die Reihe der Terra-Taschenbücher des Arthur-Moewig-Verlags.

Davor beschränkten sich Taschenbuch-Ausgaben bei Rowohlt (ab 1950) oder Fischer (ab 1952) auf die gehobene Literatur. Das fand schnell Nachahmer im Unterhaltungssektor, allerdings mit offensichtlich mäßigem Erfolg, denn sie blieben nicht lange am Markt. Keine schaffte den Sprung in die 1960er Jahre.

Es gab (nach meinen bisherigen Erkenntnissen) vor 1960 in der BRD drei Taschenbuchreihen, in denen SF-Werke erschienen:

  • Awa-Taschenbücher aus dem AWA Verlag E. F. Flatau  München (1954-1959)
  • Berliner Taschenbücher aus dem Litera-Verlag Berlin/Frankfurt am Main (1953-1955)
  • Utopische Taschenbücher aus dem Gebr. Weiß Verlag Berlin (1956-1959)

Wie der Reihentitel andeutet, war nur die Reihe der Gebr. Weiß auf phantastische Werke spezialisiert. In den beiden anderen Reihen erschienen hauptsächlich Western und Krimis. Wobei  die Zahl der insgesamt erschienenen Titel gering ist. Die Weiß-Reihe brachte es auf zwölf Titel (davon neun Übersetzungen), von den Berliner Taschenbüchern erschienen neun (davon zwei SF-Romane), und Awa brachte es immerhin auf 60 Ausgaben mit fünf SF-Titeln (davon eine Übersetzung). Es handelte sich bei den deutschsprachigen Werken ausschließlich um Nachdrucke von Leihbüchern, es waren keine Originalausgaben dabei (in Klammern die Erscheinungsjahre der Originalausgaben). 

Awa-Taschenbücher
Hans Kneifel: Uns riefen die Sterne; 1956 (1956)
Isaac Asimov:  Der Mann von drüben (The Caves of Steel); 1958 (1954)
Richard Koch: Weltraumgespenster; 1957 (1955)
Hans Kneifel: Oasis – Tor zu den Sterne; 1959 (1958)
Richard Koch: Macht aus fernen Welten; 1959 (1956)

Berliner Taschenbücher
Alan D. Smith:  Die  Botschaft des Panergon; 1954 (1952)
K. H. Scheer: Stern A funkt Hilfe; 1959 (1952)

Utopische Taschenbücher
Edmond Hamilton: SOS die Erde erkaltet; 1956 (City At Worlds End; 1951)
Oscar J. Friend: Mann vom Mars in besonderer Mission; 1956 (The Kid From Mars; 1949)
Jean Gaston Vandel: Alarm aus dem Unsichtbaren; 1956 (Bureau de l’invisible; 1955)
Jules Verne: 20000 Meilen unter dem Meer; 1957; (Vingt mille lieues sous les mers; 1869)
David Duncan: Unternehmen Neptun; 1957 (Beyond Eden; 1955)
Jules Verne: Reise um die Erde in 80 Tagen; 1957 (Le tour du monde en quatre-vingt jours; 1873)
R(udolf). H. Daumann: Gefahr aus dem Weltall; 1957 (1938)
Richard Koch: Anti Atom D172; 1957 (1951)
Alexej Tolstoi: Aelita. Ein Marsroman; 1958 (Аэлита; 1923)
John W. Campbell: Das Ding aus einer anderen Welt; 1958 (Who goes there?; 1938)
Isaac Asimov: Ich der Robot; 1958 (I, robot; 1950)
Alexander Robé: SOS von der Venus; 1959 (1956)

Aller Anfang war in Wien

»Mit Atomkraft ins All« von Alexander Robé (=Friedlinde Cap) erschien vor mehr als 70 Jahren in Wien.

Die Ehre, das allererste Taschenbuch mit einem auf Deutsch geschriebenen SF-Roman herausgebracht zu haben und dann noch als Originalausgabe, gebührt einem Verlag in Wien. 1950 erschien bei Waldheim-Eberle in der »Bunten Reihe. Volksbibliothek der Weltliteratur« als Band 2 der Roman Mit Atomkraft ins All von Alexander Robé (Pseudonym von Friedlinde Cap, eine der wenigen Frauen, die damals SF veröffentlichten). Er ist das einzige phantastische Werk in der Reihe, in der zwölf Romane erschienen sind.

Dank vergleichsweise hoher Auflagen sind diese Taschenbücher heute noch zu annehmbaren Preisen im Buchantiquariat zu finden. Jetzt muss ich eine Frage beantworten: Werde ich die Bücher lesen oder stelle ich sie nur ins Regal, damit sie durch das Blättern keinen Schaden nehmen? Sie sind schließlich schon alt.